Jeder soll automatisch Organspender sein, es sei denn er widerspricht?

Im Bundestag gibt es Widerstand gegen die Lösung von Gesundheitsminister Jens Spahn zur Organspende. Die Widerspruchlösung sei eher eine "Organabgabepflicht" und ein "unzulässiger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht", erklärt die CSU.
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Bundestag in Herbstkulisse.Foto: iStock
Epoch Times25. Oktober 2018

Im Bundestag formiert sich Widerstand gegen die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewünschte Widerspruchslösung bei der Organspende. Abgeordnete von Union, SPD, Grünen, Linken und FDP arbeiten an einem entsprechenden Gruppenantrag, wie die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag erfuhr. „Mit einer Widerspruchslösung wird kein einziges der praktischen Probleme im Zusammenhang mit der Organspende gelöst“, sagten die Linken.

Zuvor hatten die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland über die Initiative berichtet. „Uns eint das Ziel, die Einführung einer Widerspruchslösung unbedingt zu verhindern“, sagte der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger den Zeitungen. „Die Widerspruchslösung ist ein unzulässiger Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht.“ Dabei könne nicht mehr von einer Organspende die Rede sein.

Vielmehr müsste man von einer Organabgabepflicht sprechen.“

Spahn möchte eine doppelte Widerspruchslösung einführen. Diese sieht vor, dass einem hirntoten Menschen Organe entnommen werden können, wenn er oder seine Hinterbliebenen sich nicht ausdrücklich dagegen gewandt haben. Bislang ist die Organspende nur bei ausdrücklicher Einwilligung möglich.

Organspende sollte freiwillig bleiben

„Die Organspende basiert auf der Freiwilligkeit der Spender und das soll auch so bleiben“, sagte Vogler AFP. Die Organentnahme ohne Beachtung des Spenderwillens sei ein so schwerwiegender Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht, dass eine Widerspruchslösung für sie erst dann zur Diskussion stünde, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wären.

Die Hauptursache der geringen Zahl von Organspenden in Deutschland ist Vogler zufolge nicht die mangelnde Bereitschaft zu spenden. Grund sei eher die Ökonomisierung des Gesundheitswesens. Die Kliniken seien gezwungen, ihre Ressourcen eher für lukrative Operationen als für schlecht vergütete Organentnahmen einzusetzen.

Auch Pilsinger zufolge gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Beleg dafür, dass die Widerspruchslösung das Problem der niedrigen Spenderzahlen tatsächlich lösen würde. In Schweden hätten sich die Spenderzahlen trotz der Einführung eines entsprechenden Modells nicht erhöht.

„Staatliche Vorentscheidung“

Der FDP-Politiker Otto Fricke wandte sich gegen eine „staatliche Vorentscheidung“ bei der Organspende. Das hinter der Widerspruchslösung stehende Menschenbild, „nach dem der Staat regelt und der Bürger dann im Anschluss widersprechen darf, lehne ich ab“, sagte er zu AFP.

Pilsinger zufolge ist gegenwärtig etwa ein Drittel der Abgeordneten gegen eine Widerspruchslösung, ein weiteres Drittel dafür. Die restlichen Abgeordneten seien noch unentschieden.

Zu der Gruppe um Pilsinger, Vogler und Fricke gehören etwa den Angaben zufolge auch Hilde Mattheis (SPD), Karin Maag (CDU) und Kirsten Kappert-Gonther (Grüne). Pilsinger sagte, in der Gruppe bestehe noch kein Konsens darüber, ob in dem Antrag nur die Beibehaltung der bisherigen Entscheidungslösung gefordert oder ein alternatives System vorgeschlagen wird.

Mitglieder des Bundestags-Gesundheitsausschusses reisen Ende Oktober nach Spanien und Dänemark, um sich dort über die Organspende zu informieren. An der Reise unter Leitung des Ausschussvorsitzenden Erwin Rüddel (CDU) nehmen Mattheis, Nicole Westig (FDP), Harald Weinberg (Linke) und Kappert-Gonther teil.

Spanien hat die europaweit höchsten Spenderzahlen. Dort gibt es eine Widerspruchslösung, in Dänemark gilt wie in Deutschland die Zustimmungsregelung. (afp)



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