Linke startet „heißen Herbst“ – auch AfD auf der Straße
Ungeachtet des neuen Entlastungspakets will die Linke an diesem Montag ihren „heißen Herbst“ gegen die Energie- und Sozialpolitik der Regierung starten. „Energiepreise und Inflation sind eine Gefahr für die Demokratie in unserem Land“, sagte der Ostbeauftragte der Linksfraktion, Sören Pellmann, der Deutschen Presse-Agentur. Pellmann hat für den Abend in Leipzig eine Demonstration mit bis zu 4.000 Menschen angemeldet. Gleichzeitig wollen auch die Freien Sachsen sowie weitere konservative und linke Gruppen protestieren.
Auf geht’s in den #heißenHerbst gegen soziale Kälte. U.a. mit @Amira_M_Ali, @GregorGysi und @schirdewan #le0509: Kein Fußbreit den Faschisten! pic.twitter.com/hZ96zUvs7a
— MdB Sören Pellmann (@LINKEPELLI) August 31, 2022
Die Bundesregierung hatte wegen der stark steigenden Preise am Sonntag ein drittes Paket zur Entlastung von Bürgern und Unternehmen angekündigt. Nach offiziellen Angaben beläuft es sich auf 65 Milliarden Euro. Linken-Chefin Janine Wissler erklärte, enthalten seien einige sinnvolle Maßnahmen, doch reichten sie nicht und seien sozial unausgewogen.
CSU gibt sich verständnisvoll
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ließ Verständnis für die Proteste anklingen. „Ich kann [] nachvollziehen, dass zurzeit viele Menschen mit der Energiepolitik der Bundesregierung unzufrieden sind“, sagte der CSU-Politiker der Funke Mediengruppe.
Es sei die Aufgabe der Bundesregierung, erst gar keine Situation entstehen zu lassen, die Bürger veranlasse, in Massen auf die Straße zu gehen. „Wenn die Bundesregierung für eine funktionierende Energieversorgung sorgt, zum Beispiel durch eine Verlängerung der Laufzeiten der sicheren deutschen Kernkraftwerke, entzieht sie Protesten von vornherein den Nährboden“, fügte er hinzu.
Von AfD „keine Wochentage wegnehmen lassen“
Zu der AfD geht die Linke allerdings auf Distanz. Pellmann sagte der dpa, die Linke lasse sich von der rechtsgerichteten AfD „keine Wochentage wegnehmen“. Sie habe die Aufgabe, Protest in demokratische Bahnen zu lenken und politische Unzufriedenheit zu kanalisieren.
Schwierig ist die Abgrenzung aber nicht nur, weil die AfD versucht, sich in die Protestkampagne der Linken einzuklinken. Auch einige Slogans von AfD und Linke ähneln sich. So forderte Pellmann in seinem Aufruf einen „heißen Herbst gegen soziale Kälte“. Die AfD wirbt mit dem Motto „Heißer Herbst, statt kalte Füße!“, ergänzt um den Spruch „Unser Land zuerst!“
Auch die Argumentationsmuster einzelner Politiker beider Lager zeigen Parallelen. AfD-Chef Tino Chrupalla spricht von einem „Wirtschaftskrieg“ der Bundesregierung gegen Russland. Er will die Sanktionen gegen Moskau aufheben und die von der Bundesregierung gestoppte russische Gasleitung Nord Stream 2 in Betrieb nehmen.
Die Linken-Spitze ist ausdrücklich gegen Nord Stream 2 und für bestimmte Russland-Sanktionen. Doch spricht auch die frühere Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht von einem „Wirtschaftskrieg“ der Bundesregierung gegen Moskau. Der frühere Parteichef Klaus Ernst nennt die Energiesanktionen gegen Russland einen schweren Fehler und wirbt ebenfalls dafür, Nord Stream 2 doch noch zu nutzen.
Die offiziellen Forderungen der Linken für ihre bundesweite Protestkampagne in diesem Herbst sind: „Menschen entlasten. Preise deckeln. Übergewinne besteuern.“ Zur Leipziger Auftaktdemo am Montagabend wollen unter anderen Parteichef Martin Schirdewan, der frühere Fraktionschef Gregor Gysi und die jetzige Fraktionschefin Amira Mohamed Ali kommen.
Gysi: Es braucht den Druck der Straße
„Wir dürfen den Rechten nicht unsere Straßen und Plätze überlassen“, sagte Gysi vorab. Es brauche den Druck der Straße. Mohamed Ali kritisierte: „Die Bundesregierung manövriert das Land in einen Teuer-Winter hinein.“ Schirdewan rechnete vor, eine Zusatzsteuer auf außergewöhnlich hohe Gewinne in der Krise – die sogenannte Übergewinnsteuer – könnte bis zu 100 Milliarden Euro bringen. „Das ist Geld, das wir dringend für einen Schutzschirm gegen Armut benötigen.“
Der sächsische Verfassungsschutz hält Konfrontationen der verschiedenen politischen Lager bei den Leipziger Demonstrationen am Montag nicht für ausgeschlossen. Trotz stark übereinstimmender Ansichten. Die Lage sei hinsichtlich der ideologischen Zuordnung unübersichtlich, erklärte Verfassungsschutzpräsident Dirk-Martin Christian vorab. (dpa/dts/mf)
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