Linke, Grüne und AfD üben scharfe Kritik an Asylplänen – Seehofer befürwortet EU-Vorschläge

Grüne, Linke und die AfD haben die neuen Asylpläne der EU-Kommission scharf kritisiert. Linken-Chefin Kipping spricht von einer "menschenrechtlichen Bankrotterklärung". Bundesinnenminister Seehofer und die FDP hingegen begrüßen den Vorstoß der Union.
Epoch Times23. September 2020

Die Pläne der EU-Kommission für eine neue Migrationspolitik ernten heftige Kritik. Linken-Chefin Katja Kipping sagte der „Welt“ (Donnerstagsausgabe): „Der Plan von Ursula von der Leyen ist keine Lösung, sondern eine menschenrechtliche Bankrotterklärung“. Und: „Das Recht auf Schutz wird an der europäischen Außengrenze entsorgt.“

Von der EU-Kommissionspräsidentin hätte man eigentlich erwarten müssen, dass sie als „Hüterin der EU-Verträge“ die europäische Menschenrechtskonvention verteidige. Doch das Gegenteil sei der Fall. Der neue Vorschlag setze auf Abschiebungen, Lager und „das systematische Vorenthalten grundlegender Rechte“. Zudem gebe es noch nicht einmal mehr Aufnahmequoten, sagte die Linke-Politikerin.

„Besonders schäbig“ nannte Kipping die Regelung, nach der Länder keine Menschen aufnehmen müssen, wenn sie stattdessen die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber übernehmen. „Wer sich weigert, Flüchtlinge aufzunehmen, soll noch dadurch belohnt werden, dass er anderen Staaten bei der Abschiebung zur Seite steht. Das ist eine völlige Perversion des Gedankens der europäischen Solidarität“, sagte Kipping.

Besonders bitter sei, dass sich die Regierungen in Polen, Ungarn oder Österreich hätten durchsetzen können und die Bundesregierung nicht die „moralische Stärke“ besessen habe, ein „klares Zeichen für den Flüchtlingsschutz und die Menschenrechte“ zu setzen.

Göring-Eckardt nennt EU-Plan „vertane Chance“

Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat die Vorschläge aus Brüssel als vertane Chance kritisiert. „Die EU-Kommission hat die Chance vertan, den Weg für eine sinnvolle und menschenwürdige Lösung zu bereiten“, sagte die Grünen-Politikerin der „Welt“. Die Vorschläge der EU-Kommission zum neuen Migrationspakt zeigten weder Solidarität mit Geflüchteten noch mit den betroffenen EU-Außengrenzstaaten.

„Statt die längst gescheiterte Dublin-Verordnung endgültig abzuschaffen, bekommt sie lediglich ein neues Etikett.“ Erstankunftsländer wie Griechenland, Italien, Spanien und Malta würden auch danach weitgehend alleine handeln müssen, bemängelte Göring-Eckardt. „Damit wird sich nichts an den chaotischen und unwürdigen Zuständen in Lagern an den EU-Außengrenzen ändern. Es fehlt das klare Bekenntnis, dass die EU die Menschenrechte und Menschenwürde von Schutzsuchenden schützt und achtet.“

Schnellverfahren an der Grenze seien rechtsstaatlich problematisch, sie würden überfüllte und menschenunwürdige Lager wie Moria nicht verhindern, sondern zum Standard machen. „Das kann keine Lösung sein.“ Völkerrecht verpflichte, Schutzbegehren sorgfältig zu prüfen. „Diese Verpflichtung darf nicht einfach zu Abschreckungszwecken geopfert werden“, so Göring-Eckardt.

Geflüchtete müssten nach einer ersten Registrierung schnell und verlässlich europaweit weiterverteilt werden, um ihre Asylverfahren in den Mitgliedstaaten durchführen zu können, sagte sie. „Die deutsche Bundesregierung muss ihrer Verantwortung als EU-Ratspräsidentschaft gerecht werden und jetzt weiter daran arbeiten, dass alle sich an der Umsetzung einer solidarischen europäischen Asylpolitik beteiligen – entweder durch die Aufnahmen von Schutzsuchenden oder durch finanzielle Unterstützung. Außerdem muss es mehr gesteuerte Wege der Zuwanderung geben.“

AfD-Chef kritisiert neue Asylpolitik

Auf AfD-Chef Jörg Meuthen hat den EU-Plan zur Reform der Asylpolitik scharf kritisiert. Mit Blick auf die EU sagte Meuthen der „Welt“: „Mit ihrem neuen Migrationspakt versucht sie Symptome zu bekämpfen, die sie selbst geschaffen hat durch mehr Geld, mehr Bürokratie und einen Solidaritätsmechanismus, der anderen Ländern Migration aufzwingt oder sie für die Folgen ebendieser zahlen lässt.“ Das werde in einer Umverteilung illegaler Migranten quer durch Europa münden.

„Und es wird keinen einzigen Migranten daran hindern, nach Europa aufzubrechen.“ Diese Probleme hätte man laut Meuthen nicht, „wenn man endlich eine rigorose No-Way-Politik betreiben würde“. Die EU wolle die bisherige Migration „managen“, so Meuthen. „Es geht aber nicht darum, die bisherige Migration zu managen, sondern sie zu verhindern, denn sie gefährdet unsere Identität, unseren Wohlstand und unsere Sicherheit.“ Man verhindere sie, indem man Ausreisepflichtige abschiebe und Einreisewillige von vornherein abweise – „durch Ausschalten des Migrationsmagneten“.

Seehofer und Stamp begrüßen EU-Asylvorschläge

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Vorschläge der EU-Kommission hingegen gelobt. Der Vorschlag „bietet einen gute Grundlage für die weiteren Beratungen“ und beinhalte die zentralen Aspekte einer gemeinsamen EU-Migrations- und Asylpolitik, sagte Seehofer am Mittwochnachmittag. So seien etwa eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten aufgegriffen worden, Möglichkeiten legaler Migration, ein starker Außengrenzschutz und die Solidarität bei der „Aufnahme von Schutzberechtigten“ innerhalb der EU. Hierbei sei ein stufenweiser Ansatz vorgeschlagen worden, der sich an der Stärke des Migrationsgeschehens orientiere.

„Eine funktionierende europäische Migrationspolitik gibt es derzeit leider nicht“, sagte der CSU-Politiker. Man brauche deshalb einen „Neuanfang auf diesem Feld“. Sie müsse funktionsfähig, im Alltag praktikabel, solidarisch, krisenfest sowie „auf der Grundlage des Prinzips von Humanität und Ordnung“ sein, so Seehofer. „Wir wollen uns zunächst auf die Punkte konzentrieren, bei denen alle Mitgliedstaaten Gemeinsamkeiten haben.“ Dazu zähle insbesondere die Stärkung des Außengrenzschutzes in Europa. Man werde mit allen EU-Mitgliedstaaten „umgehend in bilaterale konkrete Gespräche einsteigen“, sagte der Minister. Bis Jahresende wolle man eine politische Verständigung über die Grundsätze der EU-Migrationspolitik erreichen.

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) wertete die Vorschläge aus Brüssel unterdessen als ersten Schritt: „Wir brauchen ein Asylsystem, an dem alle europäischen Länder solidarisch mitwirken“, sagte er der „Welt“. Humanität und Ordnung seien möglich, wenn man von „irregulärer zu regulärer Migration“ komme. „Dazu gehört erleichterter Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt für Arbeitssuchende, Relocation tatsächlich Verfolgter und Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern.“

Grundlage sollten systematische Migrationsabkommen mit den Herkunfts- und Transitländern sein. Dazu brauche es einen verantwortlichen Koordinator. „Der Vorschlag der Kommission ist eine Grundlage, die weiter präzisiert werden muss. Es muss ein klares Regelwerk entstehen, und es darf jetzt keine Scheinlösung geben, die die unterschiedlichen Positionen in Europa mit Formelkompromissen zukleistert.“ (dts/so)



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