Kölner Anwälte raten zu Schadensersatz-Klagen für rechtswidrige Corona-Quarantäne

Die Anordnung einer Quarantäne für nachweislich gesunde Menschen mit negativem PCR-Test ist rechtswidrig, erklärt Rechtsanwalt D. Rogert. Die in Köln ansässige Anwaltskanzlei Rogert & Ulbrich rät, Schadensersatz und Schmerzensgeld einzuklagen. Es habe zu keiner Zeit eine Rechtsgrundlage dazu gegeben, nicht Corona-Infizierte auf Verdacht abzusondern.
Von 14. März 2021

Die Rechtsanwaltskanzlei Rogert & Ulbrich aus Köln will Verbrauchern in Deutschland helfen, Schadensersatz und Schmerzensgeld für Schäden geltend zu machen, die von rechtswidrigen Quarantäne-Anordnungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie herrührten.

Dies, so teilen die Anwälte auf ihrer Webseite mit, könnte vor allem Reisende betreffen, die sich nach ihrer Rückkehr aus einem Urlaub im Ausland im Vorjahr in Quarantäne begeben mussten – ohne dass überhaupt getestet worden wäre, ob eine Infektion vorlag.

Pauschale Benachteiligung von Reiserückkehrern

Mittlerweile haben es auch Höchstgerichte als rechtswidrig beurteilt, dass auch gesunde Reiserückkehrer pauschal in Quarantäne geschickt wurden. Auch in Fällen, in denen eine solche auf bloßen Verdacht eines möglichen Kontakts mit Corona-positiv getesteten Menschen hin verfügt worden war, sehen die Juristen Potenzial für erfolgreiche Klagen.

Bereits im November 2020 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster in seinem Urteil zu Az. 13 B 1770/20 eine in Nordrhein-Westfalen geltende pauschale Quarantäne für Reiserückkehrer aus Risikogebieten für unrechtmäßig erachtet. Dies umso mehr, als in einigen Reiseländern zu diesem Zeitpunkt der Corona-Inzidenzwert niedriger war als in Deutschland selbst.

Der damals geltenden Regelung in der „Coronaeinreiseverordnung“ zufolge war es vorgeschrieben, dass sich Personen unverzüglich nach ihrer Wiedereinreise nach Deutschland in Absonderung begeben, wenn sie sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem als solchem definierten Risikogebiet aufgehalten hatten.

Weniger Corona-Fälle auf den Balearen als zu Hause

Zu diesen hatten damals beispielsweise auch die Balearen gehört, wo der Antragsteller zum Anlassfall vor dem OVG Münster im November 2020 Urlaub gemacht hatte. Dort war die Sieben-Tage-Inzidenz damals deutlich niedriger als an seinem Wohnort in Bielefeld.

Der Senat hat dem Westfalen Recht gegeben und die geltende Regelung als voraussichtlich rechtswidrig eingestuft, weil sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße und unverhältnismäßig sei.

Die Regierung hätte darlegen müssen, dass und allenfalls warum eine Einreise als solche zusätzliche Infektionsgefahren begründe – insbesondere vor dem Hintergrund der noch höheren Inzidenzwerte in NRW selbst und in Deutschland insgesamt. Die Zahlen ließen demgegenüber die Schlussfolgerung zu, dass zu Hause zu bleiben eine statistisch mindestens ebenso große Infektionsgefahr nach sich gezogen hätte wie die Reise und der Aufenthalt auf den Balearen.

Wenn in den Zielgebieten allerdings kein höheres Infektionsrisiko herrsche, sei eine verpflichtende und pauschale Quarantäne aber auch nicht geeignet, einen nennenswerten Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu leisten, weshalb die Norm voraussichtlich als rechtswidrig zu qualifizieren sei.

Anwälte sprechen von Freiheitsberaubung

Die Kölner Anwälte, so berichtet unter anderem die „Rheinische Post“, wollen nun jedoch auch für Betroffene der Zwangsquarantäne Schadensersatz und Schmerzensgeld einklagen.

Dr. Marco Rogert betont, eine Quarantäne-Anordnung für nachweislich gesunde Menschen mit negativem PCR-Test sei rechtswidrig – und das Fehlen einer Infektion und Ansteckungsgefahr könne keinerlei Rechtfertigungsgrund schaffen für eine so weitreichende Freiheitsbeschränkung, die noch dazu mit einer Sanktionsdrohung von bis zu 25.000 Euro und sogar mit Einlieferung in eine geschlossene Einrichtung belegt war.

Den Juristen zufolge stelle die erzwungene Absonderung eine Freiheitsberaubung im Sinne von § 239 StGB und Pflichtverletzung im Sinne des § 839 BGB dar. die Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche begründe.

Schadensersatz für Verdienstentgang, Schmerzensgeld für immaterielle Folgen

Die Ersatzansprüche, so Tobias Ulbrich, bezögen sich beispielsweise auf Fälle eines Verdienstentgangs. Der Anspruch auf Schmerzensgeld gegenüber dem verantwortlichen Bundesland beziehe sich demgegenüber auf die Folgen der Freiheitsbeschränkung:

Eine Quarantäne zieht mannigfaltige psychische, soziale und existenzielle Auswirkungen nach sich, das muss Berücksichtigung finden.“

Die Höhe der Sätze richtet sich nach bis dato von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Maßstäben.

Aufgrund dieser gehen die Anwälte davon aus, dass je nach der Intensität der Beeinträchtigung im Einzelfall den Betroffenen ein Schmerzensgeld in Höhe von 100 bis 500 Euro pro Quarantänetag und betroffener Person zustünden. Gleiches gelte auch für vermutete, aber nicht nachgewiesene Kontakte mit Infizierten als Grundlage für Quarantäneanordnungen.

Individuelle Betrachtung und Tatsachenerhebung vor Quarantäne unverzichtbar

„Reiserückkehrer pauschal in häusliche Quarantäne zu schicken ist Unsinn, denn die Reise als solche führt ja nicht zu einer Gefährdung, sondern nur eine höhere Anzahl von Kontakten mit potenziell Infizierten“, führt Ulrich weiter aus. Es sei jedoch nicht zwingend anzunehmen, dass eine Reise auch zu einer höheren Anzahl an Kontakten führe und damit zu einem höheren Infektionsrisiko:

Das muss individuell betrachtet werden, wird aber derzeit in den Corona-Verordnungen pauschal unterstellt. Das ist schlicht falsch und damit unrechtmäßig.“

Eine ausreichende Tatsachengrundlage für das Vorgehen der Exekutive sei aber gar nicht erst erhoben worden, obwohl das Bundesverwaltungsgericht bereits 2012 in seiner Entscheidung zu Az. 3 C 16.11 auch im Zusammenhang mit der Verbreitung einer ansteckenden Krankheit eine solche gefordert hatte.

Ein Freitesten für gesunde Abgesonderte wäre erst nach frühestens fünf, im Fall vermuteter Kontakte sogar erst nach zehn Tagen möglich gewesen.

 

 

 



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