Keine Zeit: Schwesig lehnt Gespräche mit Bürgerinitiative auf Rügen ab

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin lehnt Einladung bei LNG-Gegnern auf Ostseeinsel ab. Umwelthilfe prozessiert vor Bundesverwaltungsgericht gegen den geplanten Terminalbau.
Gegen das geplante Rügener Flüssigerdgas (LNG)-Terminal regt sich Kritik der Inselbewohner.
Der Protest gegen das geplante Rügener Flüssigerdgasterminal dauert an.Foto: Stefan Sauer/dpa
Von 4. November 2023

Der Widerstand der Bürger auf Rügen gegen den Bau eines LNG-Terminals scheint ungebrochen. Während die Deutsche Umwelthilfe beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine ausführliche Klagebegründung gegen die Genehmigung des ersten Seeabschnitts der LNG-Anbindungspipeline eingereicht hat, setzt die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen nicht nur ihre Proteste fort, sondern hat nun auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig im Visier. Zu einem Gespräch wollten die Aktivisten die SPD-Politikerin einladen, doch die lehnte ab, wie der „Nordkurier“ berichtet.

Brief an den Umweltminister

Aber zunächst der Reihe nach: In einem Brief an Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD) schreibt Thomas Kunstmann von der Bürgerinitiative: „Es ist nach wie vor völlig unverständlich, dass im Rahmen der Genehmigungsverfahren für den Bau der LNG-Pipeline durch den Greifswalder Bodden bzw. vor Rügen keine ökologischen Beeinträchtigungen festgestellt wurden und auch auf Einwendungen lapidar vom Bergamt Stralsund erklärt wird, es gebe keine erheblichen Beeinträchtigungen.“ Die Genehmigungspraxis des Bergamtes Stralsund und deren Ergebnisse in Bezug auf ökologische Fragen und solche des Meeresschutzes seien daher unabhängig zu überprüfen.

Meinungen von Experten seien unberücksichtigt geblieben. Das habe man im Verlauf des Prozesses mehrfach erleben können, so Kunstmann. Das gelte etwa für Studien und Aussagen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), die – anders als die dem Bundeswirtschaftsministerium zugeordnete Bundesnetzagentur – keine Gasmangellage sähen.

Variante mit größtmöglichem Eingriff in die Natur gewählt

In ihrem Brief an den Minister betonte die Bürgerinitiative zudem, dass Meeresbiologe Prof. Henning von Nordheim darauf hingewiesen habe, dass für die Verlegung der Pipeline die Variante gewählt wurde, die den größtmöglichen Eingriff im Meeresboden darstelle.

„Die Pipeline wird auf der gesamten Länge vergraben und damit wird ein ganzer Kanon von verschiedenen Eingriffsfaktoren auf die Meeresumwelt wirksam. Dazu zählt vor allem, dass ein geschütztes Riff durchbrochen wird“, heißt es in dem Schreiben.

Mit Ministerpräsidentin Schwesig habe man nun über die Pläne sprechen wollen, doch die ließ absagen. Zeitliche Gründe vor dem Hintergrund ihrer neuen Funktion als Bundesratspräsidentin (für ein Jahr, seit dem 1. November 2023) ließen eine Stippvisite nach Rügen nicht zu. Nun müssen die LNG-Gegner mit Backhaus vorliebnehmen, denn der soll den Termin nun übernehmen, so der „Nordkurier“ weiter.

Landesregierung im steten Austausch mit Initiative

Regierungssprecher Andreas Timm warb um Verständnis: „Die Ministerpräsidentin nimmt selbstverständlich auch während ihrer Bundesratspräsidentschaft viele Termine in MV wahr. Kommende Woche stehen neben der Kabinettssitzung beispielsweise ein Besuch des Grenzhuses in Schlagsdorf zur Erinnerung an die Öffnung der innerdeutschen Grenze am 9. November, das Wohltätigkeitsessen ,Tischlein Deck Dich‘ und der Unternehmerball Vorpommern auf dem Programm. Wir bekommen allerdings deutlich mehr Terminanfragen, als die Ministerpräsidentin erfüllen kann.“

Sprecher Timm verwies darauf, dass es Terminübernahmen durch Minister auch bisher schon gegeben habe. Und so werde es auch während der Präsidentschaft Schwesigs sein. Der Regierungssprecher betonte zudem, dass die Landesregierung sich in regelmäßigem Austausch mit der Bürgerinitiative befinde.

Die Gespräche führe vor allem der Parlamentarische Staatssekretär für Vorpommern und das östliche Mecklenburg, Heiko Miraß (SPD). Timm erinnerte daran, dass sich die Landesregierung im Bundesrat gegen die Aufnahme von Sassnitz ins LNG-Beschleunigungsgesetz und damit gegen die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausgesprochen habe. An dieser Haltung habe sich nichts geändert.

Umwelthilfe kritisiert unvollständige Unterlagen

Bereits am Montag, 30. Oktober, hatte Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe, scharfe Kritik an dem Genehmigungsverfahren geäußert: „Wir haben Dokumente und Protokolle aus Besprechungen der beteiligten Behörden, also Stalu (Staatliche Ämter für Landwirtschaft und Umwelt, Anm. d. Red.), Bergamt Stralsund und Landesumweltministerium eingesehen. Auch interne Vermerke und Aktennotizen aus den genannten Behörden haben wir gelesen.“

Es habe sich dabei gezeigt, dass die Dokumente unvollständig seien. So würden in Protokollen beispielsweise Rechtsgutachten zitiert, die dann aber in den der DUH zugänglich gemachten Dokumenten nicht enthalten seien, erläuterte Zerger.



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