Körperwelten darf nicht Pflicht sein: Brandenburg schützt Schulkinder vor Grusel-Exkursionen

Gunther von Hagens „Körperwelten“ eröffneten vor einer Woche ihr ständiges „Menschen Museum“ am Berliner Alexanderplatz. 200 Teil- und 20 Ganzkörperplastinate enthält die Ausstellung.
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Eine „Körperwelten“-Austellungen in Brno, Tschechien.Foto: RADEK MICA / AFP / Getty
Epoch Times26. Februar 2015

Gunther von Hagens „Körperwelten“ eröffneten vor einer Woche ihr ständiges „Menschen Museum“ am Berliner Alexanderplatz. 200 Teil- und 20 Ganzkörperplastinate, sprich echte Menschenleichen, enthält die Ausstellung, welche der Berliner Bezirk Mitte noch immer gerichtlich verbieten lassen will.

Auch das Land Brandenburg hat nun Schritte gegen die Leichen-Schau unternommen, allerdings indirekte: Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, wurde ein Verbot erlassen, welches festlegt, dass Brandenburgische Schulkinder nicht zu Unterrichtszwecken in die Ausstellung geführt werden dürfen. Freiwillige Exkursionen im Rahmen von Klassenfahrten sind jedoch möglich.

Günter Baaske (SPD), Ressortchef des Bildungsministeriums in Potsdam, setzt damit die Politik seiner Vorgänger fort, die verpflichtende Schulbesuche bei einer Brandenburger Körperwelten-Ausstellung verboten hatten.

„Man kann kein Kind dazu zwingen“

Für Brandenburgs Kinder wird es nun keine Leichen-Exkursionen im Biologieunterricht geben. „Man kann kein Kind zwingen, diese kommerzielle Ausstellung im Rahmen des Unterrichts zu besuchen – ganz abgesehen von der ethischen Diskussion“, wurde das Bildungsministerium von AFP zitiert.

In Berlin handhabt man es anders: Dort sollen laut Bildungssenat die Schulen selbst entscheiden, ob sie einen Besuch im Unterricht erlauben. Die Schulen wüssten „selbst am besten, was sie ihren Schülern zumuten können“, sagte ein Sprecher der Berliner Oberstufenzentren zur „Berliner Morgenpost“.

Die Austellungsmacher erhielten laut eigenen Angaben bereits zahlreiche Anfragen von Schulklassen. Eine Altersbeschränkung für die Leichen-Schau gebe es nicht, allerdings werde ein Besuch erst ab 14 Jahren empfohlen. Exponate, die als verstörend empfunden werden könnten, befänden sich in abgetrennten Räumen.

Eltern raten auf Foren ab

In Internetforen wird vor allem die Frage gestellt, ab wann man Kinder in die Leichen-Ausstellung schicken kann – und nicht, ob diese vielleicht bleibende Schäden beim Betrachter anrichten könnte. Viele User, welche die Austellung selbst als Teenager gesehen haben, raten auf Elternforen jedoch davon ab, Kinder mit in die Ausstellung zu nehmen.

„Es ist damit wie bei vielen Dingen, die am Tag aufregend und spannend sind, bei Nacht jedoch ganz anders aussehen“, schrieb die Mutter eines Zwölfjährigen. Die Stadt Aachen ließ im Jahr 2009 die Werbeplakate für eine Kölner „Körperwelten“-Schau entfernen, nachdem Eltern protestiert hatten, deren Kinder bereits vom Anblick des Plakates traumatisiert waren und Alpträume bekommen hatten.

Moralische Bedenken

Eine weitere große Frage, welche jedoch von der Politik nicht explizit erwähnt ist, ist die Herkunft der ausgestellten Leichen. Der Spiegel hatte im Jahr 2004 Gunther von Hagens Geschäftsaktivitäten sehr kritisch beleuchtet – vor allem die Frage, woher Hagens die ganzen Körper bekommt. Allein der Materialbestand einer mittlerweile geschlossenen Fabrik in Dalian verzeichnete laut Spiegel im November 2013 insgesamt „647 komplette Leichname (…) 3909 Leichenteile wie Beine, Hände oder Penisse (…) und 182 Föten, Embryos und Neugeborene mit Seriennummer, Größe, Alter und Geschlecht“. „Etwaige Fehler der Ware Mensch in den Tanks und Tiefkühltruhen seiner chinesischen Dependance“ seien mit Hinweisen wie „Schädel offen“ oder „Hals gebrochen“ registriert, so der Spiegel.

Und auch die Zeitung Welt stellte daraufhin die Frage: „Hat von Hagens Hinrichtungsopfer plastiniert?“. Der Berliner Bezirksbürgermeister Hanke kämpft derweil mit juristischen Mitteln weiter gegen von Hagens „Menschen Museum“. Diese Leichen-Show „gehört sich nicht, weder juristisch noch ethisch“, sagte er zu EPOCH TIMES in einem Telefonat. Neben der Rechtsverletzung des Bestattungsgesetzes sieht Hanke die Menschenwürde der ausgestellten Verstorbenen verletzt. Er könne keinen Gewinn für die Bildung der Besucher darin sehen. Medizinisch fundierte Ausstellungen gäbe es in der Charité oder im Naturkundemuseum.

„Woher hat er ein Baby in der Größe meines Sohnes?“

Journalist Ethan Gutmann, Autor des Buches „The Slaughter“ („Das Schlachten“) beschrieb die fragwürdige Faszination der Schau wie folgt: „Ich habe keine Ahnung, wo von Hagens ein Baby in der Größe meines Sohnes herangeschafft hat, doch der ausgewiesene Zweck seiner Ausstellung ist Gesundheitserziehung, und ich höre das Wispern der wissenschaftlichen Rechtfertigung – ‚ist das nicht das Geheimnis des Lebens? Deine Neugier ist gut. Sie erteilt dir die Absolution ‚.“

Gutman beleuchtet in seinem Buch (das überwiegend von staatlich organisiertem Organraub in China handelt) auch den Handel mit Leichen und Leichenteilen. Er ist ein erklärter Gegner der Körperwelten-Schau. (rf)



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