LNG-Terminals werden deutlich teurer – Grüne fürchten „fossile Überkapazitäten“

Die schwimmenden LNG-Terminals, die Deutschlands Gasengpass vermindern sollen, werden teurer als geplant. Einige davon müssen länger gechartert werden.
Die ersten deutschen LNG-Terminals in Wilhelmshaven stehen kurz vor dem Betriebsbeginn.
Die ersten deutschen LNG-Terminals in Wilhelmshaven stehen kurz vor dem Betriebsbeginn.Foto: Sina Schuldt/dpa
Von 21. November 2022


Laufen die Kosten für die Errichtung von LNG-Terminals zur Sicherung der deutschen Gasversorgung aus dem Ruder? Einem Bericht der „Tagesschau“ zufolge werden Anschaffung und Unterhalt der insgesamt fünf geplanten neuen Einrichtungen deutlich teurer als veranschlagt. Dies bestätigte das Bundeswirtschaftsministerium in Reaktion auf einen „Spiegel“-Bericht selbst gegenüber „Reuters“.

Habeck lobt schnelle Fertigstellung von LNG-Terminals

Ursprünglich rechnete das Bundeskabinett mit etwa drei Milliarden Euro für die Infrastrukturprojekte. Nun musste der Haushaltsausschuss des Bundestages mehr als das Doppelte der vorgesehenen Mittel freigeben: Derzeit rechnet man in Berlin mit etwa 6,56 Milliarden Euro an Kosten für die LNG-Terminals. Die Maßnahme sei „aufgrund der sich dynamisch entwickelnden Situation notwendig“, so das Ministerium.

Am vergangenen Dienstag (15.11.) weihte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das erste neue schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven ein. Dabei lobte er die hohe Geschwindigkeit, mit der Deutschland Infrastrukturprojekte voranbringen könne, „wenn Bund und Länder und die Projektbeteiligten an einem Strang ziehen“. Von der Beauftragung bis zur Fertigstellung des Projekts in Wilhelmshaven vergingen lediglich 200 Tage.

Längerfristiger Chartervertrag erforderlich

Zum Jahreswechsel sollen ein weiteres LNG-Terminal in Brunsbüttel und ein privates Projekt in Lubmin einsatzbereit sein. Bis zum Winter 2023/24 sollen zwei weitere private Einrichtungen stehen. Die fünf LNG-Terminals sollen Deutschland in die Lage versetzen, ein Drittel des deutschen Gasbedarfs des Vorjahres zu decken.

Wie n-tv mitteilt, hat die Bundesnetzagentur das Terminal in Lubmin von der Tarif- und Netzzugangsregulierung befreit. Dies hatte zuvor der Betreiber Deutsche Regas bestätigt. Der Schritt entspreche sonst üblichen Vorgaben zum Wettbewerbsrecht. Eine Freistellung ist demnach möglich, wenn etwa die Versorgungssicherheit verbessert werden kann.

Zuvor hatte Deutschland keine eigenen Anlandeterminals unterhalten, weil der Großteil seiner Gaslieferungen über Pipeline-Projekte aus der Russischen Föderation kam. Der Krieg in die Ukraine und die EU-Sanktionen führten zum Ende der langjährigen Energiepartnerschaft mit Russland.

Einer der Faktoren hinter der Preisexplosion ist der Umstand, dass die LNG-Terminals für die Dauer von 15 Jahren gechartert werden müssen. Dies geht aus den Unterlagen des Haushaltsausschusses hervor. Ursprünglich ging man in der Bundesregierung von zehn Jahren aus.

LNG-Terminals noch nicht fertig – Grüne sprechen bereits von „Überkapazitäten“

Aus ähnlichen Gründen war bereits eine von Minister Habeck angestrebte Partnerschaft mit Katar im Sommer gescheitert. Die Verantwortlichen im Golfemirat bestanden ebenfalls auf eine mindestens 15-jährige Bindung. Der deutschen Regierung, die einen schnelleren Ausstieg aus fossiler Energiegewinnung anstrebt, war dies zu lange.

Bezüglich der neuen deutschen LNG-Terminals gebe es zwar die Option, die Nutzungsdauer auf zehn Jahre zu beschränken. Allerdings müsse diese bereits im nächsten Jahr ausgeübt werden. Die Grünen bringen sich bereits in Stellung. Gegenüber dem „Spiegel“ äußert Haushaltspolitiker Sven Christian Kindler, es sei zwar kurzfristig erforderlich, die Gasversorgung zu sichern:

…aber wir müssen aufpassen, dabei keine fossilen Überkapazitäten für die Zukunft zu schaffen.“

Zweifel an Verfassungsmäßigkeit der „Übergewinnsteuer“

Unterdessen hat CDU-Chef Friedrich Merz Zweifel an der Wirksamkeit der geplanten Preisbremsen für Strom und Gas geäußert. Es sei „eine Herausforderung, auf einem Weltmarkt wirksam nationale Preisbremsen einzubauen“, äußerte er gegenüber der Funke-Mediengruppe. Zudem sei bezüglich der sogenannten Übergewinnsteuer eine verfassungskonforme Lösung schwer vorstellbar. Merz betonte:

Wenn wir die Energiepreise nachhaltig senken wollen, müssen wir das Angebot ausweiten – und alle verfügbaren Quellen ans Netz nehmen.“

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) äußert ebenfalls Zweifel an der Tragfähigkeit der geplanten Strompreisbremse. Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte deren Vorstandschef Daniel Bauer:

Nachträgliche Eingriffe in die Besteuerung lehnen wir ab. Gerade Energieunternehmen haben eher maue Jahre hinter sich, in denen gab es ja auch keine Steuererleichterungen oder Zuschüsse.“

Stadtwerke können Strompreisbremse nicht zum 1. Januar umsetzen

Bereits am Wochenende äußerten Vertreter von Stadtwerken Zweifel an der Umsetzbarkeit der Strompreisbremse vor März. Ursprünglich soll diese nach dem Willen der Bundesregierung schon ab Januar greifen – ebenso wie die Gaspreisbremse. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer beim Stadtwerkeverband VKU, äußerte gegenüber „Bild“:

Wir kennen Stand heute noch keine Vorschriften, wir kennen die Regeln, die wir umsetzen sollen, noch nicht.“

Die Stadtwerke müssten, um die Strompreisbremse umsetzen zu können, komplexe IT-Abläufe verändern und dazu erst die darauf spezialisierten Dienstleister beauftragen.

Die Strompreisbremse soll den Strompreis im Umfang von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs bei maximal 40 Cent je Kilowattstunde einfrieren. Das ist bereits ein deutlich höheres Niveau als vor dem Ukraine-Krieg. Um die Maßnahme zu finanzieren, will man sogenannte Zufallsgewinne abschöpfen.

Darunter versteht die Bundesregierung Gewinne, die vor allem Produzenten mit geringen Herstellungskosten aufgrund der Preisexplosion an den Börsen gemacht hätten. Dies betrifft hauptsächlich Hersteller von Ökostrom.

(Mit Material von dpa)



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