Koalition in Berlin beschließt entschärften Plan für den Mietendeckel – Stress für Behörden absehbar

Lompscher betonte, mit der Einführung eines Mietendeckels "betreten wir juristisches Neuland, mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten". Das sei allen Beteiligten bewusst.
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Mietshaus in Berlin.Foto: Tim Brakemeier/dpa
Epoch Times30. August 2019

Die Regierungskoalition in Berlin hat den Plan von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) für einen rigorosen Mietendeckel deutlich entschärft. Lompscher selbst stellte am Freitag die „Ergebnisse der Verständigung in der Koalition“ vor. Demnach soll die Mietobergrenze bei 9,80 Euro pro Quadratmeter liegen und nicht bei 7,97 Euro. Auch sollen die Mieten nicht rigoros für fünf Jahre eingefroren werden – „moderate“ Erhöhungen in Höhe der Inflation sollen bis zur Obergrenze möglich sein.

Lompscher betonte, mit der Einführung eines Mietendeckels „betreten wir juristisches Neuland, mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten“. Das sei allen Beteiligten bewusst. „Es ist aber keine Option, die Mietpreisentwicklung und damit die existenzielle Entscheidung darüber, ob Menschen in unserer Stadt ihr Zuhause verlieren, dem Markt zu überlassen.“

Der rot-rot-grüne Senat hatte Mitte Juni Eckpunkte für einen Deckel bei Wiedervermietungen beschlossen.

Lompscher legte einen ersten Entwurf vor, der nach Bekanntwerden am vergangenen Wochenende für heftige Kritik sorgte. Auch die Koalitionspartner SPD und Grüne gingen auf Distanz.

Bei einem Koalitionstreffen wurde nun ein Referentenentwurf beschlossen. Demnach gilt ab Beschluss des Mietendeckels, also dem 18. Juni 2019, ein Mietenstopp. Die Mietenobergrenze variiert je nach Alter eines Gebäudes zwischen 5,95 Euro und 9,80 Euro für normal ausgestattete Wohnungen. Basis ist der Mietspiegel 2013, nicht wie zunächst geplant von 2011.

Zuschläge auf die Obergrenze in Höhe von zehn Prozent sind für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern möglich. Bis zu 1,40 Euro pro Quadratmeter mehr dürfen Vermieter demnach nehmen, wenn sie das Gebäude in den zurückliegenden 15 Jahren modernisiert haben.

Mieter können auf Antrag eine Senkung ihrer aktuellen Miete durchsetzen – dafür muss ihre bisherige Nettokaltmiete höher als 30 Prozent des Haushaltseinkommens sein. Soziale Härtefälle sollen einen Zuschuss zur Miete bekommen.

Vermieter sollen Modernisierungskosten bis zu 1,00 Euro pro Quadratmeter beim Bezirksamt melden – wenn die Kosten höher sind, müssen sie dem Entwurf zufolge auf Erforderlichkeit und Angemessenheit geprüft und dann genehmigt werden. Für Vermieter gibt es eine „wirtschaftliche Härteklausel“: Wenn sie nachweisen können, dass ihr Gebäude verfällt oder in der Substanz gefährdet ist, dürfen sie auf Antrag Mieten auch oberhalb der Obergrenze nehmen.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte nach Bekanntwerden von Lompschers Entwurf betont, ein Gesetzentwurf müsse „rechtssicher“ sein.

Die Linke im Bund hingegen stellte sich klar hinter Lompscher. Parteichefin Katja Kipping erklärte am Freitag, es sei „ganz offensichtlich, dass die Beton- und Immobilienlobby“ den Mietendeckel kippen wolle. Umso wichtiger sei, dass es mit der Linken in der Berliner Landesregierung eine Partei gebe, die verlässlich an der Seite der Mieterinnen und Mieter stehe.

Der Berliner Mieterverein erklärte, er sei „weitgehend zufrieden“ mit den Vorschlägen und „optimistisch, dass den Mietern Berlins alsbald ein gutes Instrument gegen die Mietenexzesse zur Verfügung steht“.

Die jetzt vorgelegten Kernpunkte des geplanten Gesetzes entsprächen fast vollständig den Vorschlägen des Berliner Mietervereins.

Der Mietenexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Jan-Marco Luczak (CDU), billigte der Linkspartei eine geschickte Strategie zu: „Erst wird ein radikal überzogener Entwurf lanciert. Nach dem einkalkulierten Sturm der Entrüstung wird dieser dann widerwillig entschärft.“ Doch auch der veränderte Mietendeckel greife massiv in das Eigentum privater Kleinvermieter ein und sei verfassungswidrig.

Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst, erklärte, der Mietendeckel sei „der absolut falsche Weg“. Die ohnehin schon überforderten Berliner Behörden könnten die Überprüfungen zudem gar nicht leisten.

Im Referentenentwurf heißt es, die Bezirksämter in Berlin könnten sich Unterstützung durch die Investitionsbank und gegebenenfalls „weiterer Beliehener“ bedienen. Der Entwurf soll laut Lompscher am 2. September in die Verbändeanhörung gehen. Ein Senatsbeschluss sei für Mitte Oktober vorgesehen.

(afp)



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