Krah ist AfD-Spitzenkandidat für Europawahl – Höcke sieht sich bei Wahlsieg in Thüringen als Ministerpräsident

Nach einer leidenschaftlichen Rede und tosendem Applaus steht der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl fest. Anders als in den letzten Jahren zeigen sich beim Bundesparteitag und der Europawahlversammlung – statt erbitterten „Grabenkämpfen“ zwischen den unterschiedlichen Lagern in der AfD – Einigkeit und Zusammenhalt.
Maximilian Krah bei seiner Vorstellungsrede als AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl der AfD Europawahlversammlung in der Messe Magdeburg.
Maximilian Krah bei seiner Vorstellungsrede als AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl der AfD-Europawahlversammlung in der Messe Magdeburg.Foto: Carsten Koall/dpa
Von 29. Juli 2023

Die AfD will mit dem Spitzenkandidaten Maximilian Krah in den Europawahlkampf 2024 ziehen und gemeinsam mit anderen Parteien eine „Festung Europa“ bauen. Diese brauche man „zum Schutz unserer Heimat“, sagte Co-Parteichefin Alice Weidel auf der Europawahlversammlung am Samstag in Magdeburg.

Verwirklichen soll das unter anderem der sächsische Europaabgeordnete Maximilian Krah (46), der nach einer mit viel Applaus honorierten leidenschaftlichen Rede und stehenden Ovationen mit 65,7 Prozent Zustimmung auf den ersten Listenplatz gewählt wurde. „Wir sind inzwischen die spannendste Rechtspartei in ganz Europa“, sagte Krah in seiner Bewerbungsrede. Gegen ihn war der weitgehend unbekannte Andreas Otti aus Berlin angetreten. Er erhielt 25,2 Prozent der Stimmen. Insgesamt gab es 9,1 Prozent Nein-Stimmen.

Auf Listenplatz zwei folgt der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron (51, AfD-Bayern), auf den der Thüringer René Aust folgt. Die Wahl der Kandidaten läuft noch. Insgesamt möchte die AfD 30 aufstellen. Aktuell hat die Partei neun Europaparlamentsabgeordnete. Der Wunsch ist, bei der kommenden Wahl elf Plätze zu gewinnen.

Krahs Mitgliedschaft war ausgesetzt

Krahs Kandidatur war in der Partei nicht unumstritten. Im Europäischen Parlament gab es seinetwegen mehrfach Konflikte. Die rechtsnationale Fraktion Identität und Demokratie (ID) hatte ihn zu Beginn des Jahres für drei Monate suspendiert. Dabei ging es um den Vorwurf, dass Krah die Vergabe eines PR-Auftrags der Fraktion manipuliert haben soll.

Seine Mitgliedschaft in der Fraktion war 2022 schon einmal für mehrere Monate ausgesetzt worden. Damals wurde ihm vorgeworfen, dass er im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht Marine Le Pen von der ID-Mitgliedspartei Rassemblement National, sondern öffentlich die Partei des Rechtsaußen Éric Zemmour unterstützte.

Seinen parteiinternen Gegnern warf Krah vor, sie hätten eine monatelange anonyme Schmutzkampagne gegen ihn geführt. Der Jurist ist seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Bis 2016 war er Mitglied der CDU.

Am Wochenende wollen die rund 600 Delegierten im Anschluss noch weitere Plätze auf der Liste besetzen. Aus Parteikreisen hieß es, es könne bis zu 150 Bewerbungen geben. Bundesvorstandsmitglied Mariana Harder-Kühnel sagte, Ziel sei es, mindestens 30 Kandidaten zu wählen.

Versammlung mit Unterbrechung

Entgegen der ursprünglichen Planung wurde zuerst mit der Aufstellung der Kandidaten für die Europawahl begonnen. Das Wahlprogramm soll erst hinterher beschlossen werden. Es wird erwartet, dass sich die Wahl der Kandidaten über mehrere Tage erstrecken wird. Am Sonntag wird die Versammlung unterbrochen, um dann am kommenden Freitag fortgesetzt zu werden.

Am Vortag beim Bundesparteitag gab es eine Abstimmung zum Beitritt der AfD zur europäischen Partei „Identität und Demokratie“. Die Mehrheit entschied sich für einen Beitritt.

Am Samstag sagte Co-Parteichefin Alice Weidel, die EU sei zutiefst undemokratisch und übergriffig, da sie in die private Lebensgestaltung und die Unternehmensgestaltung eingreife.

Sie fordert zudem einen Rückbau der EU-Institutionen. Ziel der AfD auf europäischer Ebene sei ein „Kompetenzrückbau“, sagte Weidel am Samstag vor den Delegierten. „Wir treten ein für die Stärkung der Nationalstaaten innerhalb der EU.“

Eine wichtige Aufgabe für die EU sehe die AfD in der Abwehr von Zuwanderung.

Höcke sieht sich bei Wahlsieg als Ministerpräsident

Der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke forderte am Rande der Versammlung die Abschaffung der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form. „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann“, so der Wahlthüringer.

Björn Höcke, Thüringens Landesvorsitzender der AfD. Foto: Jens Schlüter/Getty Images

Am Rande des Parteitags hob er seinen wachsenden Einfluss auf die Bundespartei hervor. „Ich weiß, wie wichtig meine Arbeit auf Landesebene für die Gesamtpartei ist“, sagte Höcke am Samstag dem Sender „Phoenix“. „Im Osten kann uns der Durchbruch gelingen im nächsten Jahr“, fügte er mit Blick auf die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg hinzu. Das sei „ein wesentlicher Beitrag“ zum Erfolg der AfD.

Höcke hält es für möglich, dass er im kommenden Jahr nicht nur alleiniger AfD-Bundesvorsitzender ist, sondern auch Ministerpräsident in Thüringen. „Wenn der Landesverband mich als Spitzenkandidat aufstellt.“ Auf die Frage nach dem Vorsitz sagte er, diese spiele für ihn „im Augenblick“ noch keine Rolle; derzeit sei er „sehr zufrieden mit der Arbeit des Bundesvorstands“ und stehe hinter den Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla.

AfD in Thüringen hat derzeit 34 Prozent

Auf die Frage nach dem nächsten Ministerpräsidenten in Thüringen sagte Höcke, die AfD in seinem Bundesland wolle „mit Abstand stärkste Kraft werden“. Wenn dies so komme, dann könne es „keine Frage sein“, dass sie den Ministerpräsidenten stelle. Sollte sein Landesverband ihn zum Spitzenkandidaten für die Wahl im September 2024 küren, „müsste der Name der meinige sein“, fügte Höcke hinzu. Sollten andere Parteien eine Koalition mit der AfD ablehnen, werde der Wille der Wähler „mit Füßen getreten“, so Höcke.

Eine Umfrage des Instituts Infratest dimap von Anfang Juli sieht die AfD in Thüringen derzeit bei 34 Prozent, weit vor der CDU mit 21 und der Linkspartei mit 20 Prozent. Eine INSA-Umfrage vom Juli ergab eine Zustimmung von 32 Prozent; hier folgte die Linke mit 22 Prozent auf Platz zwei vor der CDU mit 20 Prozent.

Das Bündnis „Solidarisches Magdeburg“ protestierte gegen die Versammlung der rechts-konservativen Oppositionspartei. Ein Demonstrationszug mit mehreren Hundert Teilnehmern formierte sich am Samstag in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt.

(Mit Material von afp und dpa)



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