Karlsruhe urteilt über EZB-Alleingang in der Eurokrise

Geklagt haben unter anderen der frühere CSU-Vize Peter Gauweiler, der Verein „Mehr Demokratie“ mit Ex-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und die Linksfraktion im Bundestag.
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Der Kurs der EZB ist umstritten.Foto: Uli Deck/dpa
Epoch Times21. Juni 2016
Mit einem Urteil zu drastischen Maßnahmen in der Euro-Schuldenkrise stellt das Bundesverfassungsgericht wichtige Weichen für die EU und den Euroraum.

Die Karlsruhe Richter entscheiden heute über ein Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB), das seit seinem Beschluss 2012 gar nicht zum Einsatz kam. Der sogenannte OMT-Beschluss („Outright Monetary Transactions“) sieht vor, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenstaaten zu kaufen, um diese zahlungsfähig zu halten.

Allein mit der Ankündigung beruhigte EZB-Präsident Mario Draghi die Märkte. Das räumen auch seine Kritiker ein. Trotzdem ist bis heute umstritten, ob die Notenbank eigenmächtig solche Risiken für den Steuerzahler eingehen und direkt in nationale Haushalte eingreifen durfte. Denn als nicht demokratisch legitimiertes EU-Organ ist die Zentralbank nicht befugt, Wirtschaftspolitik zu betreiben.

Die Karlsruher Richter hatten Anfang 2014 keinen Hehl daraus gemacht, dass sie das Programm für verfassungswidrig halten. Inzwischen hat aber der Europäische Gerichtshof (EuGH) OMT für rechtmäßig erklärt. Dazu müssen sich die deutschen Verfassungshüter nun verhalten.

Prinzipiell sind sie in ihrer Entscheidung unabhängig. Sich über das EuGH-Urteil einfach hinwegzusetzen, wäre aber ein offener Affront. Denn Karlsruhe hatte Luxemburg selbst um eine Beurteilung etlicher europarechtlicher Fragen gebeten – und zwar überhaupt zum ersten Mal. Beobachter halten deshalb einen Kompromiss für wahrscheinlich.

Geklagt haben unter anderen der frühere CSU-Vize Peter Gauweiler, der Verein „Mehr Demokratie“ mit Ex-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und die Linksfraktion im Bundestag. Erklären die Verfassungsrichter das Programm tatsächlich für rechtswidrig, dürfte Deutschland sich über die Bundesbank nicht mehr beteiligen. Damit fiele der größte EZB-Anteilseigner aus. Vor dem Brexit-Referendum könnte das die Nervosität an den Märkten noch steigern.

Auf die aktuellen Anleihenkäufe der EZB ist das Urteil nicht direkt übertragbar. Um die Konjunktur anzukurbeln, steckt die Notenbank seit März 2015 viele Milliarden Euro in Staats- und Unternehmensanleihen (Quantitative Easing/QE). Auch dagegen gibt es Verfassungsklagen.

(dpa)


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