Landwirt Weller: „Ist das hier eine Bananenrepublik?“ – „Dann muss man doch mit den Betroffenen reden“

Landwirt Steffen Weller versteht die Demokratie nicht mehr und sorgt sich um die Zukunft seines Familienbetriebs. So eine schlechte Beteiligung oder so eine Zurückhaltung der Politik habe er noch nicht erlebt: „Ich weiß nicht, was mit denen los ist, wenn so angeblich wichtige Entscheidungen anstehen, dann muss man doch mit den Betroffenen reden.“ Epoch Times traf ihn am Samstag in Berlin beim Bauernprotest zu einem Interview.
Von 9. Februar 2021

Epoch Times: Schönen guten Tag, Herr Weller. Sie sind von weit her aus Baden-Württemberg gekommen, um an den Bauernprotesten in Berlin teilzunehmen. Sind Sie auch mit einem Traktor hier?

Steffen Weller: Ja, wir sind mit einen Traktor da. Letzte Woche war man mit dem PKW hier oben und jetzt diese Woche, wo wir rauf gefahren sind, bin ich mit ein paar Kumpels mitgefahren. Es macht dann immer ein bisschen mehr Spaß, wenn wir in einer Gruppe unterwegs sind, als wenn man alleine wäre.

ET: Ja, alleine sind Sie ja sicher oft genug, wenn Sie auf Ihrem Hof sind. Sie haben einen Familienbetrieb, ist das richtig?

Weller: Richtig. Bei uns sind im Moment drei Generationen noch im Betrieb. Fast vier. Also die ganz Kleinen. Die kommen jetzt auch schon nach mit ein, zwei und drei Jahren. Das Schöne in der Landwirtschaft ist, dass eigentlich irgendwie alle zusammenhalten. Man hat zusammen den Betrieb und hält alles zusammen im Leben. Jeder weiß, für was man auf dem Betrieb da ist und was seine Aufgabe ist.

Und das alles steht immer mehr auf dem Spiel. Leider. Ich weiß nicht, was in den Politiker-Köpfen vor sich geht, wenn wir sehen, wie viele Betriebe die letzten Jahre schon aufgehört und ihre Schalter zugemacht haben. Hinter jedem Betrieb steht eine Bauernfamilie. Das sind Familienbetriebe. Übrig bleiben dann nur noch entweder ganz, ganz große Betriebe, die nicht mehr im Familiengefüge sind, sondern Gesellschaften. Dann gibt es noch solche Betriebe, die ganz klein sind und im Nebenerwerb geführt werden, wo die Leute dann ihr Geld, das sie bei ihrer Arbeit verdienen, in den Betrieb reinstecken.

Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, was die Landwirtschaft angeht, sich komplett vom Ausland abhängig zu machen. Weil, es ist ja nicht nur, dass die Betriebe aufhören, weil sie zu viele Auflagen bekommen, oder einfach dass sie nicht mehr aus dem Betrieb erwirtschaften können, was sie brauchen, um den Betrieb am Laufen zu halten. Und diese Generationen, [wie] alle irgendwie, wollen wir ja auch leben. Wir brauchen ja auch etwas, müssen ja auch einkaufen. Ist ja nicht so, dass wir alles selbst in dem Betrieb produzieren können.

Und diese Dokumente, diese Unterlagen, die gibt’s öffentlich, die sind jetzt auch öffentlich geworden. Die Politiker wissen genau, was das Einkommen einer Familie, eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs ist, was von den Subventionen kommt, und was wirklich aus der Produktion stammt, und das im Vergleich europaweit.

Also die wissen von jedem europäischen Land, was dort der durchschnittliche Lebensstandard ist. Und das zeigt eindeutig, dass wir im europäischen Vergleich in Deutschland nicht einmal die Hälfte des durchschnittlichen Lebensstandards bei den bäuerlichen Familienbetrieben zum Leben haben.

Es gibt durchaus Nachbarländer, wo es identisch ist – wie bei uns. Aber es gibt auch Länder, denen es besser geht. Ich sage jetzt mal, also zum Beispiel die Slowakei spielt eine Rolle, ob das jetzt an den größeren Strukturen liegt oder was, weiß ich nicht. Aber es gibt schon Unterschiede in Europa. Aber wir Deutschen sind irgendwie mehr leidensfähig als die anderen.

ET: Ich weiß nicht, wie der Vergleich mit dem Lebensstandard war. Jetzt zu Deutschland?

Weller: Ja, zu Deutschland. Das war jetzt allgemein über die Bevölkerungsschichten. Ja, die Zahl genau kann ich Ihnen nicht sagen. Das müsste ich jetzt nochmal raussuchen.

ET: Woher kommt das Ihrer Meinung nach? Bekommen Sie zu viele Auflagen, zu viele Einschränkungen? Können Sie das nicht frei genug handhaben? Was ist das nach Ihrer Einschätzung?

Weller: Also grundsätzlich sind wir Landwirte von Natur aus sehr bestrebt, unsere Böden, unsere Strukturen allgemein am Laufen zu halten, weil wir es ja der nächsten Generation übergeben wollen. Keiner der Landwirte hat ein Interesse, seine Böden zu vergiften oder auszusaugen, weil wir versuchen, ständig irgendwie Humus-Aufbau zu machen, um die Böden noch fruchtbarer zu machen. Wir versuchen es auch in der Tierhaltung, was das finanzielle hergibt. Dass die Tiere das schön haben – weil kein Landwirt ein Interesse daran hat, dass es der Kuh nicht gut geht. Denn wenn es ihr gut geht, gibt sie Milch. Wenn es ihr nicht gut geht, gibt’s auch keine Milch.

Und ich wünsche mir einfach, dass die Leute, die immer so sehr auf die Landwirte und die Landwirtschaft schimpfen, oder die Leute, die immer so skeptisch sind und das nicht glauben, einfach mal rauskommen, mit den Landwirten reden, eine Weile zuschauen und sich selbst auch mal ein Bild davon machen. Nicht nur das glauben, was irgendwo auf Plakaten oder sonstwo suggeriert oder einem versucht wird, einzutrichtern. Sie sollen wirklich mit den Leuten reden, die auf dem Boden stehen, die mit einem Fuß auf der Scholle stehen. Das wäre mir das wichtigste Anliegen.

Deswegen sind wir ja auch in Berlin, in der Stadt, wo wir glauben, dass die Leute diesen Bezug oder diesen Fuß auf der Scholle nicht mehr haben. Wir versuchen, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Jetzt, durch diese ganzen Lockdown-Geschichten ist es halt schwierig. Es sind wenig Läden offen, wenig Leute auf der Straße. Aber die, die kommen und mit uns reden, da kann ich eigentlich nur sagen, von zehn Stück sind neun vollkommen für uns. Und die Politik sagt zu uns immer: Die Leute wollen das. Sie wollen, dass Sie noch mehr Auflagen bekommen, und so weiter. Ich kann es nicht nachvollziehen. Die Leute hier sagen etwas anderes.

Und was mir auch ein bisschen aufstößt: Wenn wir mit Politikern zusammensitzen und ein Gespräch führen, dann ist das immer alles ganz klar, weil es ja diese wissenschaftlichen Ergebnisse gibt. Die Untersuchungsergebnisse liegen auf dem Tisch. Jeder weiß: Okay, das ist richtig, das ist falsch. Es gibt ja auch genügend staatliche Betriebe, die Untersuchungen machen oder ständig Versuche fahren, und so weiter. Aber dann, wenn nachher die politische Entscheidung ansteht, ist das irgendwie alles Luft. Und alles, was geredet wurde, zählt nicht mehr. Und dann werden nur noch irgendwie politische Entscheidungen getroffen. Das kann es doch irgendwie nicht sein.

Überhaupt, wenn man eine Kanzlerin hat, die eigentlich der Wissenschaft verpflichtet sein sollte, dann aber hier nur nach irgendwelchen angeblichen Strömungen irgendwie Politik macht. Und wir Landwirte, wir sind halt in guten Händen? Wir haben das Problem, dass wir mit den Lebensmitteln und mit den Produkten, die im Laden liegen, konkurrieren. Jetzt kommen sie aber von der ganzen Welt und dann kann es bei denen auch mal sein, dass Spritzmittel eingesetzt werden, die bei uns zu Recht seit 30 oder 40 Jahren unstrittig verboten sind. Und diese Produkte kommen dann trotzdem zu uns. Jetzt sagen die Politiker dann: „Okay, ja. Sie halten ja die Grenzwerte ein.“ Ja, aber die Grenzwerte sind auch nicht alle gleich. Für deutsche Produkte gelten andere Grenzwerte als für eingeführte Produkte. Ist das hier eine Bananenrepublik? Ich weiß nicht.

ET: Ja, sicher haben Sie hier auch mit Politikern sprechen können. Also es sind welche zu Ihnen gekommen.

Weller: Es haben einige Politiker sich gemeldet. Sie haben uns auch zum Teil ein bisschen unterstützt, mal 20 Euro, mal ein Essen spendiert oder so, irgendwie aus allen möglichen Parteien, also wirklich querbeet. Aber was ich feststelle, hier bei dieser Demo ist die Unterstützung und die Gesprächsbereitschaft der Politiker sehr gering. Also auf allen Demos. Ich meine jetzt, ich bin schon fast zwei Jahre unterwegs auf Demos. Kenne ja auch viele Politiker persönlich und so. Also so eine schlechte Beteiligung oder so eine Zurückhaltung der Politik wie derzeit hab ich eigentlich noch nicht erlebt.

Es ist doch logisch, wenn so wichtige Entscheidungen anstehen, dann muss man doch mit den Betroffenen reden. Wir leben in einer parlamentarischen Demokratie, wo Volksvertreter den Willen des Volkes, sage ich jetzt mal, umsetzen und ins Parlament tragen. Aber ich habe im Moment den Eindruck, die, die es betrifft, werden gar nicht mitgenommen. Es wird nur noch von oben runter regiert. Und das nächste sind ja die Leute in den Verwaltungen. Sie stöhnen genauso wie wir Landwirte. Sie sagen, sie können es zum Teil gar nicht mehr umsetzen, weil sie gar nicht wissen, wie sie es umsetzen sollen. Weil es zum Teil so, so haarsträubend ist. Sie sagen, sie widersprechen sich schon. Also das kann man eigentlich gar nicht mehr nachvollziehen.

ET: Herzlichen Dank, Herr Weller, für Ihre Worte. Viel Glück weiter und ich hoffe, Sie kommen vor dem nächsten Schneefall gut nach Hause.

Weller: Danke schön. Das hoffen wir hier auch alle. Es war ja angekündigt, dass es ein richtiger Wintereinbruch kommen soll. Deshalb Hut ab vor all denen, die da sind. Die auf den Schleppern oder hinten im Düngerstreuer drin schlafen. Oder im Wohnmobil. Und hier geht ein Wind… Ich habe mir immer gedacht, in der Stadt ist es warm. Aber in Berlin ist es im Moment so kalt.

ET: Vielen Dank. Alles Gute. Dankeschön.

Die Traktoren rollen auch heute wieder nach Berlin

Hunderte Landwirte waren schon am 26.01.2021 auf ihren Traktoren durch Berlin gerollt, um gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung und für höhere Erzeugerpreise zu demonstrieren. Am Landwirtschaftsministerium hatte die Initiative „Land schaft Verbindung“ zu einer Kundgebung aufgerufen. Die Branche leide sowohl unter der Corona-Krise als auch unter dem Preisdumping des Handels, heißt es in einem von der Initiative veröffentlichten Forderungspapier.

Die neue Düngeverordnung müsse ebenso ausgesetzt werden wie alle im vergangenen Jahr beschlossenen Verordnungen und Gesetze, die Ackerbau, Feldfuttergewinnung und Nutztierhaltung betreffen, so eine Forderung. Die Landwirte fordern auch eine Herkunftskennzeichnung für alle Produkte und Produktbestandteile ab einem Volumen-Prozent und die Einrichtung einer unabhängigen Kommission, die für alle in Deutschland produzierten Lebensmittel den Vollkostenpreis bestimmt und regelmäßig anpasst.

„Wir waren schon zwei, dreimal hier in Berlin. Es hat sich seitdem nichts geändert“, sagte Landwirt Jan-Bernd Stolle, „und jetzt wird das eine etwas langfristigere Demo werden, solange bis Frau Klöckner unsere Forderungen nicht nur entgegennimmt, sondern sich auch … ja, müssen wir sehen, wie es wird, was sie sagt, wie sie uns aufnimmt, wie sie unsere Papiere aufnimmt. Deswegen sind wir hier.“

Die Landwirte beschweren sich schon lange über niedrige Preise für ihre Produkte. „Bei Schweinen ist es ein gutes Beispiel. Wir haben jetzt am Schwein 20, 22 Euro pro Schwein verloren. Pro Mastschwein. Also nicht irgendwie weniger verdient, sondern einfach das nackte Geld verloren. Das muss man sehen, Sie gehen jeden Tag zur Arbeit und verlieren Geld. Wie lange sollen wir das durchhalten?“, sagte Stolle.

Er forderte die Politik auf, jetzt zu handeln, damit mehr Geld bei den Bauern ankommt. Sonst sei das Überleben von Familienbetrieben gefährdet.

Die Landwirte wollen nicht lockerlassen: Bis Sonntag hatten sie mehrere Demonstrationen mit Hunderten Traktoren angemeldet. Heute wird gemeldet, dass zu denen, die hiergeblieben sind, wieder neue Demonstranten anreisen, auch mit Traktoren.

Am Mittwoch, 10. Februar, geht es in der Kabinettssitzung unter anderem um den neuen Gesetzentwurf zum Insektenschutz, von dem die Bauern nicht nur eine schleichende Enteignung ihres Ackerlandes befürchten. Durch die geplanten Gesetzesänderungen, Flächenentwertungen und starke Einschnitte nur auf Seiten der Landwirtschaft, gehen mindestens 1.320.000 ha (8 Prozent) Nutzfläche in Deutschland  verloren.

Mit Material von Reuters / Das 1. Interview mit Steffen Weller führte Renate Lilge-Stodieck

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