„Kamele statt Karpfen“: Entrüstung und Kritik nach fiktionaler ORF-Doku zum „Klimawandel“

Am „Meer der Wiener“, dem Neusiedler See, nur noch „Kamele statt Karpfen“ – so stellt der ORF-Fernsehjournalist Hanno Settele eine Gefahr des Austrocknens des Sees durch den „Klimawandel“ in einer fiktionalen Doku dar. Für viele ging dies zu weit. Insbesondere die Tourismusbranche im Burgenland läuft Sturm gegen diese „dystopischen Bilderwelten im Hauptabendprogramm“.
Titelbild
Wassersport auf dem „Neusiedler See“.Foto: iStock
Von 12. Juni 2023


Ein dystopischer ORF-Beitrag über den Neusiedler See sorgt für ordentlich Aufregung im ansonsten beschaulichen Burgenland. In dem fiktionalen Dokumentarfilm „Dok 1: Neusiedl ohne See“ (Erstausstrahlung 31.5.) wird gezeigt, wie es aussehen könnte, wenn aufgrund des „Klimawandels“ der Neusiedler See ausgetrocknet ist. Im Begleittext schreibt der ORF: „Hanno Settele will surfen lernen. Es gibt nur ein Problem: Der See ist weg. Ganz weg. Wo einst Fische und Seevögel ihr zu Hause hatten, findet Settele nur noch eine brachliegende, ausgetrocknete Steppe vor.“ Hanno Settele ist ORF-Fernsehjournalist und führt durch die „Dok 1“-Reihe.

Das war so manchem Neusiedler zu viel Satire. Burgenland-Tourismus-Geschäftsführer Didi Tunkel schrieb gar einen Protestbrief an den ORF Generaldirektor Roland Weißmann: Die Sendung habe „bei uns, unseren Betrieben rund um den Neusiedler See sowie bei zahlreichen Urlaubsgästen für große Verunsicherung, Verstörung, Ärger und großes Unverständnis gesorgt.“ Eine Stornowelle habe bereits eingesetzt, Arbeitsplätze und Existenzen würden gerade vernichtet, kritisiert Tunkel.

Man habe viele Anrufe von verunsicherten Menschen bekommen, die den „Darstellungen der Realität – nämlich dass der See genügend Wasser hat, keinen Glauben mehr schenken.“ Seitens des Burgenland Tourismus sei man sicher nicht humorlos und man könne auch mit Satire gut umgehen. „Wenn jedoch Science Fiction und Satire als ‚Doku & Reportage‘ mit solchen künstlich kreierten dystopischen Bilderwelten im Hauptabendprogramm gesendet wird … endet unser Verständnis dafür“, so Tunkel in seinem offenen Brief. Der Schaden in der Region Neusiedler See sei jedenfalls angerichtet.

Tourismusverband: „Klima-Hysterie“ schädigt Image der Urlaubs- und Erholungsregion

Hintergrund dafür ist offenbar, dass schon seit geraumer Zeit die Touristikbranche in der Seeregion eine überzogene „Klima-Hysterie“ sieht, die das Image der Urlaubs- und Erholungsregion schädige.

Fakt ist: Der Wasserstand des Neusiedler Sees hat sich erholt. 2023 ist der Wasserstand um gut 15 Zentimeter im Vergleich zum letzten Jahr gestiegen. Anfang Juni füllten starke Regenfälle den Neusiedler See wieder auf. Innerhalb von zwei Tagen stieg der Wasserstand von 115,174 Metern über Adria (müA) auf 115,247 müA (Stand 8. Juni). Allerdings liegt er damit noch immer mit 30 Zentimetern unter dem langjährigen Durchschnitt von 115,55 müA oder etwa des Rekordwasserstandes im Jahr 1996 von 115,91 müA.

„Settele hat sich auf die Satire herausgeredet. Aber Satire endet dort, wo andere Schaden erleiden. Fakt ist, der Stand des Sees liegt derzeit über dem des Vorjahres. Es ist genug Wasser da, bis auf Ausfahrten mit Segelbooten mit starkem Tiefgang ist alles möglich“, zitiert „OE24“ aus Tunkels Brief an den ORF.

Tunkel erklärt in dem Brief, dass sich verunsicherte Menschen in Tourismusbüros und Betrieben rund um den See gemeldet hätten. Er befürchtet nun Stornierungen aufgrund „einer schwarzgemalten ‚falschen Realität‘“ und bittet darum, diese Fiktion in der ORF-Berichterstattung so nicht stehenzulassen. „Mit der Doku habe sie den Bogen aus unserer Sicht bei weitem überspannt“, wird Tunkerl zitiert.

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ORF-Journalist weist Kritik zurück

Der Sendungsverantwortliche Settele wies die Kritik in einem Schreiben zurück, berichtet „OE24“. Die Sendung sei mit ihren aberwitzigen bis grotesken Szenen klar als Satire erkennbar. Zudem ließen die letzten Minuten der Mockumentary keinen Zweifel daran, dass die Realität anders aussieht und derzeit eben Wasser im See sei. Ziel sei gewesen, Bewusstsein für ein ernstes Problem zu schaffen, so Settele.

Der Neusiedler See ist Teil einer beliebten Urlaubs- und Erholungsregion im Burgenland. Er ist einer der wenigen Steppenseen in Europa und mit durchschnittlich 320 Quadratkilometer der größte abflusslose See in Mitteleuropa. Dabei liegen 230 Quadratkilometer in Österreich und 90 Quadratkilometer in Ungarn. Er ist fast vollständig mit einem Schilfgürtel umrandet.

Auf den Seiten der Neusiedler See Tourismus GmbH heißt es, dass derzeit intensive Bemühungen laufen würden, um den Neusiedler See als einzigartigen Naturraum langfristig abzusichern. „Dazu zählen neben der bereits angelaufenen Schilf- und Schlammbewirtschaftung auch die Prüfung von Möglichkeiten der Wasserzufuhr zum Neusiedler See, um den Wasserstand in Zukunft zu stabilisieren.“

Aus touristischer Sicht komme es rund um den See zu keinerlei Einschränkungen. Auch das Landschaftsbild, die einzigartige Optik und das typische Neusiedler-See-Ambiente in den vielen Hotel- und Gastronomiebetrieben sowie auf den Rad-, Spazier- und Wanderwegen rund um den See sei durch den niedrigeren Wasserstand nicht beeinträchtigt.

„Im Jahr 1865 war der See ausgetrocknet“

Erich Draganits, Leiter einer Studie zum Neusiedler See am Institut für Geologie der Universität Wien, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, erklärt:

„Die Studie zeigt deutlich, dass der Neusiedler See in der Vergangenheit kein abflussloser See [Steppensee] wie heute war.“ Der Wasserspiegel des Sees schwankte viel stärker als die Daten der modernen Aufzeichnungen zeigen würden, so Draganits weiter.

Seinen höchsten dokumentierten Wasserstand erreichte er beispielsweise während eines Raabhochwassers 1853 mit einer Höhe von 117,6 m über Adria – der Wasserspiegel des Sees lag somit mehr als 2,5 Meter über dem heutigen (knapp 115 m über Adria): „Das ist enorm viel, und dabei wurden auch weite Gebiete überschwemmt“, so der Geologe.

Und nur zwölf Jahre später, im Jahr 1865, war der See ausgetrocknet: „Die Schwankungen waren somit deutlich größer als heute.“ Durch die höheren Wasserstände hatte der See aber auch die Möglichkeit, sich in feuchten Jahren Wasserreserven aufzubauen, aus denen er dann in trockenen Jahren zehrte.

„Dies wird heutzutage verhindert – schließlich sind die heutigen Siedlungen, Städte und Tourismusgebiete sehr nahe am Wasser gelegen, oft innerhalb seiner früheren Ausdehnung“, erklärt Draganits.

„Schade für die Menschen, die dort arbeiten und davon leben“

Auch auf Twitter schaukelte sich die Debatte hoch. So meint Ida Konrad: „Hab mich darauf gefreut, aber dann vom Neusiedler See zu reden und großteils den gänzlich trockenen Zicksee zu zeigen macht die Sendung unglaubwürdig. Sehr schade und enttäuschend.“

„Der ORF schießt dem heimischen Tourismus Essiggurken mit Dauerfeuer ins Knie, mit der dauernden Klima-Hysterie. Im Nachhinein zu behaupten, diese Sendung sei Satire gewesen, ist eine famose Frechheit vom Zwangsgebührensender. Dass [Marcus] Wadsak [Meterologe] ein Komiker ist. Ok. Aber Settele Satiriker?“, findet H.S.

„Ja, da gibt es wohl genug, die keinen Spaß verstehen und alles glauben und für Ernst halten. Schade natürlich für die vielen Menschen, die dort arbeiten und davon leben“, meint Sylvia Tempelmayer.

Ein anderer Netizen meint: „Ich hab die Sendung auch gesehen. Leider können so viele Menschen Satire nicht einmal mehr zuordnen, selbst wenn es bereits dazugesagt wird. Übrigens, ich fahre trotzdem im Herbst in die österreichische Steppe und Surfbrett lass’ ich sowieso zu Hause!“

Claudio Zanetti postete eine Erklärung, die er offenbar für maßgeblich sieht für die von einigen gesehene Schwierigkeit Satire von Fakten zu unterscheiden: „In dem kranken Klima, das ‚Experten‘ wie @Knutti_ETH und @Luisamneubauer, aber auch #Qualitätsmedien und Politikaster zu verantworten haben, kommt gar niemand mehr auf die Idee, es könne sich um Satire handeln. Wer spottet schon über den Weltuntergang?“



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