Jesidisch, jung, AfD-nah: Eine Bloggerin sorgt für Kontroversen

„Migranten sind nur so lange gut genug für Euch, solange sie sich von Euch ideologisch bevormunden lassen.“ Eine junge Jesidin aus Marburg hält nicht viel von grüner Integrationspolitik, schätzt die AfD – und sorgt damit für Aufsehen.
Der Antrag, die Verbrechen an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anzuerkennen, wurde einstimmig angenommen.
Der Antrag, die Verbrechen an den Jesiden als Völkermord anzuerkennen, wurde im Januar 2023 einstimmig im Bundestag angenommen. Dennoch sorgte der Besucherapplaus für einen AfD-Redner für Aufregung.Foto: Carsten Koall/dpa
Von 2. Juni 2023

Wenn in den großen deutschen Zeitungen und Sendern von AfD-Anhängern die Rede ist, fallen meist früh Worte wie „Rechtspopulisten“, „rechter Rand“ oder „Ewig Gestrige“ – unabhängig davon, was im Parteiprogramm steht. Durch das Dauer-Framing seit Parteigründung, zu dem sich 2018 auch der heutige ARD-Chef Prof. Kai Gniffke bekannte, sollte sichergestellt werden, dass die Leute „die bitte doof finden“ sollen (Video auf YouTube).

Gar nicht so doof aber findet die jesidische Bloggerin Ronai Chaker die Positionen der „Alternative für Deutschland“. Insbesondere Chakers ähnlich kritische Haltungen zum Islam, zum Gender-Sprech und zu linksgrüner Politik im Allgemeinen sind Eigenschaften, die man bei einer jungen Dame mit syrischem Migrationshintergrund nicht unbedingt erwarten würde.

70.000 Klicks für Grünen-Kritik

Doch Chaker trifft offenbar einen Nerv: Ihre Videobotschaft an die Grünen vom 12. Mai 2023 wurde bislang beinahe 70.000-mal geklickt. Ein medialer Erfolg, der den oppositionellen Journalisten Boris Reitschuster kürzlich derart beeindruckte, dass er einen Artikel über das selbsterklärte „Feindbild von Extremisten“ (Twitter-Zuschreibung) verfasste. Denn Chaker spricht manches zum Thema „Vielfalt“ aus, was Anhänger der Grünen gar nicht gerne hören dürften:

Liebe Grünen, ihr kommt hier auf meine Twitter-Seite und wollt mir etwas über Vielfalt erzählen? Während gleichzeitig einige von euch mich auf meinen Migrationshintergrund reduzieren, mir deshalb mein demokratisches Mitspracherecht absprechen und mich gleichzeitig dazu auffordern, das Land zu verlassen, weil ihnen meine politischen Ansichten nicht gefallen?

Die Wahrheit ist doch: Migranten sind nur so lange gut genug für euch, solange sie sich von euch ideologisch bevormunden lassen. Tun sie das nicht, fordert ihr sie dazu auf, das Land zu verlassen. Ist es das, was ihr unter Vielfalt versteht?

Ihr lebt in euren Parallel-Gesellschaften, eure Kinder besuchen Privatschulen. Ist es das, was ihr unter Vielfalt versteht?

Ich habe nicht den Eindruck, dass ihr tatsächlich wisst, welche Probleme in unserer Gesellschaft da sind, dass ihr tatsächlich einen Einblick in die Migrationsgesellschaft habt. Denn ich habe diesen Einblick, ich kenne die Probleme und ich möchte mir an der Stelle nicht von euch sagen lassen, es gäbe diese Probleme nicht. Schönen Tag!“ (Video auf Twitter)

 

Mit einem Grünen-kritischen Video sorgte die Jesidin Ronai Chaker am 12. Mai 2023 für Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken.

Mit einem Grünen-kritischen Video sorgte die Jesidin Ronai Chaker am 12. Mai 2023 für Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken. Foto: Bildschirmfoto/Twitter/Ronai Chaker

Angehörige einer verfolgten Minderheit

Auch sonst hat Chaker als Angehörige einer besonders im Irak und Syrien verfolgten Minderheit offensichtlich Mut zur „politischen Inkorrektheit“. So bewirbt sie immer wieder kritische Stimmen aus den Reihen der AfD. Am 1. Juni 2023 retweetete sie beispielsweise eine Bundestagsrede des Abgeordneten Thomas Ehrhorn, der das mangelnde Engagement der Konkurrenzparteien in Sachen Kinderschutz kritisierte.

Chakers zustimmender Kommentar: „Sie [die übrigen Parteien] wollen keine Aufklärung über sexuellen Missbrauch, der durch einen institutionellen Sumpf möglich wurde. […] Danke Herr Ehrhorn für diese wichtige Ansprache“. Dafür gabs natürlich Gegenwind, aber auch Zustimmung von ihren mittlerweile über 19.000 Followern.

Gegen politische Gewalt – egal von welcher Seite

Auch ihr Verhältnis zu politisch motivierten Gewalttaten thematisierte Chaker anlässlich des aktuellen Urteils gegen die Linksextremistin Lina E.:

Damit das mal klar ist, ich möchte nicht, in einem Land leben, in dem Gewalt an Menschen aufgrund ihrer politischen Ansichten legitimiert wird, sollen diese Ansichten noch so radikal und extremistisch sein. Genau das ist es doch, was uns von Extremisten unterscheidet! #LinaE“ (Quelle: Twitter)

Wie die AfD immer wieder selbst für sich reklamiert, verortet sich auch Chaker auf dem Boden des Grundgesetzes. Und wie die AfD fürchtet sie den immer brutaler geführten Kampf um die Meinungsfreiheit in Deutschland:

Es ist egal, welcher Partei ihr angehört, welche ihr wählt. Sobald ihr politisch freiheitliche Positionen teilt, werden sie euch bekämpfen, diffamieren, denunzieren und versuchen zu diskreditieren und sogar ‚Nazi‘ nennen. Kämpft für: ‚Einigkeit und Recht und Freiheit‘“.

Als Jurastudentin in der traditionell besonders linkstoleranten Studentenstadt Marburg dürfte Chaker es also nicht leicht haben. Ein kurzer Blick auf die Website des Studentenausschusses („AStA“) zeigt: Auch im Hessischen geht es bei den angehenden Akademikern der Generation Z meist um Themen wie „queeres“ Kino, Geschlechterpolitik und Antifa-Engagement. Und an der AStA-Spitze steht mit Viktoria Ehrke eine Vertreterin der „Rosa Liste“.

Eklat nach Jesiden-Applaus im Bundestag

Das Thema „Jesiden, Völkermord und die AfD“ hatte Mitte Januar 2023 für reichlich Zündstoff im Bundestag gesorgt. Als Martin Sichert, der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, in seiner Rede den „Völkermord“ an den Jesiden durch Vertreter der islamischen IS-Miliz anprangerte, erntete er spontan Applaus von einer jesidischen Besuchergruppe auf der Tribüne. Das berichtete unter anderem das Portal „Jouwatch“.

Ausgerechnet die Minderheitenschutz-Partei der Grünen setzte sich daraufhin spontan an die Spitze jener Parlamentarier, die den Rauswurf der Besucher verlangten. „Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt hatte sichtlich Mühe, die kreischende Menge zu beruhigen. Skandalöserweise schloss sich Göring-Eckardt den Drohungen allerdings an“, schreibt „Jouwatch“. Denn als die Jesiden zuvor mehrfach für Redner anderer Parteien geklatscht hatten, waren die Abgeordneten noch damit einverstanden gewesen (Video auf YouTube).

Sichert war von der Fraktion auch ans Rednerpult geschickt worden, weil er sich als Ehemann einer Jesidin besonders gut mit der Geschichte der Minderheit auskennen dürfte.

AfD-Politiker mit Migrationshintergrund

Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ kurz nach der Bundestagswahl 2021 berichtete, gehörten der neuen 83-köpfigen AfD-Fraktion im Bundestag „sechs Abgeordnete [an], die nach Deutschland eingewandert sind oder in einem Fall einen Vater aus den USA haben“.

Damit habe die Fraktion im Oktober 2021 prozentual „mehr Abgeordnete mit Migrationshintergrund als bei Union und FDP“ beherbergt. Es handelte sich um Petr Bystron, Markus Frohnmaier, Marc Jongen, Eugen Schmidt, Harald Weyel und Joana Cotar. Die gebürtige Rumänin Cotar ist mittlerweile aus Partei und Fraktion ausgetreten.

AfD im Aufwind, Grünen-Zustimmung im Sinkflug

Spätestens seit Bekanntwerden der Heizungspläne des grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck zeigen Wahlumfragen einen für bundesrepublikanische Verhältnisse ungewohnten Trend: Die Werte der Grünen sinken, und ausgerechnet die AfD scheint davon zu profitieren.

Nach Angaben des Portals „Dawum.de“ lag die blaue Partei bei der Sonntagsfrage mit 16,8 Prozent zuletzt auf Platz drei hinter CDU (33,1 Prozent) und SPD (21,9 Prozent). Die Grünen holten nur noch 14,7 Prozent. Und erst kürzlich stellte eine Studie des Meinungsforschungsinstituts INSA für die „Bild“ fest, dass sich offenbar immer mehr Menschen vorstellen können, ihr Kreuzchen irgendwann doch noch bei der AfD zu machen: Nur noch 53,9 Prozent sagten dazu kategorisch Nein. Im Dezember 2022 hatten noch sechs von zehn Menschen eine AfD-Wahl ausgeschlossen. Derzeit liegt das Wählerpotenzial der „Alternative“ nach INSA-Angaben bei über 20 Prozent.



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