Landtags-Wahlkampf in Bayern: AfD fordert Abschaffung der Staatsleistungen an die Kirchen

Die AfD will laut ihrem Landtags-Wahlkampfprogramm für Bayern 2018 die Staatsleistungen für die bayerischen Kirchen abschaffen. „Bekenntnislose Bürger dürfen nicht über ihre Steuern zur Finanzierung von Bekenntnisgemeinschaften herangezogen werden", heißt es dort.
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Die AfD möchte in Bayern die Staatsleistungen an die Kirchen abschaffen.Foto: iStock
Epoch Times8. Oktober 2018

Im Wahlprogramm der AfD zur Landtagswahl in Bayern 2018 wird unter dem Punkt „Demokratie und Staatsverständnis“ erklärt, dass die Partei die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses nach Artikel 4 GG verletzt sieht. Dies geschehe durch die Finanzierung von kirchlichem Personal aus Steuermitteln.

„Bekenntnislose Bürger dürfen nicht über ihre Steuern zur Finanzierung von Bekenntnisgemeinschaften herangezogen werden. Die Landesregierung Bayerns unterstützt indes seit Jahrzehnten den kirchlichen Lobbyismus zum Nachteil der bekenntnislosen bzw. andersgläubigen Steuerzahler. So finanziert der Freistaat vor allem Ausbildung, Besoldung und Versorgung von Geistlichen der Amtskirchen, obwohl laut Grundgesetz ein sogenanntes Ablösungsgebot für diese Staatsleistungen besteht“, heißt es in dem Wahlprogramm.

Im Klartext heißt dies, dass die AfD in Bayern die seit rund 200 Jahren bestehenden staatlichen Ausgleichszahlungen an die Kirchen abschaffen will.

538 Mio. Euro zahlt 2018 der Staat den Kirchen

Zur Erklärung: Die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland finanziert sich nicht nur über die Kirchensteuer ihrer Mitglieder, sondern auch direkt durch Geld vom Staat. In diesem Jahr sind es deutschlandweit 538 Millionen Euro laut Berechnung des Humanistischen Bundes die an die Kirchen überwiesen werden.

Hintergrund: Napoleons damaligen militärischen Erfolgen in Europa, ermöglichten ihm, sich Grund und Boden in deutschen Fürstentümern anzueignen. So verloren auf Napoleons Anordnung Anfang des 19. Jahrhunderts Kirchen und Klöster Güter, die so in staatliche Hände gelangten.

Die Zahlungen des Staates an die Kirche stellen ein Ausgleich für die damalige Enteignung dar. Dafür, dass der enteignete Grund und Boden in staatlicher Hand blieb, verpflichteten sich die Fürsten in Konkordatsverträgen mit der katholischen Kirche, die Baulast für kirchliche Gebäude zu übernehmen und einzelnen Klerikern den Lebensunterhalt zu sichern.

Später wurde dies in verschiedenen Vereinbarungen formuliert, so zunächst im Reichsdeputationshauptschluss im Jahre 1803, dann im preußischen Staatskirchenrecht, dann in der Weimarer Reichsverfassung schließlich im Grundgesetz (Artikel 138 WRV/Artikel 140 GG) bis hin zu den ostdeutschen Staat-Kirche-Verträgen nach 1989.

Bereits in der Weimarer Verfassung von 1919 wurde die Absicht formuliert, diese Leistungen abzulösen. Im Grundgesetz der Bundesrepublik wurde diese Absicht übernommen – mehr ist allerdings bis jetzt nicht geschehen.

Hamburg und Bremen zahlen keine Staatsleistungen an die Kirchen

Die Summen, die die einzelnen Bundesländer an die Kirchen zahlen, schwanken stark. Baden-Württemberg ist 2018 dabei mit 122 Mio. Euro Spitzenreiter, dann folgt schon Bayern mit 98 Mio. Euro. Das Saarland, bildet von den 14 Bundesländern die Staatsleistungen zahlen, mit 667.100 Euro das Schlusslicht, berichtet der Humanistische Bund.

Bremen zahlt keine Staatsleistungen. Hamburg zahlt größtenteils auch keine Staatsleistungen, frühere Verpflichtungen sind in den 1960er und 1970er Jahren abgelöst worden. Nur der Kirchenkreis Hamburg-Ost erhält noch eine Zuweisung als Folge der Enteignung eines Klosters im Jahr 1875.

Bayern finanziert die Personalkosten für evangelische und katholische Kirche

Konkret für Bayern bedeutet das: Der Freistaat finanziert aus seinem Haushalt die Personalkosten sowohl für den Landeskirchenrat der evangelischen Landeskirche als auch für die Bischöfe und das Domkapitel der sieben katholischen Diözesen. Das heißt: Alle Steuerzahler, ob sie einer Konfession angehören oder nicht, finanzieren das Gehalt der oben genannten Ämter.

Zudem hat der Freistaat eine staatliche Baulast für 328 evangelische und 193 katholische Kirchengebäude zu tragen, wie aus einer Anfrage der SPD von 2017 hervorgeht. Außerdem hat sich Bayern verpflichtet, die katholischen Kathedralkirchen baulich zu unterhalten.

Da die Staatsleistungen ins Grundgesetz aufgenommen wurden, können sie nicht einfach gestrichen werden, sondern müssen laut Grundgesetz „abgelöst“ werden. Zum Beispiel in Form einer Einmalzahlung wie es manche Juristen sehen.

Die Nordkirche schreibt dazu auf ihrer Internetpräsenz, dass, „im Grundgesetz (Art. 140) eine Ablösung solcher Leistungen erfolgen soll. Ablösung bedeutet Aufhebung gegen Entschädigung. Dies ist natürlich auch für die Nordkirche denkbar. Voraussetzung ist, dass das im Grundgesetz vorgeschriebene Verfahren eingehalten wird. Danach haben die Länder entsprechende Gesetze zu erlassen, die ihrerseits auf einer Grundsatzgesetzgebung des Bundes beruhen müssen. Das bedeutet, auch ohne Grundsatzgesetz des Bundes gibt es keine Ablösung durch die Länder“, so die Nordkirche.

Sachsen-Anhalt zahlt pro Kopf am meisten an die Kirchen

In den einzelnen Bundesländern sind die Zahlungen unterschiedlich hoch und betragen pro Kopf der Bevölkerung 6,55 Euro, mit einer Spannbreite von 67 Cent (im Saarland) bis 15,49 Euro in Sachsen-Anhalt.

Pro Kirchenmitglied sind es für das Jahr 2018 14,33 Euro (evangelisch, mit einer Spannweite von 0,39 Euro im Saarland bis 102,98 Euro in Sachsen-Anhalt) bzw. 9,49 Euro (katholisch, mit einer Spannweite von 1,39 Euro in Schleswig-Holstein bis 77,03 Cent in Sachsen-Anhalt), berichtet der Humanistische Bund.

Vertreter der katholischen Kirche wie Kardinal Reinhard Marx, derzeitiger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und Vertreter der evangelischen Kirche, wie Bischof Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und Vorsitzender des Rates der EKD, haben schon vor Jahren ihre Bereitschaft zu Ablöse-Gesprächen erklärt. (er)



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