Kandel: Deutungshoheit durch Medienmacht – Mädchen-Mord und „Aktuelle Kamera“?

Wenn man seinem Nachbarn nur noch das Schlechteste zutraut, sich gegenseitig misstraut, sich bespitzelt und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dazu aufgerufen wird, sich nicht "instrumentalisieren" zu lassen, während im selben Augenblick genau dies mit medialer Macht getan wird, dann ist man im Deutschland des Jahres 2018 angekommen.
Von 16. Januar 2018

Erst kürzlich äußerte sich Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) angesichts von Rassismusvorwürfen seines Rottenburger Amtskollegen Stephan Neher (CDU), dass der Begriff Rassist heutzutage auf jeden angewandt werde, der auf Probleme mit der Flüchtlingspolitik aufmerksam mache – und zwar „völlig willkürlich und sinnlos“.

Auch der ehemalige Münchner OB, Christian Ude (SPD), sei schon als Rassist bezeichnet worden, weil er die Unterscheidung in „Staatsbürger und Flüchtlinge“ betont hatte, so Palmer. Der „Schwarzwälder Bote“ berichtete.

Die „Guten“ und die „Bösen“

Der Journalist Karl-Eduard von Schnitzler alias „Sudel-Ede“, Chef-Demagoge des DDR-TV und Herr der Propagandasendung „Der schwarze Kanal“, klärte bereits 1961 über die „Guten“ und die „Bösen“ auf, so wie die Bürger der sozialistischen Republik es zu verstehen hatten und die Deutungshoheit dafür hatte die Sozialistische Einheitspartei.

Kann man das Gute lieben, ohne das Böse zu hassen? (…) Schlechte Politik ist schlecht, gute Politik ist gut. (…) Ist die Macht in guten Händen, ist es eine gute Politik …“

(Karl-Eduard von Schnitzler, 1961)

https://www.youtube.com/watch?v=EdtZdQ66njY

Viele Menschen vertrauen dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen seit Jahrzehnten als eine Art „Wahrheitsgarant“, blindlings. Der kürzlich abgegebene Kommentar von Birgitta Weber, stellvertretende Chefredakteurin des SWR, wirkte wie ein erweiterter Aufruf der Regierung. Unter dem Titel „Lasst euch nicht instrumentalisieren“, richtete sie sich wörtlich und stellvertretend für die „Vielen“ an die Kandeler Bürger:

Unsere Gesellschaft lebt von Empathie für andere. Doch diese Gefühle werden missbraucht. Kühl kalkuliert von NPD, von AfD-Politikern und von Rechten. Sie versuchen, die Wut in Hass umzuwandeln, das Entsetzen in Angst.“

(Birgitta Weber, SWR)

Eine äußerst geschickte und subtil wirkende Äußerung. Alle in einen Topf: eine rechtsextreme Kleinpartei, eine demokratisch im September 2017, von 12,6 Prozent der deutschen Wähler in den Bundestag gewählte Partei und die pauschale Schublade der „Rechten“, eine Art Sammelcontainer für alle kritischen konservative Stimmen oder jene, die rechts von links stehen und sich kürzlich noch unschuldig in der Mitte wähnten.

Gestohlene Empathie

Doch Birgitta Weber hat durchaus recht, wenn sie sagt, dass die Empathie zahlloser Bürger, die Hilfsbereitschaft gegenüber den Menschen, die vor einem schrecklichen Bürgerkrieg in Syrien flohen, missbraucht wurde. Von wem, da können die Meinungen durchaus variieren.

Im Oktober 2015 erklärte ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke, Chef von der „Taggesschau“ und „Tagesthemen“: „Wenn Kameraleute Flüchtlinge filmen, suchen sie sich Familien mit kleinen Kindern und großen Kulleraugen aus“, jedoch wäre die Realität eine andere, „80 Prozent der Flüchtlinge“ die nach Deutschland einwandern seien „junge, kräftig gebaute, alleinstehende Männer“ und viele waren keine Kriegsflüchtlinge, sondern schlicht und einfach Wirtschaftsmigranten.

Doch jenen, die die Massen als Erfüllung ihrer Träume einer bunten und wohl bald sozialistischen Gesellschaft sahen, war das nur Recht.

Erinnert sei an 2015, an die vielen „Reisenden“, wieder viele von ihnen legten in Slowenien Feuer um einen unkontrollierten Grenzübertritt zu erzwingen, stürmten anderswo in Ungarn Grenzen, auch österreichische Grenzübergänge wurden einfach überrannt. Und es sei erinnert an die zahlreichen weggeworfenen Reisepässe und sonstigen Dokumente an den deutschen Grenzen.

Erst später bemerkte man, dass viele der Minderjährigen bereits erwachsene Männer waren, doch das kümmerte die politisch Verantwortlichen nicht, bis heute.

Doch die stellvertretende SWR-Chefredakteurin verstärkte ihre erste Aussage nochmals, durch eine weitere Wiederholung, erneut mit anderen Worten:

Mit einer Lawine von Beleidigungen bis hin zu Morddrohungen werden die Worte derjenigen, die versuchen menschlich zu bleiben, erstickt.“

(Birgitta Weber, SWR)

Da werden die einen als „menschlich“ bleibend gelobt und die anderen schon dadurch unausgesprochen zu Unmenschen degradiert. Wieder werden die kritischen Stimmen in einen großen Topf geworfen, jetzt vermengt mit jenen, die heftigste Beleidigungen gegen ihre Mitbürger oder gar Morddrohungen ausstießen, also die Grenze der Kriminalität bereits überschritten hatten.

Und nachdem nun endgültig klar ist, wer die einen und wer die anderen sind, wer die Guten und wer die Bösen, hebt Birgitta Weber ihren mahnenden Finger: „Sie versuchen, die Wut in Hass umzuwandeln, das Entsetzen in Angst“.

Waren eingangs des Kommentars der SWR-Vize-Chefin – man darf sicher sein ihr Kommentar war abgesegnet und wohl ausgearbeitet worden – die Menschen in Kandel aufgefordert, sich nicht „instrumentalisieren“ zu lassen, erklärt Weber im weiteren Verlauf, um wen es wirklich geht:

Denn die Menschen in Kandel stehen stellvertretend für uns alle.“

(Birgitta Weber, stellvertretende Chefredakteurin, SWR)

Eine Anmerkung zum Kommentar des SWR schrieb auch Leser Alfred Butz, andere äußerten sich ähnlich:

Sehr geehrte Frau Weber, wann sind Sie zum letzten mal abends alleine durch eine Stadt gebummelt? Wann haben Sie zum letzten mal abends ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt. Warum haben alle meine weiblichen Bekannten diesbezüglich Ängste? (…) Die Aktuelle Kamera lässt grüßen!“

Am Vormittag des 13. Januar wurde dann die Kommentarfunktion geschlossen:

Foto: swr.de/screenshot

„Bunte“ Menschenkette verschoben

Unterdessen hatte der Kandeler Karnevalsverein eine für Samstag geplante Menschenkette unter dem Motto „Kandel ist bunt“ verschoben. Den Verantwortlichen des Vereins, Kirchenvertretern und den Ratsfraktionen war der Termin dann doch zu nah am Trauergottesdienst und an Mias Beerdigung, wie „Heidelberg24“ berichtet.

Zu der Veranstaltung in Kandel wollte der Karnevalsverein ein Zeichen gegen „Rechts“ setzen, ab 13 Uhr auf der Hauptstraße mit bunten Fähnchen. Laut einer Meldung der AfD-Bundestagsfraktion empfand die Oppositionspartei das geplante Vorgehen der „Kandeler Buntheit“ „unerträglich“.

Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Schon in etwa vier Wochen will der Karnevalsverein dann wieder ausrufen: „Kandel ist bunt“.

Schweigeminute in den Schulen

Weniger laut und nicht bunt ging es in den Schulen des Landkreises Germersheim zu. Hier gedachten Schüler und Lehrer einige Tage zuvor der ermordeten Schülerin mit einer Schweigeminute.

Alle Schulen, außer die Grundschulen waren eingeladen, daran teilzunehmen, wie die „Rhein-Neckar-Zeitung“ berichtete. „Meines Wissens waren alle Schulen daran beteiligt, es kam von keiner Schule eine Absage“, sagte ein Schülervertreter der Zeitung.

Dann war es so weit, für eine Minute war die ermordete Mia Valentin wieder präsent:

Wir saßen da, waren eine Minute still und haben einfach an Mia gedacht.“

(Michael S., 18, Gymnasiast in Germersheim, Kreisschülervertretung)

Eine würdige Geste, erhaben, voll stiller Energie, respektvoll und friedlich. Und in Trauer.

Kein stilles Ende beim Schweigemarsch zuvor

Vielleicht hatten sich viele der Teilnehmer des Schweigemarsches mehr als eine Woche davor das auch so gedacht. Doch es kam anders. Während die Menschen vom Ort der „Beziehungstat“, dem örtlichen DM-Markt, zur Innenstadt und zurück gingen, kam es dann zu einem emotional aufgeladenen Zusammentreffen am Ort der Tötung Mias zwischen aufgetauchten rund 30 Personen einer Mahnwache für ein „buntes Deutschland“, mit bunten Regenschirmen und den Teilnehmern des Trauermarsches, wie die Polizei es beschrieb.

Während sich die Menschen mit offenbar unterschiedlichen Einstellungen argwöhnisch und teils lautstark angingen, sah Polizeisprecher Thomas Sommerrock zwar „vielfältige Gruppen“, aber dennoch „ganz normale Bürger“, die ihre Trauer lediglich „auf verschiedene Art und Weisen“ teilen wollten.

Im Video: .



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion