Kriminalstatistik Berlin 2022: mehr Jugendkriminalität und Messertaten

Kriminal-Bilanz der Hauptstadt 2022: Generelle Zunahme von Straftaten und höhere Opferzahlen, mehr Gewaltdelikte mit Messern – bei gleichzeitig sinkender Aufklärungsrate. Auch die Jugendkriminalität stieg in Berlin stark an und spiegelt damit den bundesweiten Trend wider. Die Corona-Einschränkungen einerseits und das Ende der Maßnahmen andererseits sollen überwiegend die Gründe sein.
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Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) wird auf Basis der von den Landeskriminalämtern gelieferten Daten erstellt.Foto: Friso Gentsch/dpa
Von 26. April 2023

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2022 für Berlin spricht eine klare Sprache: Die Anzahl der Straftaten in der Hauptstadt ist im Jahr 2022 wieder deutlich angestiegen. Laut Innensenatorin Iris Spanger (SPD) hatte vor allem das Ende der epidemischen Notlage „deutliche Auswirkungen auch auf die Kriminalitätsentwicklung in der Hauptstadt“. Der Anstieg der Straftaten im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 beträgt überdurchschnittliche 7,8 Prozent. Gegenüber dem „Vor-Pandemie“-Jahr 2019 wurde 2022 „nur“ eine Steigerung von 1,2 Prozent verzeichnet. Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik nannte diese Entwicklung deshalb auf der Präsentation der Berliner Kriminalstatistik letzten Freitag eine „Rückkehr zur Normalität“.

Mehr Straftaten, immer weniger davon aufgeklärt

Insgesamt 519.827 Straftaten wurden 2022 in Berlin registriert. Das sind 37.700 mehr als im Jahr 2021 (insgesamt 428.127). Insgesamt wurden gut 14.000 Straftaten pro 100.000 Einwohner begangen. Tendenz steigend.

Die Aufklärungsquote der Taten in der Hauptstadt hingegen stieg nicht, sondern sackte auf 44,9 Prozent ab. Im Vorjahr lag sie noch bei 45,3 Prozent. Zum Vergleich die Aufklärungsquote der bundesweiten Straftaten 2022: 57,3 Prozent. Der Senat formulierte den Abfall der Aufklärungsquote Berlins, der schon vorher im Bundesdurchschnitt unterdurchschnittlich war, auf der Präsentation mit „Aufklärungsquote nahezu gehalten“.

Diebstähle haben an allen Straftaten den höchsten Anteil bei einer nur sehr geringen Aufklärungsquote: Sie machten 2022 über 40 Prozent (41,1 Prozent) aus. Die Anzahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 19,1 Prozent gestiegen. Wobei nur circa jeder fünfte Diebstahl aufgeklärt werden konnte. Mit 21,7 Prozent fällt die Aufklärungsquote relativ gering aus und ist auch nur halb so hoch wie die durchschnittliche Aufklärungsquote aller Delikte.

Wieder mehr Diebstahl und Wohnungseinbrüche durch Ende der C-Einschränkungen

Dabei hat der Diebstahl von Autos beziehungsweise Kraftfahrzeugen um 30,6 Prozent zugelegt, Wohnraumeinbruch um 23,5 Prozent. Diese prozentuale Steigerung im letzten Jahr wurde vor allem dem Wegfall der Corona-Beschränkungen zugeschrieben.

Fast 7.000 Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung gab es im letzten Jahr – das ist eine Steigerung um 4,4 Prozent. Im Jahr 2022 wurden etwa 270 mehr sexuelle Übergriffe, 189 mehr sexuelle Belästigungen, 36 mehr Vergewaltigungen und 18 mehr sexuelle Missbräuche von Kindern als 2021 registriert. „88 Prozent der Opfer sind hier weiblich“, betonte Innensenatorin Spranger bei der Vorstellung der Statistik. Die Täter seien hingegen zu fast 93 Prozent männlich. Der seit Jahren kontinuierlich verzeichnete Anstieg solcher Fälle sei auch auf die gestiegene Bereitschaft zum Anzeigen zurückführen.

Mehr Raubüberfälle: Im Jahr 2022 stieg die Anzahl der Raubdelikte um 23,2 Prozent. So wurden etwa 32,9 Prozent mehr Raubüberfälle in der Öffentlichkeit und 48,4 Prozent mehr Raubüberfälle in Geschäften registriert. Auch hier zeigt das Ende der „Pandemie-Maßnahmen“ mutmaßlich Auswirkungen: Denn abgenommen haben mit nur noch 14,7 Prozent Raubüberfälle in Wohnungen.

Steigerung der Kinderkriminalität – durch Corona?

Auch die Kinder- und Jugendkriminalität hat zugenommen. Die Erklärung dafür wird auch hier in den Belastungen und den Lockdowns während der Corona-Zeit gesucht: Im Jahr 2022 wurde in Berlin ein Anstieg um 20 Prozent registriert.

Bei den unter 21-Jährigen gab es mit 24.700 Tatverdächtigen 4.160 mehr als im Vorjahr. Am stärksten war die Zunahme bei den tatverdächtigen Kindern, von denen 532 mehr als im Vorjahr registriert wurden, sodass die Gesamtzahl nun bei 2.331 lag – ein Plus von gut 34 Prozent. Diese Zahl entspricht in etwa dem bundesweiten Kriminalitätsanstieg bei Kindern. Dies zeigt die zum Anfang des Jahres vorgelegte Kriminalstatistik für ganz Deutschland. Hier stieg die Anzahl der Kinder unter den Tätern (maximal 14 Jahre alt) um circa 35 Prozent (Epoch Times berichtete).

Die Jugendgruppengewalt nahm mit einer Steigerung auf 1.873 Fälle – und damit 366 mehr als im Vorjahr auch erheblich zu, was ein Plus von 24,3 Prozent ausmacht. Mit der Quote der Gewalttäter stieg auch gleichzeitig die Quote der Opfer von Gewalt in dieser Altersgruppe. „Tichys Einblick“ kommentiert dazu:

„Entweder geht es hier um eine Art Verrohung oder um die gezielte Heranziehung Jüngerer, auch nicht strafmündiger Personen für Straftaten. Das dürfte insbesondere in Gruppen und festen Familienstrukturen der Fall sein.“

Zuspitzung: Fast 20 Prozent mehr Messerattacken

Ein weiterer alarmierender Trend ist zunehmende Gewalt gegen Sicherheitskräfte wie Angriffe auf Polizisten und Feuerwehrleute, die 8.726 Fälle ausmachen. Hinzu kommen 307 Feuerwehr- und Rettungskräfte, die im vergangenen Jahr Opfer von Angriffen und Gewalt wurden, was ein Plus von 27,4 Prozent bedeutet. Hier sprach Innensenatorin Iris Spanger (SPD) von einem „sehr bedrückenden Trend“, der auch auf die zunehmende Gewaltbereitschaft während der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen zurückzuführen sei. Bezug auf den riesigen „rosa Elefanten im Raum“, die Ereignisse der Silvesternacht in Berlin zu nehmen, wurde in diesem Erklärungsversuch nicht genommen.

Ein Messer kam als Tatwaffe bei Kriminaltaten 3.317 Mal zum Einsatz. Das waren 540 mehr Taten als noch 2021. Das bedeutet eine Zunahme von 19,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Innensenatorin Sprangers Erklärungsansatz für den kriminellen Einsatz von Messern ist die beispielsweise „angestrebte Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls“ oder auch die gute Verfügbarkeit: „Grundsätzlich sind Messer leicht zugänglich und jederzeit auch verdeckt mitführbar.“

Und wer sind die Täter?

Zu den Tatverdächtigen sind in der vorgestellten Kriminalstatistik vor allem Unterteilungen in Alter und Geschlecht (m/w/d) zu finden – hierbei sind 73,9 Prozent vordergründig männlich und 26,1 Prozent weiblich. Aber es wird auch eine Unterteilung in Deutsche und Nichtdeutsche in der Untersuchung aufgeführt. Die Anzahl der deutschen Tatverdächtigen sank im letzten Jahr leicht um minus 0,7 Prozent. Nichtdeutsche hingegen haben als Gruppe der Tatverdächtigen die mit 19,9 Prozent dritthöchste Steigerung im Vergleich zum Vorjahr – nach Kindern (34 Prozent) und Jugendlichen (27,6 Prozent).

„Der Anteil der Nichtdeutschen an allen Tatverdächtigen erhöhte sich von 42,7 Prozent auf 47,4 Prozent“, ist im Bericht zu lesen und: „Betrachtet man alle Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße, erhöhte sich der Anteil der Nichtdeutschen an allen Tatverdächtigen von 39,4 Prozent auf 41,9 Prozent.“

Von den insgesamt 136.570 Tatverdächtigen im Jahr 2022 in Berlin waren also überproportional viele Nichtdeutsche. Bei der Bewertung dieser Zahl muss mit beachtet werden, dass der aktuelle Ausländeranteil an der Bevölkerung Berlins bei 22,6 Prozent liegt. Das bedeutet, dass ausländische Straftäter deutlich überrepräsentiert sind im Verhältnis ihres Anteils an der Berliner Bevölkerung.

Aber schon Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte bereits auf der Vorstellung der Bundeskriminalstatistik Anfang des Jahres einen sogenanntem Nachholeffekt aus der Corona-Zeit als Grund für das aktuelle kriminelle Allzeithoch in Deutschland.



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