Keine Impfung, keine Anerkennung – Lauterbach sorgt für Eklat auf Demo
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bei vielen Pflegekräften mit seiner Rede das Fass zum Überlaufen gebracht. Am Rande der Gesundheitsministerkonferenz in Magdeburg fand am 22. Juni eine Kundgebung der Gewerkschaft ver.di statt. Die Beteiligten forderten bessere Patientenversorgung und mehr Personal. Zum Missfallen des Bundesgesundheitsministers waren auch impfkritische Pflegekräfte unter den 400 Teilnehmern.
Schon als der Bundesgesundheitsminister ans Mikrofon tritt, sind klare Rufe der Ablehnung gegen seine Person unüberhörbar. Immer wieder ertönen Pfiffe. Lauterbach scheint davon unbeeindruckt. Sein Blick liegt zielgerichtet auf eine Menschenmasse vor ihm. Er dankt ihnen für ihren Beitrag in den letzten zwei Jahren und dafür, „dass die Menschen, die krank geworden sind, überlebt haben, dass wir durch die Pandemie gekommen sind in einer Art und Weise, wie es vielen anderen Ländern nicht gelungen ist“.
Dann zeigt er mit ausgestrecktem Arm in Richtung der Pflegekräfte, die lautstark gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht demonstrieren, und ruft:
„Diejenigen, die hier gegen die Impfung protestieren, haben dazu keinen Beitrag geleistet und sollten eigentlich nicht hier sein. Sie haben kein Recht, hier zu sein! Hier sind diejenigen, denen wir den Erfolg verdanken. Sie haben keinen Beitrag geleistet. Und ich finde, es ist eine Unverschämtheit, dass Sie noch die Stirn haben, hier die berechtigte Demonstration derjenigen zu missbrauchen, die gearbeitet haben, die es jetzt wieder tun, die wirklich belastet sind. Ihre Arbeit hat keinen Beitrag geleistet.“
Begleitet wird dieses klare Statement des Ministers gegen alle impfkritischen Pflegekräfte von Buh-Rufen.
Twitterhashtag erhitzt Gemüter
Auf Twitter würdigt man Lauterbachs Worte mit dem Hashtag #lauterbachmussweg. Der bekannte bayerische Epidemiologe Dr. Friedrich Pürner schreibt auf Twitter: „Nach seiner verletzenden Aussage über ungeimpftes Personal im Krankenhaus steht fest, wie Lauterbach über Ungeimpfte denkt. Zeitgleich jammern er und andere Politiker über Pflegenotstand. […] Der Mangel ist hausgemacht.“
Nach Pürners Auffassung kam mit Corona für Verantwortliche, die einmalige Gelegenheit, die Fehler im Krankenhausmanagement zu vertuschen. „Geldgier und unbarmherzige Personalführung haben die Misere verursacht – nicht Corona“, so der Autor des Buches „Diagnose Pan(ik)demie“.
Der Epidemiolge bezeichnet Lauterbach als „einen Spalter der Gesellschaft“, der Geimpfte und Ungeimpfte gegeneinander aufhetzt. Pürner fordert: „Bitte entschuldigen Sie sich für Ihre verletzende Aussage und treten Sie zurück. Was Sie veranstalten, ist unwürdig.“
Die Rechtsanwältin Jessica Hamed twittert:
„Es scheint, als diffamiere @Karl_Lauterbach ungeimpfte Pflegekräfte bei dem #verdi Streik.“ Mit seiner Äußerung dokumentiere der Minister, dass ungeimpften oder impfkritischen Mitmenschen keinen Respekt entgegengebracht werden müsse – „trotz des immer deutlicher sichtbar werdenden Problems massiver Impfnebenwirkungen und dem Umstand, dass eine Impfung keinen relevanten Fremdschutz vermittelt“.
Felicia Binger, die kürzlich als Impfgeschädigte auf Instagram Lauterbachs Rücktritt forderte, schreibt:
Ein anderer äußert: „Frag nicht, wie es nach solchen Worten Kollegen von mir heut geht, die in der Deltawelle alles für Fremde getan haben, um Ihnen zu helfen. Sie haben in dieser Zeit weder auf sich und ihre Gesundheit noch Familien geachtet. Und dann so ein Schlag ins Gesicht.“
Eine Userin meldet: „In Österreich wurde heute das Aus der Impfpflicht beschlossen. Kämpft, wir haben es mit dem Widerstand geschafft.“
Ver.di dankt Lauterbach für Einsatz
Von den harschen Worten gegen ungeimpfte Pflegekräfte ist auf der ver.di-Website nicht viel zu lesen. Dort heißt es: „Lauterbach dankte zunächst den Gesundheitsbeschäftigten für ihren Einsatz in der Pandemie. Anders als diejenigen, die gegen Corona-Impfungen protestierten – von denen in Magdeburg einige versuchten, die Kundgebung zu stören – hätten die Pflegekräfte in den vergangenen zwei Jahren mit dafür gesorgt, dass Deutschland besser durch die Pandemie gekommen sei als viele andere Länder.“
Sylvia Bühler vom ver.di-Bundesvorstand begrüßte den von Lauterbach versprochenen „ganz großen Schritt für mehr Personal und Entlastung im Krankenhaus“. Seit zweieinhalb Jahren liege die PPR 2.0 auf dem Tisch des Bundesgesundheitsministeriums, in der es um bedarfsgerechte Personalbemessung in der Krankenpflege geht. „Dass Lauterbach nun anpackt, was sein Vorgänger Jens Spahn sträflich ignoriert hat, ist überfällig. Das ist ein großer Erfolg unserer jahrelangen Aktionen und Proteste für mehr Pflegepersonal im Krankenhaus“, so Bühler.
Pflege für Aufklärung fordert Lauterbachs Rücktritt
Ganz anders sieht es Werner Möller, Intensivpfleger, Atmungstherapeut und Mitbegründer der Initiative „Pflege für Aufklärung“. Seit 30 Jahren versorgt er schwerkranke Patienten auf Intensivstationen, darunter auch diejenigen mit den schwersten COVID-Verläufen. Im Jahr 2020 gründete er mit seinem Kollegen Christian die Initiative „Pflege für Aufklärung“, um Menschen über Corona aufzuklären und sich für die Interessen seines Berufes einzusetzen.
Lauterbachs Botschaft an impfkritische Pfleger sind in Möllers Augen der „Gipfel der Frechheit und eine Kriegserklärung an unsere Kompetenz und Expertise“. Vehement wehrt sich der Intensivpfleger dagegen, dass die Qualität seiner Arbeit nun mit einem Impfstatus beurteilt wird und sein Beruf davon abhängen soll.
Seit Beginn der COVID-Impfkampagne sehen wir im Netzwerk Menschen, die im kausalen und zeitlichen Zusammenhang an der Impfung gestorben sind oder schwere Komplikationen erlitten haben“, so Möller.
Die Versorgung in allen Bereichen der Pflege funktioniere nur in einem gesunden Team. Diese seien jedoch durch den jahrelangen Personalmangel extrem beansprucht oder gar zerstört. „Mit seinen Äußerungen treibt Lauterbach dies weiter voran und gefährdet damit noch mehr die Versorgung kranker Menschen in Deutschland.“
„Die Personalproblematik in der Pflege, verursacht durch die lobbyistische und desaströse Krankenhaus-Finanzierung der DRGs, an deren Einführung auch Lauterbach beteiligt war, wird jetzt verstärkt durch ein drohendes Berufsverbot von über 100.000 Pflegeexperten. Dadurch verschärft sich der Personalmangel noch weiter“, kritisiert der Atmungstherapeut.
Möller bemängelt, dass die meisten Arbeitgeberverbände sich noch immer nicht hinter ihre Mitarbeiter stellen. „Wie uns aus internen Quellen bekannt ist, werden auch die Berufsfachverbände durch Politik und Ärztekammer unter Druck gesetzt, für die einrichtungsbezogene Impfpflicht zu stimmen. Lauterbach treibt Menschen in eine gefährliche Impfung, leugnet deren Risiken und Nebenwirkungen und schert sich nicht um die Toten und Verletzten. Er müsste längst seine Approbation verlieren.“
Die Initiative „Pflege für Aufklärung“ fordert Lauterbachs Rücktritt – „bevor er noch mehr Schaden anrichtet“. Ein Minister, der derart Experten und einen ganzen Berufsstand verhöhne und versuche zu spalten, dürfe kein Regierungsamt bekleiden.
[Anm.d.Red.: Die Tweets wurden teilweise redaktionell zur besseren Lesbarkeit überarbeitet.]
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