Keine Anklage gegen Julian Reichelt: Axel Springer wusste um Besitz von Unterlagen
Die juristische Auseinandersetzung zwischen dem Medienkonzern Axel Springer SE und Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt scheint endgültig beendet zu sein. Bereits im August hatten die Streitparteien eine Einigung vor dem Arbeitsgericht Berlin verkündet.
Nun hat auch die Berliner Staatsanwaltschaft ihr Ermittlungsverfahren gegen Reichelt wegen Betrugsverdachts eingestellt. Dieses ging auf eine Anzeige des früheren Arbeitgebers Reichelts zurück. Zuerst berichtet hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ).
Kleinkrieg begann nach Trennung von Reichelt
Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte, hatte sich der zu Beginn bejahte Anfangsverdacht „durch die Ermittlungen nicht bestätigt“. Nach Verkündung der arbeitsrechtlichen Einigung hatte Springer die Behörde eigenen Angaben zufolge über diese in Kenntnis gesetzt.
Seit seiner Entlassung als Chefredakteur im Herbst 2021 hatten Reichelt und die Axel Springer SE einander einen öffentlichen Kleinkrieg geliefert. Der Verlag hatte sich nach Vorwürfen von Compliance-Übertretungen und Machtmissbrauch gegenüber Mitarbeiterinnen von diesem getrennt. Reichelt sprach von einer „Schmutzkampagne“ gegen seine Person und wies alle Anschuldigungen stets zurück.
Axel Springer wollte Abfindung von zwei Millionen Euro zurück
Hintergrund der Anzeige war offenbar die Behauptung des Verlags, Reichelt habe diesen über die erfolgte Vernichtung von Unterlagen getäuscht. Damit habe er den Verlag zur Auszahlung einer Abfindung veranlasst.
Der frühere „Bild“-Chefredakteur habe, so hieß es, dem Verlag zugesichert, nicht mehr im Besitz bestimmter Dokumente und Dateien zu sein. Dies sei eine wichtige Voraussetzung für die Überweisung der Abfindungssumme in Höhe von zwei Millionen Euro gewesen.
Im arbeitsrechtlichen Verfahren hatte Axel Springer diese zurückgefordert. Ein wesentlicher Grund dafür war, dass mehrfach unvorteilhafte Enthüllungen über interne Vorgänge bei der Springer-Verlagsgruppe die Runde machten.
Reichelt im Verdacht der Urheberschaft unvorteilhafter Leaks
Informationen über Äußerungen aus vertraulichen Chats von Spitzenmanagern der Axel Springer SE gelangten an die Öffentlichkeit. Unter anderem befanden sich darunter rassistische und herabwürdigende Aussagen des Konzernchefs Mathias Döpfner gegen Ostdeutsche und Muslime.
Dass Reichelt der Urheber der zugrunde liegenden Leaks gewesen sein könnte, war stets Gegenstand von Gerüchten. Veröffentlicht hatte als Erstes die „Zeit“ einen Beitrag über die Chat-Inhalte. Reichelt wies erst jede Verantwortung von sich. Später hatte der Verleger der „Berliner Zeitung“, Holger Friedrich, in einem Interview erklärt, von Reichelt kontaktiert worden zu sein. Er habe sich dann an Springer gewandt.
In der Erklärung zur außergerichtlichen Einigung vom August hieß es, Julian Reichelt „bedauert, Informationen an den Berliner Verlag übermittelt zu haben“.
Axel Springer SE forderte selbst Unterlagen aus dem Besitz ihres Ex-Mitarbeiters an
Mittlerweile wurde jedoch bekannt, dass der Verlag Reichelt im Zusammenhang mit einem anderen, in den USA geführten Rechtsstreit kontaktiert habe. Dabei habe er den Ex-Chefredakteur darum gebeten, bestimmte Unterlagen zur Verfügung zu stellen und nicht zu vernichten.
Die Staatsanwaltschaft sah dies jedoch als eindeutigen Hinweis darauf, dass der Axel Springer Verlag davon ausgegangen war, dass Reichelt noch Unterlagen aus seiner Zeit beim Verlag besitze. Dennoch habe man ihm die Abfindung ausbezahlt. Es sei daher unwahrscheinlich, dass das Vertrauen auf die Vernichtung aller Unterlagen der ausschlaggebende Grund für die Auszahlung gewesen sei:
Es fehlt somit an der für einen Betrug erforderlichen Kausalität.“
Vor diesem Hintergrund bleibt aus Sicht der Staatsanwaltschaft offen, ob Reichelt überhaupt beabsichtigte, Springer durch die Erklärung zu täuschen. Oder ob er vielmehr davon ausging, dass sich die Angaben ohnehin nur auf andere Dokumente und Dateien bezogen.
(Mit Material der dpa)
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