IW schlägt Alarm: Deutsche Abhängigkeit von China so groß wie nie

Jüngsten Berechnungen des IW zufolge ist Deutschlands Wirtschaft von China abhängiger als je zuvor. Die Tendenz ist weiter steigend.
Trotz der Kritik einiger Ministerien darf der chinesische Konzern Cosco am Hamburger Containerterminal Tollerort einsteigen.
Trotz der Kritik einiger Ministerien darf der chinesische Konzern Cosco am Hamburger Containerterminal Tollerort einsteigen.Foto: Jonas Walzberg/dpa
Von 10. Februar 2023

Vom niedrigen zweistelligen Milliardenbereich ist das deutsche Handelsdefizit gegenüber dem KP-regierten China über die Corona-Jahre auf zuletzt 84 Milliarden Euro gestiegen. Bereits 2021 hatte es 39,4 Milliarden Euro betragen. Die Tendenz ist weiter stark steigend, warnt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer am Donnerstag, 9. Februar, veröffentlichten Berechnung.

In diesem Kontext wird auch Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz laut. Dieser hatte im Vorjahr grünes Licht für den Einstieg der vom KP-Regime gesteuerten Reederei Cosco im Hamburger Hafen gegeben. Zwar hatte die Führung in Peking ihr Maximalziel von 35 Prozent Beteiligung plus Mitspracherechten nicht erreicht, die 24,9 Prozent, die Cosco erwerben darf, stellen jedoch immer noch einen bedeutenden Schritt in der politischen Langzeitstrategie der KPC dar.

US-General erwartet für 2025 Krieg um Taiwan

IW-China-Experte Jürgen Matthes bezeichnet die Entwicklung als „höchst problematisch“. Die importseitige Abhängigkeit stelle ein geopolitisches Risiko dar. Im Fall einer bewaffneten Eskalation der Spannungen mit Taiwan wäre die deutsche Wirtschaft erpressbar.

Dass es dazu schon in absehbarer Zeit kommen könnte, ist durchaus denkbar. Erst kürzlich hatte der Mike Minihan, General der US-Luftwaffe, erklärt, er rechne mit einem Angriff des KP-Regimes auf Taiwan spätestens im Jahr 2025.

Die Cosco-Beteiligung könnte sich dabei auch für Deutschland als Eigentor erweisen. Bereits im März 2022, vor dem Einstieg des KP-Konzerns, hatte das China-Institut Merics in einer Studie für das Bundeswirtschaftsministerium davor gewarnt. Die „Bild“ berichtete am Freitag über das Papier.

Cosco tief in Sicherheitsapparat und Militär der KPC eingebunden

Die Autoren der Studie zeichnen nach, was Kenner des Verhältnisses schon zuvor deutlich gemacht hatten: Cosco ist ein Instrument der globalen Einflusspolitik des chinesischen Regimes. Wie jede größere Investition KPC-kontrollierter Konzerne im Ausland diene die Beteiligung dessen strategischen Zielen. Für die Zielländer hingegen bedeute dies Risiken im militärischen und geheimdienstlichen Bereich.

Cosco stelle seine Fähigkeiten und sein Know-how in Logistik und Transport seit Jahr und Tag Chinas „Volksbefreiungsarmee“ (PLA) zur Verfügung. Cosco liefert der Studie zufolge Schiffe und sei in den Nachschub im Golf von Aden involviert, wo China eine Militärpräsenz auf Dschibuti unterhält. Es sei ein realistisches Szenario, dass Cosco Beteiligungen an Häfen nutze, um diese sicherer für nachrichtendienstliche Aktivitäten und Überwachung zu machen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf Scholz vor, mit seiner Cosco-Entscheidung „neue Sicherheitsrisiken für Deutschland“ geschaffen zu haben. Hinter Cosco verberge sich „nicht die harmlose Investition, als die Kanzler Scholz sie dargestellt hat“, so Dobrindt.

Importe weltweit: plus 24 Prozent – Importe aus China: plus 33 Prozent

Das IW konstatiert unterdessen, dass der massive Anstieg des deutschen Handelsbilanzdefizits gegenüber China in den vergangenen Jahren nicht allein Corona geschuldet war. Die deutschen Warenimporte aus anderen Ländern waren im Schnitt 2022 um 24 Prozent gestiegen.  Das Plus bei China-Importen lag bei mehr als 33 Prozent.

Demgegenüber nahmen die Exporte nach China nur um drei Prozent zu – die Ausfuhren in die Welt insgesamt stiegen um 14 Prozent an. China fiel damit von Rang zwei auf vier der wichtigsten deutschen Exportpartner. Sein Exportanteil sank mit 6,8 Prozent unter das Niveau von 2018, erklärte das IW.

Zunehmende Abhängigkeit potenziell dauerhaftes Phänomen

Der Einschätzung des IW zufolge handelt es sich um ein potenziell dauerhaftes Phänomen. Das Regime in Peking lege es auch gezielt darauf an, solche Abhängigkeitsverhältnisse zu verstärken. Ein wesentlicher Faktor sei dabei eine umfangreiche Subventionspolitik. Diese lasse deutsche Unternehmen gerade in Zeiten der Teuerung auf chinesische Vorleistungen statt auf heimische zugreifen.

Gleichzeitig diversifiziert China sein Handelsportfolio, produziere immer mehr im eigenen Land und schränke dadurch das Potenzial für Importe aus dem Westen ein. Darüber hinaus übe das Regime Druck auf deutsche Unternehmen, die in China investieren, aus. Diese sehen sich dadurch veranlasst, chinesische Unternehmen in die Lieferkette einzubinden und dort zu produzieren.

Matthes empfiehlt deutschen Unternehmen, diese sollten „Wege finden, um uns von China zu emanzipieren“. Berlin und Brüssel sollten den Handel mit neuen Partnern in Asien oder Südamerika „dringend“ erleichtern, riet er.

China strebt nach Weltmarktmonopol bei Seltenen Erden

Die politischen Leitentscheidungen in Deutschland und der EU sowie die Präferenzen der Unternehmen lassen diesbezüglich aber wenig an Ambitionen erkennen. Das zeigt sich nicht nur in den starken Widerständen, auf die Freihandelsprojekte wie TTIP oder die Kooperation mit Mercosur stoßen.

Noch mehr als jene anderer westlicher Länder neigen deutsche Großkonzerne dazu, in China investiert zu bleiben. Auch die Konfrontationspolitik und der spätere Bruch mit Russland haben Chinas Position gegenüber Europa gestärkt.

Die bereits zuvor stark ideologisierte Energiewende soll nun noch zusätzlich forciert werden, um nicht mehr von Russland und dessen fossilen Energieträgern abhängig zu sein. Dies macht die EU-Länder allerdings umso mehr von China abhängig. Dies liegt nicht nur daran, dass Chinas Weltmarktanteil bei Ersatzteilen und Komponenten für Windräder und Solarpanels hoch ist.

Das KP-Regime verfügt selbst über 60 Prozent der weltweiten Vorkommen an Seltenen Erden. Darüber hinaus weitere es seinen politischen und wirtschaftlichen Einfluss in anderen Ländern, in denen sie vorkommen, zunehmend aus – so etwa in Afghanistan. Über 90 Prozent der weltweiten Seltenen Erden durchliefen chinesische Raffinerien, bevor sie an westliche Abnehmer zur Verwendung etwa in Elektroautobatterien oder Solarzellen reexportiert würden.

GTAI warnt auch vor möglichen Engpässen bei Halbleitern

Ein weiterer Problembereich wäre die Halbleiterproduktion. Auch Achim Haug von der Außenwirtschaftsgesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) warnte im August des Vorjahres vor einem möglichen Krieg um Taiwan.

Die Auswirkungen von Lieferstopps wären „um ein Vielfaches größer“ als die der Russland-Sanktionen. Die fossilen Brennstoffe von dort seien „deutlich leichter zu ersetzen als das, was wir alles aus China beziehen“.

Als Mittel gegen eine zu starke Abhängigkeit empfiehlt er Diversifizierung, Lagerhaltung und heimische Produktion. Dies würde jedoch auch ein höheres Problembewusstsein in China investierender deutscher Konzerne voraussetzen.

(Mit Material von dts und AFP)



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