Bundesregierung will Konfuzius-Instituten Grenzen setzen – Wie ernst nehmen Unis die Warnungen?

Die Bundesregierung will die chinesische Einflussnahme an deutschen Hochschulen durch sogenannte Konfuzius-Institute eindämmen. Die ursprünglich 19 Kooperationen zwischen deutschen Hochschulen und den von Peking gelenkten Konfuzius-Instituten in Deutschland sind weiter geschrumpft. Doch gleichzeitig werden die direkten Verbindungen zu chinesischen Partneruniversitäten ausgebaut.
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In Deutschland gibt es 19 Konfuzius-Institute.Foto: Epoch Times
Von 29. Juni 2023


Der „direkten Einflussnahme“ Chinas auf Wissenschaft und Lehre müssten „klare Grenzen“ gesetzt werden, sagte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) dem „Handelsblatt“ vom Donnerstag. Die FDP-Politikerin drängte die unabhängigen Universitäten zu einem Ende der Zusammenarbeit: „Es sollten noch mehr Hochschulen als bisher ihre Verbindungen zu den Konfuzius-Instituten kritisch hinterfragen und ihrer Verantwortung gerecht werden.“

In Deutschland gibt es laut Regierungsangaben 19 Konfuzius-Institute, die mehrheitlich an Hochschulen angesiedelt sind. Dort finden Sprachkurse, aber auch Veranstaltungen zu chinesischer Kultur und Geschichte statt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Einrichtungen in seinem aktuellen Jahresbericht als ein Instrument der politischen Einflussnahme ein. „Im Bereich von Bildung und Forschung drohen Chinas Aktivitäten und Kooperationsformate die akademische Freiheit zu unterminieren“, heißt es in dem Bericht.

Innenministerium: „Aus Sicherheitsgesichtspunkten äußerst kritisch“

Das Innenministerium sieht die Kooperationen „aus Sicherheitsgesichtspunkten äußerst kritisch“. Die Institute dienten innerhalb der Einfluss-Strategie der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) insbesondere dazu, ein „makelloses China-Bild“ zu verbreiten, sagte eine Ministeriumssprecherin dem „Handelsblatt“.

„Eine zumindest indirekte Einflussnahme der KPC auf die Konfuzius-Institute folgt bereits daraus, dass diese zu einem nicht unerheblichen Teil vom chinesischen Staat finanziert werden“, sagte die Sprecherin. Diese Unterstützungsleistung bedeute für kooperierende deutsche Universitäten oftmals eine „erhebliche finanzielle Erleichterung“, berge jedoch gleichzeitig „die Gefahr einer Abhängigkeit und damit der schleichenden Einschränkung der akademischen Freiheit“.

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) bestätigte Versuche der Einflussnahme durch Konfuzius-Institute, etwa an den Standorten Hannover und Duisburg-Essen. Ein „pauschales Verbot der Kooperation“ mit Konfuzius-Instituten scheine ihm jedoch „nicht sinnvoll“, sagte HRK-Präsident Walter Rosenthal dem „Handelsblatt“. Dazu seien die jeweiligen Erfahrungen vor Ort zu unterschiedlich.

Vor diesem Hintergrund wollte Epoch Times herausfinden, wie intensiv tatsächlich deutsche Universitäten und Hochschulen mit den staatlich von Peking gelenkten Konfuzius-Instituten in Deutschland zusammenarbeiten.

Die Befragung zeigt, dass sich die Haltung der deutschen Universitäten und Hochschulen in drei Gruppen einteilen lassen.

Zusammenarbeit mit Konfuzius-Instituten beendet

Da sind einerseits die Einrichtungen, die die Kooperation mit den hauptsächlich von Peking finanzierten und personell ausgestatteten Konfuzius-Instituten beendet haben.

Dazu gehört die Leibniz Universität in Hannover, die im Frühling ihre Zusammenarbeit einstellte. Auslöser dafür war die Absage einer Online-Lesung zur Biografie über den chinesischen Machthaber Xi Jinping durch das Leibniz-Konfuzius-Institut Hannover 2021. Nach Angaben des Verlags wurde die Absage auf Druck aus Peking erteilt.

Daher wurde der Kooperationsvertrag, der bis 31. März 2023 lief, nicht mehr verlängert. Die bestehende wissenschaftliche Kooperation mit der Tongij-Universität in Shanghai will jedoch die Leibniz Universität beibehalten und weiter ausbauen. Es werde dabei ein verstärkter Austausch von Studierenden angestrebt, heißt es.

Auch die Goethe-Universität in Frankfurt/Main verlängerte ihre seit 2008 bestehende Kooperation, die vertraglich bis Ende Februar 2023 gesichert war, nicht mehr. Begründet wurde der Schritt damit, dass man keinen konkreten Mehrwert für das Forschungs- und Lehrprofil der Goethe-Universität sah. Jetzt strebt man eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit der Fudan-Universität in Shanghai an. Bereits seit Längerem gebe es „einen für beide Seiten fruchtbaren studentischen Austausch“, hieß es.

Die gleiche Entscheidung traf auch die Hochschule Stralsund. Sie beendete allerdings ihre Zusammenarbeit – weithin unbemerkt – bereits 2020. Auch hier sah man keinen Mehrwert mehr.

Insgesamt sind damit sechs Universitäten beziehungsweise Hochschulen aus einer Kooperation mit einem Konfuzius-Institut ausgestiegen: Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Stralsund und Trier.

Fortsetzung der Kooperation

Die zweite Gruppe bilden die deutschen Bildungseinrichtungen, die gerade „über die Frage der Fortsetzung der Kooperation“ nachdenken. Dazu gehört zum Beispiel die Georg-August-Universität Göttingen.

Die dritte und größte Gruppe stellen die Universitäten und Hochschulen dar, die an ihrer Kooperation mit den Konfuzius-Instituten aktuell weiter festhalten wollen. Das sind unter anderem die Universität Duisburg-Essen, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die Hochschule Bremen, die Technische Hochschule Ingolstadt, die Universität Leipzig und die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Finanzielle Drittmittel für Universitäten interessant

Dabei wird deutlich, dass die Vermittlung chinesischer Sprache und Kultur nicht das Entscheidende ist, warum deutsche Einrichtungen den Kontakt zu den Konfuzius-Instituten suchen.

Viel wichtiger ist für die deutschen Bildungs- und Forschungseinrichtungen, dass sie über die Konfuzius-Institute eine enge Verbindung zum chinesischen Bildungssystem und zur chinesischen Wirtschaft finden. Denn über staatliche Programme können sie über Forschungsprojekte in ihren Einrichtungen an wichtige finanzielle Drittmittel gelangen.

Genau dies ist allerdings einer der Hauptkritikpunkt für die deutschen Sicherheitsbehörden. Sie befürchten dadurch finanzielle Abhängigkeiten deutscher Universitäten, durch die sie sich erpressbar oder zumindest beeinflussbar machen. Dies würde auch Spionage und Technologieabfluss erleichtern, so ihre Befürchtung.

Die Hochschule Bremen erklärte Epoch Times gegenüber, dass sie die Zusammenarbeit mit dem Konfuzius-Institut nutzt, um bremischen Unternehmen und ihren Mitarbeitern Hintergründe und Instrumente für ihre Zusammenarbeit mit China zu liefern.

Auch soll das Konfuzius-Institut in Bremen dazu beitragen, die Hansestadt als Standort für in- und ausländische Unternehmen mit China-Bezug attraktiv zu machen und Bremen als Zentrum für die Fachsprache Wirtschaftschinesisch auf hohem Niveau weiterzuentwickeln.

Unangenehmen Fragen wird ausgewichen

Die Antworten, die Epoch Times von den deutschen Universitäten und Hochschulen bekam, die in Kooperation mit einem Konfuzius-Institut stehen, spiegeln eine offensichtliche weitverbreitete Naivität wider – insbesondere zu den Zielen und der Strategie, die Peking mit den weltweit verbreiteten Konfuzius-Instituten verfolgt.

So diene das Konfuzius-Institut im Wesentlichen der Vermittlung der chinesischen Sprache und Kultur und von Informationen über das Land, heißt es von der Paderborner Universität.

Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zeigt jedoch in einer Mitteilung zu ihrer frisch um fünf Jahre verlängerten Zusammenarbeit mit dem dortigen Konfuzius-Institut, dass es nicht nur um chinesische Sprache und Kultur geht, sondern auch um eine Partnerschaft im Bereich Wissenschaft und Forschung.

Wird ein objektives China-Bild vermittelt?

Sowohl die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als auch die Universität Duisburg-Essen wichen zudem der Frage aus, wie die Universitäten in der Zusammenarbeit mit dem Konfuzius-Institut sicherstellen würden, dass ein objektives China-Bild vermittelt wird.

Das Gleiche ergab die Frage, ob auch Menschenrechtsverletzungen wie die Verfolgung von Andersdenkenden, von gläubigen Menschen oder ethnischen Minderheiten in China offen in den Instituten thematisiert werden. Unrechtmäßige Kontrolle, Diffamierung und Verfolgung von beispielsweise Uiguren, Christen, Tibetern und Falun-Gong-Praktizierenden in China sind seit Jahren bekannt.

Seitens der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hieß es dazu lediglich, dass die Programmverantwortung dem Konfuzius-Institut obliege. Die Universität Duisburg-Essen erklärte, dass das deutsch-chinesische Direktorium gemeinsam mit den Mitgliedern des Vereins in eigener Verantwortung über die inhaltliche Ausrichtung der Veranstaltungsangebote und Projekte entscheide.

Kritische Auseinandersetzung?

Die Freiburger Universität hingegen erklärt, sowohl am Konfuzius-Institut Freiburg e. V. als auch an der Universität Freiburg erfolge eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Themen.

Leider ist davon weder auf dem YouTube-Kanal (das ältestes Video ist von 2020) des Konfuzius-Instituts noch auf seiner gesamten Website und in der Veranstaltungsübersicht des letzten halben Jahres etwas zu finden. Keines der dortigen Themen, die mit den oben genannten Gruppen in Verbindung steht, ist in irgendeiner Weise dort vertreten, was übrigens für alle Websites der Konfuzius-Institute in Deutschland gilt.

In verschiedenen Ländern wie Schweden, der Schweiz, Belgien oder den USA haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Universitäten die Zusammenarbeit mit den Konfuzius-Instituten beendet. Insgesamt gab es in den vergangenen Jahren über 30 Schließungen von Konfuzius-Instituten weltweit [Epoch Times berichtete].

500 Konfuzius-Institute auf der ganzen Welt

Weltweit sind derzeit 500 Konfuzius-Institute an Hochschulen in 146 Ländern und 1.113 Konfuzius-Klassenzimmer (für Grund- und Mittelschulen) in Betrieb.

Fast alle Konfuzius-Institute sind als ein „Institut“ an den deutschen Universitäten angesiedelt. Geführt wird es dabei in der Regel von einer deutsch-chinesischen Doppelspitze: Also ein Leiter wird von der deutschen Universität bestimmt und der andere von der chinesischen Dachorganisation der Konfuzius-Institute, dem Centre for Language Education and Cooperation (früher Hanban jetzt CLEC). CLEC untersteht dem chinesischen Bildungsministerium und damit dem Parteiapparat der Kommunistischen Partei.

Dabei stellen die deutschen Universitäten in der Regel den Instituten Räumlichkeiten oder Personal zur Verfügung oder finanzieren zum Beispiel den geschäftsführenden Direktor. Als Gegenleistung erbringen die Konfuzius-Institute mit ihren Lehrkräften chinesischen Sprachunterricht an den Universitäten und helfen beim Ausbau und der Beratung des Studentenaustauschs sowie in der Zusammenarbeit mit chinesischen Partnerhochschulen.

Die Konfuzius-Institute stellen sich als Pendant zu den weltweit vertretenen Goethe-Instituten, den „Institut français“ oder den „British Council“ dar.



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