Katastrophenschutz: Eigene Behörde kritisiert Präsident wegen Blackout-Warnung

Nicht nur eine mögliche Energieknappheit, sondern auch gezielte Stromunterbrechungen könnten ab Januar für eine Krisenlage sorgen. Das erklärte der Präsident des Katastrophenschutzes. Am Sonntag bedauert die Behörde „die missverständliche Formulierung“ Tieslers und sorgt für Klarstellung.
Blackout
Wenn im Winter die Lichter ausgehen, sollte man gut vorbereitet sein.Foto: iStock
Epoch Times19. November 2022

Notstromaggregate, Wärmeinseln – die Behörden und Kommunen haben alle Hände voll zu tun, damit sie die Bevölkerung in Krisensituationen unterstützen. Nicht überall sei ausreichend vorgesorgt worden, kritisierte Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) am 19. November. Nach seinen Erwartungen werde es in den kommenden Monaten angesichts der angespannten Lage bei der Energieversorgung zu Stromausfällen in Deutschland kommen, die über das bisherige Maß hinausgehen.

„Wir müssen davon ausgehen, dass es im Winter Blackouts geben wird. Damit meine ich eine regional und zeitlich begrenzte Unterbrechung der Stromversorgung“, sagte der Chef der Bonner Behörde der „Welt am Sonntag“. Als Ursache nannte Tiesler nicht nur eine mögliche Energieknappheit, sondern auch das gezielte, zeitweise Abschalten der Netze durch die Betreiber, um die Netze zu schützen und die Gesamtversorgung nicht zu gefährden.

„Das Risiko dafür steigt ab Januar und Februar, sodass wir davon ausgehen, dass es von da an stellenweise für eine gewisse Zeit zu Unterbrechungen der Stromversorgung kommt“, sagte Tiesler.

Klarstellung vom Amt

Tags darauf relativierte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe seine Sätze. Es halte einen großflächigen Stromausfall im Winter für „äußerst unwahrscheinlich“, stellte es die Aussagen von Tiesler klar.

Eine BBK-Sprecherin erklärte am Sonntag, dem 20. November, Tiesler habe sich auf eine „regional und zeitlich begrenzte Unterbrechung der Stromversorgung“ bezogen, „um die grundsätzliche Bedeutung von Vorsorgemaßnahmen hervorzuheben“.

Die Sprecherin betonte: „Das elektrische Energieversorgungssystem ist mehrfach redundant ausgelegt und verfügt über zahlreiche Sicherungsmechanismen, um das Stromnetz bei Störungen zu stabilisieren.“ Sie fügte hinzu: „Ebenso wird die Wahrscheinlichkeit als gering angesehen, dass es regional und zeitlich begrenzt zu erzwungenen Abschaltungen kommt, um die Gesamtversorgung weiter sicherzustellen.“

Die Behörde bedauere „die missverständliche Formulierung“ Tieslers und stelle diese hiermit klar.

Bessere Ausbildung für Krisenfälle

Der BBK-Präsident kritisierte in der „Welt am Sonntag“ am 19. November auch, dass staatliche Stellen nicht immer ausreichend für Krisenlagen wie Stromausfälle gewappnet seien. Ein Teil der Kommunen und Behörden sei „wirklich mustergültig“ aufgestellt, mit genauen Plänen und einer Sicherstellung der Stromversorgung durch Notstromaggregate vor Ort.

„Andere stehen deutlich schlechter da, die sind nicht ausreichend vorbereitet. Das ist ganz unterschiedlich, wie bei den Behörden“, erklärte der Behördenchef, der im Juni seinen Posten angetreten hatte. Insgesamt sei die Bundesrepublik nicht ausreichend auf Katastrophenfälle und Ausnahmezustände vorbereitet, so Tiesler.

Beispielsweise fehlen ausreichend ausgebildete Fachkräfte zur Bewältigung von größeren Notsituationen. „Wir haben festgestellt, dass in den Krisenstäben auf Ebene der Kommunen oder Länder Verbesserungsbedarf besteht. Es gibt genug Beispiele dafür, dass Mitarbeiter in diese Stäbe berufen wurden, die keine Ausbildung für eine solche Aufgabe hatten und die vorher in einem Krisenfall noch nie zusammengearbeitet haben. Oder dass qualifizierte Kräfte diese Stäbe verlassen haben, weil sie an anderen Stellen eingesetzt wurden“, erklärte der BBK-Präsident.

„Da muss mit mehr Ausbildung gegengesteuert werden, und wir brauchen eine Verpflichtung, dass das auf einem standardisierten Niveau passiert“, so Tiesler in der „Welt am Sonntag“.

Flächendeckende Stromausfälle „äußerst unwahrscheinlich“

Ein großflächiger und langandauernder Stromausfall gilt laut Tiesler als „äußerst unwahrscheinlich“. Ähnlich sieht es auch Fiete Wulff, Pressesprecher der Bundesnetzagentur. „Auch stundenweise krisenhafte Situationen im Stromsystem sind sehr unwahrscheinlich“, sagte er noch in einem Interview Anfang Oktober.

Ganz ausschließen könne man Stromausfälle jedoch nicht, allerdings sei Deutschland „eines der zuverlässigsten Stromversorgungssysteme weltweit“, so Wulff weiter. Rein statistisch würden die Haushalte im Jahr durchschnittlich rund zehn Minuten ohne Strom sein.

Ist die Stromversorgung jedoch erst einmal unterbrochen, so hat das spürbare Folgen. Nicht nur die Heizung ist betroffen, auch Waschmaschine, Fernseher, Computer, Spielkonsolen und Herd bleiben aus.

Unterschätzt wird oft die Wasser- und Abwasserversorgung. Wenige Stunden nach einem Blackout könnte das Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen fehlen. Laut BBK sollte der Getränkevorrat pro Person und Tag zwei Liter betragen. Brauchwasser könne auch in Badewannen, Wasserkanistern oder möglichen Behältern gesammelt werden. Mit Entkeimungsmitteln, die im Outdoorhandel verfügbar sind, kann man das Brauchwasser länger haltbar machen.

Gegen den Hunger schaffen Lebensmittelvorräte und ein Gaskocher Abhilfe. Mit Thermobehältern kann man erhitztes Wasser oder Suppen auch über Stunden warmhalten. Für die Notdurft empfiehlt das BBK eine Campingtoilette mit Ersatzflüssigkeit.

Die Netzagentur sieht die Lage anders

Die Bundesnetzagentur tritt der Warnung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe  ebenfalls entgegen. „Deutschland verfügt über eines der weltweit zuverlässigsten Stromversorgungssysteme“, sagte ein Netzagentur-Sprecher den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es gibt zahlreiche Mechanismen und Reserven zur Stabilisierung des Stromnetzes in angespannten Situationen. Die Bundesnetzagentur hält die Wahrscheinlichkeit für gering, dass erzwungene Abschaltungen im kommenden Winter erforderlich werden.“ (dts/sua)



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