Linke-Vorsitzende Wissler will Hausaufgaben für Schüler abschaffen
Die Linke-Vorsitzende Janine Wissler hat sich für die Abschaffung von schulischen Hausaufgaben ausgesprochen. „Der alltägliche Hausaufgaben-Stress vergiftet das Familienleben, bedeutet Streit, Überforderung, Tränen und schürt Aggressionen“, schreibt sie in einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“. Dies gelte für alle Eltern und ganz besonders für Vollberufstätige und Alleinerziehende, fügte Wissler hinzu.
„Wenn Eltern Feierabend haben, haben sie noch lange nicht Feierabend.“ Es warteten die Kinderbetreuung, der Haushalt und die Pflege von Angehörigen. „Von der unnötigen Last der Hausaufgaben könnte man sie sofort entlasten und damit viel Druck aus den Familien nehmen.“
Bayerns Kultusminister erteilt Linken-Vorschlag klare Absage
Sie bezeichnete Hausaufgaben zugleich als „Outsourcing schulischer Aufgaben in die Familien“. Das vertiefe die „Spaltung im Bildungssystem“ noch, wie das Homeschooling während der Corona-Krise gezeigt haben soll.
„Das Bildungsniveau der Eltern darf nicht entscheidend sein für die Erfüllung schulischer Aufgaben“, schreibt die Linken-Chefin weiter. Sie sprach sich dafür aus, in den Ganztagsschulbetrieb Phasen des eigenverantwortlichen Lernens und Übens einzuplanen. „Aus Hausaufgaben müssen Schulaufgaben werden.“
Bayerns Kultusminister Michael Piazolo lehnt den Vorschlag der Linken ab. Hausaufgaben hatte er als Schüler zwar auch nicht gerne gemacht, doch würden diese beim Lernen helfen, argumentierte er in einem Interview mit „Münchner Merkur“. Aber: Sinnvoll seien zusätzliche Aufgaben für zu Hause nur, „wenn sie ein gewisses Maß nicht übersteigen“, sagte der Politiker der „Freien Wähler“. Lehrkräfte müssten sich dabei gut abstimmen.
Hausaufgaben, ein Jahrtausend altes Konzept
Die Ursprungsidee der Hausaufgaben wird oft in Zusammenhang mit dem italienischen Lehrer Roberto Nevilis gebracht. Er soll das Konzept im 11. Jahrhundert in Venedig erfunden haben, um faule Schüler zu bestrafen, die im Unterricht nicht die geforderte Leistung erbracht hatten.
Die Bildung in Europa fand zu der Zeit aber eher informell und unstrukturiert statt. So gibt es die Argumentation, dass die Erfindung der Hausaufgaben einige Jahrhunderte später datiert werden müsse.
Die Idee aber bleibt: Hausaufgaben sollen dazu dienen, das im Unterricht gewonnene Wissen durch Wiederholungen zu vertiefen und zu festigen. So zumindest schreiben es die Schulgesetze der deutschen Bundesländer theoretisch vor.
„Hausaufgaben sind zur Festigung der im Unterricht vermittelten Kenntnisse, zur Übung, Vertiefung und Anwendung der vom Schüler erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie zur Förderung des selbständigen und eigenverantwortlichen Arbeitens erforderlich.“ So steht es etwa in der Schulordnung von Baden-Württemberg.
Es geht hier also nicht um neues Wissen, das zu Hause vermittelt werden müsse. Wenn Kinder und Eltern aber nun von Überforderung sprechen, ist dies ein Zeichen dafür, dass Theorie und Praxis auseinanderklaffen. (dl)
(Mit Material der Agenturen)
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