Keine Einigung im Koalitionsausschuss: Grüne vor Absprung aus Ampel?

Seit Sonntag tagt der Koalitionsausschuss der Ampel ohne Ergebnis. Währenddessen bemüht sich CDU-Chef Merz um Anpassungsfähigkeit in Richtung Grüne.
Der Koalitionsausschuss berät über Entlastungen.
Auch die Energiepolitik ist ein Streitthema im Koalitionsausschuss.Foto: Federico Gambarini/dpa
Von 27. März 2023


Am Sonntagabend hatte der Koalitionsausschuss der Ampelparteien eigenen Angaben zufolge begonnen, zu den „wichtigen Modernisierungsthemen des Landes“ zu tagen. Am Montag, 27. März, mussten SPD, Grüne und FDP ihre Gespräche unterbrechen – bislang noch ohne Ergebnis.

Offiziell geht es derzeit nicht weiter, weil einige Ausschussmitglieder zu deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen reisen. Bis dato sei man „in vertrauensvollen und konstruktiven Gesprächen weit vorangekommen“, heißt es in einer Erklärung.

Am Dienstag soll es bereits mit den Verhandlungen weitergehen. Während Regierungssprecher Steffen Hebestreit vom „Klären vieler Zielkonflikte“ spricht, wird der Ton zwischen den Koalitionspartnern jedoch spürbar ungemütlicher.

Unstimmigkeiten begleiten Koalitionsausschuss – Habeck beklagt Indiskretionen

Noch am Sonntag hatte die „Tagesschau“ einen entnervten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zitiert, der mehr Tempo beim Klimaschutz fordere. Dabei blitze er jedoch nicht nur bei der FDP, sondern zum Teil sogar bei den Sozialdemokraten ab. Der Minister beklagte „Durchstechereien des billigen taktischen Vorteils wegen“ und erklärte, so etwas passiere „nicht aus Versehen“.

Er sei „ein bisschen alarmiert, ob überhaupt Einigungswille da ist“. Im Bereich der Klimaneutralität bis 2045 könne man „jetzt nicht behaupten, dass im Moment die Dinge zügig abgearbeitet werden“. Und das, obwohl sie „meiner Ansicht nach entscheidungsreif sind“.

Vonseiten der FDP wiederum heißt es mit Blick auf den Haushalt für 2024, alle Koalitionspartner müssten „die aktuellen finanzpolitischen Realitäten anerkennen“. Allerdings hätten, so Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, „die drei Parteien kein gemeinsames Grundverständnis“.

Fällt die SPD den Grünen in den Rücken?

Grüner Unmut richte sich jedoch gegen die Sozialdemokraten, schreibt „Die Welt“. Das Konzept, schon ab 2024 das Ersetzen kaputter Öl- oder Gasheizungen durch neue zu verbieten, hatte Habeck politisch geschadet. Auch aus der SPD war zunehmende Kritik daran laut geworden – bis hinauf zu Ministerpräsidenten. Dabei habe das Bundesbauministerium von Klara Geywitz den entsprechenden Gesetzesentwurf mit erarbeitet.

Den Grünen erscheint das wie ein Déjà-vu. Bereits im Zusammenhang mit der geplanten Gasumlage sahen sich Habeck und die Ökosozialisten mit einem Mal in der eigenen Koalition isoliert. SPD-Chef Lars Klingbeil gab den Einpeitscher gegen die Umlagepläne. Dabei sei das Kanzleramt zuvor in den Vorstoß eingeweiht gewesen.

Drohender Showdown im Koalitionsausschuss

Noch erscheint die Tür für mögliche Kompromisse im Koalitionsausschuss offen. Eine Art „Abwrackprämie“ zugunsten von Wärmepumpen solle die Bürger zum Abschied von der Öl- oder Gasheizung motivieren. Dazu kommt „Ja“ zu E-Fuels auf EU-Ebene und die damit verbundene Relativierung des Verbrennermotor-Aus. Diese stellt für Bundesverkehrsminister Volker Wissing und die FDP einen wichtigen Schaufenster-Erfolg dar.

Dennoch bleibt Konfliktpotenzial: Die Grünen fordern den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und eine Senkung der Emissionen auf den Straßen. Die FDP legt sich quer bei Themen wie dem Tempolimit oder der Reform der Dienstwagenbesteuerung. Zudem geben sich die Liberalen als Hüter der Pendlerpauschale, die ihre Koalitionspartner infrage stellen.

Das vom Umweltbundesamt geforderte Bonus-Malus-System für neu zugelassene Pkw – ausgehend vom CO₂-Ausstoß – bleibt ebenfalls strittig. Das Bundesfamilienministerium meldet unterdessen einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung. Auch hier bleibt Bundesfinanzminister Christian Lindner zurückhaltend.

INSA sieht hauchdünne Mehrheit für Schwarz-Grün

Unterdessen hat CDU-Chef Friedrich Merz, so die „Welt“, auf einem Regionaltreffen seiner Partei in Linstow aufhorchen lassen. Unter anderem mit Blick auf das anstehende Grundsatzprogramm habe er eine „Rede gehalten, die auch von einem Grünen stammen könnte“.

So sei für Merz die Klimaneutralität Deutschlands bis spätestens 2045 „nicht verhandelbar“. Zudem müsse sich die Union Fragen stellen wie „Verbrauchen wir zu viele Ressourcen?“ oder „Sind wir ausreichend nachhaltig?“. Auch die soziale Komponente müsse die Union wieder stärker in den Vordergrund stellen.

Eine unmittelbare Machtoption für den Fall eines Scheiterns der Ampel im Koalitionsausschuss gibt es für ihn noch nicht. Für einen fliegenden Koalitionswechsel hin zu Schwarz-Grün fehlt es im derzeitigen Bundestag an der Mehrheit. Es wäre lediglich einer zu Jamaika möglich, um Merz ohne vorherige Wahl zum Bundeskanzler zu machen. Die FDP dürfte dafür jedoch nicht noch den Rest an Glaubwürdigkeit riskieren – zumindest nicht, wenn die Ampel an grün-gelben Konflikten scheitern sollte.

Einer aktuellen INSA-Umfrage zufolge hätten Union und Grüne allerdings im Fall einer Neuwahl eine hauchdünne gemeinsame Mehrheit. Zumindest für den Fall, dass die Linkspartei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert.



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