Kritischer Auftritt unerwünscht: Ettlingen sagt Auftritt von Kabarettist Uli Masuth ab

Ob Historiker wie Daniele Ganser oder Künstler wie Roger Waters – wenn man offenbar eine Meinung vertritt, die als politisch inkorrekt empfunden wird, kann es mit Auftritten in Deutschland schwierig werden. Dies bekam nun auch der Wahl-Thüringer Kabarettist Uli Masuth zu spüren. Hier war es allerdings offenbar eine Zeitungsredaktion, die den Stein ins Rollen brachte.
Titelbild
Der Weimarer Kabarettist Uli Masuth.Foto: Andreas Gantenhammer
Von 16. August 2023

Mit einer bunten Mischung aus Musik, Kabarett und Theater in der Reihe „Kultur live“ präsentiert die Stadt Ettlingen (Baden-Württemberg) regelmäßig „jede Menge Kleinkunst“. Von Oktober bis April 2024 sollte es wieder losgehen. Mit dabei, wie bereits zweimal zuvor, sollte auch der mit Preisen ausgezeichnete Kabarettist und Wahl-Thüringer Uli Masuth (66) sein. Der Titel seines Programms: „Lügen und andere Wahrheiten“. Der Vertrag mit dem Kulturamt der Stadt war unterzeichnet, sein Auftritt fest für den 24. Februar des nächsten Jahres auf dem Ettlinger Schloss terminiert.

Doch dann, mitten im Urlaub im sonnigen Andalusien, erhielt er einen Anruf vom Ettlinger Kulturamtsleiter Christoph Bader (seit 2020), wie er Epoch Times berichtet. Der teilte – nach Aussage Masuths – unumwunden, aber freundlich, mit, dass man den Vertrag mit ihm wieder auflösen müsse. „Offenbar, weil die Stadt Druck bekommen hat von den Badischen Neuesten Nachrichten“, so der gebürtige Duisburger zur Epoch Times.

Zuvor hatte ein Artikel der in Baden-Württemberg einflussreichen Zeitung „Badische Neueste Nachrichten“ berichtet, dass die Stadt den Kabarettisten ausgeladen hat. „In Absprache mit dem Oberbürgermeister haben wir entschieden, den Termin mit Masuth zu canceln.“ Für Kabarett dieser Art sei Ettlingen keine Adresse, wurde der Kulturamtsleiter im Artikel zitiert. Masuth sei seit Corona „aktiv“ in der Querdenkerszene in Thüringen unterwegs, erklärt das Medium in seinem Artikel. Und weiter: Auch Veranstalter andernorts hätten sich von ihm schon distanziert.

Ausgeladen wegen regelmäßiger Teilnahme an Montagsspaziergängen?

Was offenbar die Zeitung störte, war, dass der Kabarettist, der zudem Komponist und Pianist ist, „Medienberichten zufolge regelmäßig bei den Montagsspaziergängen von Verschwörungstheoretikern gegen die Coronabeschränkungen“ unterwegs gewesen sei und auch Reden gehalten habe. „Zur Bundestagswahl 2021 stellte ihn die Partei ‚dieBasis‘ als Kandidat auf“, heißt es im Artikel.

Dort gesteht man ein, dass „unsere Redaktion“ Kulturamtsleiter Christoph Bader wenige Tage nach Erscheinen der „Kultur live“-Termine darauf aufmerksam gemacht habe.

Der Gastspielvertrag werde gelöst und die Stadt suche nach einem Ersatz für den Februarabend, zitiert das Medium dann Kulturamtsleiter Bader. Dieser erklärt – offenbar als Rechtfertigung für die ursprünglich getroffene Entscheidung, Masuth zu engagieren – gegenüber der Zeitung: Uli Masuth habe in der Vergangenheit in Ettlingen erfolgreich auf der Bühne gestanden. Eine Notwendigkeit, sich aktuell erneut mit dem Künstler und seinen Aussagen zu befassen, „haben wir daher nicht gesehen“.

Masuth: Stadt ist vor der Presse eingeknickt

Laut Masuth habe der Kulturamtsleiter ihm am Telefon erklärt, dass das Programm ja jetzt stehe und er nicht möchte, dass alle Welt jetzt nur noch über diese Kabarettveranstaltung spreche.

Masuth habe dann nach eigenen Aussagen gesagt, dass das doch die beste Werbung sei. Doch es half nicht. „Man will offenbar nicht, dass der Zuschauer sich eine eigene Vorstellung von dem macht, was ich auf der Bühne mache. Getreu dem Motto eines ehemaligen Bundesinnenministers: Ein Teil meines Programms könnte die Bevölkerung verunsichern.“ 

In Masuths Augen sind Sätze wie: Querdenker sind Nazis, Rechtsextreme, antisemitische Verschwörungstheoretiker nicht mehr als Totschlag-„Argumente“, um sich mit Fakten nicht auseinandersetzen zu müssen. „Das kennt man mittlerweile“, sagt Masuth.

Neu ist, dass Presseorgane Grundrechte wie Kunst- und Meinungsfreiheit ignorieren und darüber bestimmen, wer wo auftreten darf. Und anstatt dagegenzuhalten, ist die Stadt vor der Presse eingeknickt.“

Dettinger Bürgermeister nach Auftritt bewegt

Solch eine Situation erlebt er nicht zum ersten Mal, berichtet Masuth. Im März war ein Kabarettauftritt in Dettingen an der Erms geplant. In diesem Fall sei es aber nicht die Presse, sondern Privatleute gewesen, die Druck aufs Kulturamt ausgeübt hätten. Schließlich hatte auch Dettingens Bürgermeister Michael Hillert (63, parteilos) große Bedenken. 

Anders als in Ettlingen sei jedoch die Kulturamtsleiterin standhaft geblieben, so der in Weimar lebende Künstler. „Uli Masuth war ja schon ein paar Mal hier in Dettingen. Ich habe auch gelesen, was da im Internet steht, aber im Internet steht halt viel. Man muss nicht alles glauben“, soll die Kulturamtsleiterin damals gegenüber dem Bürgermeister argumentiert haben, berichtet Masuth.

Dadurch fand der Auftritt schließlich statt und Bürgermeister Hillert nahm persönlich als Zuschauer an dem Kabarettabend teil, so Masuth. Nach seinem Auftritt sei dieser dann auf die Bühne gesprungen und habe offenbar bewegte Worte an den Kabarettisten und die Zuhörerschaft gerichtet.

Laut dem von Masuth der Epoch Times zur Verfügung gestellten Tonaufzeichnung der damaligen „Bürgermeisterrede“ sagte Michael Hillert wörtlich: „Ich wollte allen Danke sagen, die dazu beigetragen haben, dass dieser Abend so stattfinden konnte. Und ich verspreche dir eins [gerichtet an Masuth], solche Abende machen wir wieder. Und mit Leuten, die es gut machen, die es kritisch machen. Weil: Politisches Kabarett muss kritisch sein und ist eben nicht Mainstream.“

Bürgermeister: „Mir tut es leid um all die, die heute nicht da waren“

Zudem gestand der Bürgermeister ein: „Es hat schon immer Schwierigkeiten gehabt, bei uns politisches Kabarett zu verkaufen. Mainstream, das ist einfach zu verkaufen. Jedem das zu sagen, was er hören will, das ist sehr leicht. Aber du hast uns heute wieder Wahrheiten gebracht, die die einen als Lügen darstellen.“

Man sollte beim ein oder anderen Punkt wirklich ein bisschen nachdenken, befand der Bürgermeister damals. „Mir tut es leid um all die, die heute nicht da waren.“

In einem Gästebucheintrag auf Masuths Internetseite schreibt Hillert, dass es ihm zu denken gebe, wenn Masuth dafür, dass er die vorherrschenden Meinungen unserer Zeit hinterfragt, in die rechte Ecke gedrängt oder zum Querdenker gestempelt werde.

„Du hast die Schweigespirale durchbrochen, welche die notwendigen, kritischen Stimmen bei manchen emotional und ideologisch verkauften Themen unserer Zeit unterdrückt“, so der Bürgermeister, der 2018 mit über 92 Prozent für eine dritte Amtszeit als Bürgermeister der fasst 10.000-Seelen-Gemeinde wiedergewählt wurde. „Dein Programm war echtes politisches Kabarett, nicht weichgespült. Sehr empfehlenswert! Das hat mir und sicher auch anderen einiges zu denken gegeben. Danke dafür!“, befand der Gemeindevorsteher.

Masuth: Kritische Kunst nicht mehr gefragt

Für Masuth ist die Ausladung in Ettlingen ein Zeichen für die vorherrschende Cancel Culture. „Also Kunst, die kritisch ist, die Fragen stellt, die ist einfach nicht mehr gewünscht. Kunst und Kultur dürfen nicht mehr stören.“ Kritische Kunst spiele heute gar keine Rolle mehr und vieles sei einfach nur noch schmückendes Beiwerk, so der Kabarettist. Er berichtet, dass Kabarettkollegen ihm erklärt hätten, dass sie zeitweilig nur noch unter Polizeischutz spielten.

In Bezug auf den Artikel in den „Badischen Neuesten Nachrichten“ und der Initiative der Redaktion, sich offenbar für eine Ausladung des Künstlers einzusetzen, erklärt der Wahl-Thüringer: „Es ist unglaublich. Die Zeitung macht eigentlich genau das Gegenteil von dem, wofür sie eigentlich stehen sollte, nämlich kritisch Politik zu hinterfragen und die Meinungsfreiheit zu stärken. Dabei dienen sie sich wie hier in Ettlingen – auch noch stolz als Denunzianten an.“

Man habe doch Artikel 5 im Grundgesetz und da hieße es: „Zensur findet nicht statt.“ Was man jetzt allerorten erlebe, sei genau das Gegenteil. Cancel Culture ist ein neues „Kulturgut“ geworden, so der Künstler. Was dahinter steht, weiß er nicht.

Um den viel zitierten „Zusammenhalt der Gesellschaft“ kann es jedenfalls nicht gehen, denkt Masuth. „Eher um Spaltung“. Denn „wer heute nicht die richtige Meinung hat und Standpunkte vertritt, die dem Regierungsnarrativ widersprechen – egal ob es jetzt um den menschengemachten Klimawandel geht, um die Ukraine-Krise oder um Corona – wer dem Mainstream entgegen schwimmt, wird medial an die Wand gestellt.“

Wie wichtig dem aus Nordrhein-Westfalen stammenden Künstler eine unbefangene Kultur ist, bringt er in einem Zitat in der Fußnote seiner E-Mails zum Ausdruck: „Kultur ist keine Zutat, Kultur ist der Sauerstoff einer Nation. Wo Kultur wegbricht, wird Platz frei für Unrecht und Gewalt. (August Everding)“

Künstler wollen Ausgrenzung und Zensur etwas entgegensetzen

Um einer wachsenden Ausgrenzung und Zensur entgegenzusteuern, organisierte Masuth daher mit „kritischen Kollegen“ eine Veranstaltung in Weimar (Thüringen).

Damit wollen die Künstler „in einer Zeit, in der ein von gegenseitigem Respekt und Toleranz gekennzeichneter Dialog verloren geht und das freie Wort, die in Freiheit gelebte Kunst, die Individualität und kulturelle Vielfalt bedroht ist, und damit die Gesellschaft als Ganzes“, diesem etwas entgegensetzen.

Vom 1. bis 3. September wird erstmals  „Das Festival – Musik & Wort in Weimar“ stattfinden, und ein nach eigenen Aussagen breites Spektrum anspruchsvoller Musik sowie Wortbeiträge kluger Zeugen des Zeitgeschehens beinhalten.

Die Initiatoren, Musiker und Redner der Veranstaltung hätten neben Deutschland als Heimat ihre Wurzeln in Belgien, dem Iran, den Niederlanden, der Schweiz, Syrien und Rumänien. In der Liste finden sich Namen wie Gabriele Gysi, Ulrike Guérot, Jürgen Fliege und Martin Michaelis, die aufgrund ihrer Aussagen und politischen Ansichten ihren Arbeitsplatz verloren oder Kritik und Anfeindungen zu spüren bekamen.

Sowohl das Kulturamt in Ettlingen als auch die Redaktion der „Badischen Neuesten Nachrichten“ antworteten bis Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage der Epoch Times mit der Bitte um eine Stellungnahme.



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