Lützerath fast vollständig geräumt – Talkshow illustriert grüne Doppelstrategie

Bis zum Ende des Monats soll der Rückbau der Siedlung Lützerath abgeschlossen sein. Grüne Funktionäre äußern Verständnis für Proteste gegen eigene Politik.
Blick auf das Tagebaugebiet bei Lützerath - der Energiekonzern RWE will die darunter liegende Kohle abbaggern.
Blick auf das Tagebaugebiet bei Lützerath – der Energiekonzern RWE will die darunter liegende Kohle abbaggern.Foto: Thomas Banneyer/dpa
Von 16. Januar 2023

Die Polizei hat die Räumung der Siedlung Lützerath am Wochenende weitgehend abschließen können. Am Sonntag (15.1.) war nur noch die Evakuierung zweier sogenannter Klimaaktivisten offen, die sich in einem Tunnel verschanzt hatten. Bis Ende des Monats soll der Rückbau abgeschlossen sein. Dann kann – wie von den Wirtschaftsministerien in Bund und NRW mit dem Energiekonzern RWE vereinbart – der Kohleabbau beginnen. Beide Ministerien werden von Politikern der Grünen geführt.

Lützerath als „Hartz IV der Grünen“?

Der Abbau von Kohle in Lützerath war ein Zugeständnis der Partei an den Energieversorger. Im Gegenzug stimmte dieser einem Vorziehen des Kohleausstiegs in NRW auf 2030 zu. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte deshalb auch in der Vorwoche den Rückbau von Lützerath gegen den Protest radikaler Teile der „Klimabewegung“. Unter den zum Teil gewalttätigen Besetzern der Siedlung fanden sich auch Funktionäre und Mitglieder der Grünen.

Habeck betonte, Lützerath illustriere einen „Schlussstrich“ unter die Braunkohleverstromung in NRW. Es sei richtig gewesen, diesen Schritt zu gehen, um die Energienotlage in Deutschland abzuwehren, die infolge der Gasmangellage zu befürchten gewesen sei.

Unterdessen ließ Parteisprecherin Ricarda Lang in der ARD-Talkshow „Anne Will“ anklingen, dass die Grünen gezielt auf eine Doppelstrategie setzten. Sie war mit der Frage konfrontiert, ob Lützerath zum „Hartz IV“ der Partei werden könne. Dieses Thema hatte die SPD in den 2000er-Jahren in eine tiefe Krise gestürzt. Eine Folge davon war auch die bundesweite Etablierung der Linkspartei. Radikale Klimaparteien links der Grünen haben bis dato hingegen kaum zählbare Wahlerfolge erzielen können.

Institut der Deutschen Wirtschaft: „Moral“ und „Haltung“ vergiften Klimadebatte

Zu diesen zählen offenbar auch Wissenschaftler wie Mojib Latif. Der Klimaforscher, der im Jahr 2000 erklärt hatte, Winter mit starkem Frost und viel Schnee gehörten der Vergangenheit an, war auch bei „Anne Will“ zu Gast. Dort erklärte er es zur „verdammten Pflicht aller und insbesondere der Politik“, einen „radikalen Weg“ einzuschlagen. Es reiche nicht mehr aus, sich „immer nur ein wenig und nur schrittweise auf das notwendige Ziel der CO₂-Reduzierung einzulassen“.

Demgegenüber äußerte der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, „Moral“ und „Haltung“ ruinierten den notwendigen Diskurs in der Klimafrage. Die Politik müsse sich Flexibilität erhalten, um auf Herausforderungen bei der Energieversorgung reagieren zu können. Dazu gehöre etwa auch eine weitere Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke.

RWE geht nun von einer Bewältigung des Abrisses von Lützerath innerhalb der nächsten acht bis zehn Tage aus. Bis dahin werde auch die Polizei vor Ort bleiben. Ein Sprecher äußerte gegenüber der „Rheinischen Post“:

Im März oder April könnte der Tagebau dann das frühere Dorf erreichen und abbaggern.“

Die meisten noch verbliebenen Gebäude in Lützerath waren am Sonntag bereits abgerissen. Auch die 35 verbliebenen „Baumstrukturen“ sowie knapp 30 Holzkonstruktionen seien entfernt. Die Polizei hat Lützerath abgeriegelt und mit einem doppelten Zaun umgeben.

Polizei musste 300 Personen vom Gelände in Lützerath entfernen

Im Zuge der Räumung haben die Einsatzkräfte etwa 300 Besetzer vom Gelände entfernt. Aufgrund des teilweise gewaltsamen Vorgehens der sogenannten Aktivisten ermittle in 154 Fällen die Staatsanwaltschaft. Seit Beginn des Räumungseinsatzes gehen die Einsatzkräfte von mehr als 70 verletzten Beamten aus. Nicht alle diese Fälle seien einem Sprecher der Polizei zufolge auf Gewalt durch Demonstranten zurückzuführen.

Bereits in der Vorwoche hatten dem Portal „Pleiteticker“ zufolge 600 gewalttätige Linksextremisten unter den Demonstranten die Beamten mit Flaschen, Steinen und Böllern beschossen. Angriffe soll es auch auf Bauarbeiter gegeben haben. Einige der sogenannten Aktivisten sollen zudem Kinder als Schutzschilde in die Gefahrenzone mitgebracht haben.

„Fridays for Future“-Sprecherin Luisa Neubauer sprach von einem „unverhältnismäßig gewalttätigen Einsatz“ gegen „friedliche“ Proteste. Demgegenüber verteidigte NRW-Innenminister Herbert Reul das Vorgehen der Beamten.

„Wir haben gestern Provokationen, Anfeindungen und Angriffe gegen die Polizei gesehen“, sagte der CDU-Politiker am Sonntag der „Rheinischen Post“ (Montagausgabe). Ein nicht unerheblicher Teil der Demonstranten habe den abgesprochenen Demonstrationsweg verlassen und die Konfrontation mit den Beamten gesucht.

Polizeigewerkschaft: „Fehlende Distanzierung zu gewalttätigen Demonstranten“

Die Polizei habe „deeskalierend“ gewirkt und auf „Dialog und Vernunft“ gesetzt, machte Reul deutlich.

 

Aber es war genauso klar, dass die Polizei entschieden handeln und geltendes Recht durchsetzen wird, wenn es notwendig ist.“

Es sei ein „Erfolg der Aachener Polizei“, dass der Plan gewalttätiger Demonstranten, den Zaun um Lützerath zu überwinden, scheitern würde. Wo der Eindruck unangemessenen Vorgehens entstanden sein sollte, werde man die Fälle untersuchen.

Man habe vereinzelte Aufnahmen im Internet gesehen, die einer Untersuchung bedürften, erläuterte Reul.

 

Das werden wir uns genau anschauen, da haben wir auch Strafanzeige gestellt vorsichtshalber, weil ich finde, das muss gecheckt werden. Das habe ich die letzten Jahre immer gemacht, und das wird auch jetzt so gemacht.“

Andreas Roßkopf, der Vorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, sprach gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ von einem Einsatz mit „Besonnenheit“ und dem „nötigen Augenmaß“. Allerdings hätten es friedliche Teilnehmer nicht geschafft, „sich von den gewalttätigen Teilnehmern zu distanzieren“. Dies habe es den Beamten erschwert, „hier angemessen einzuschreiten“. Insgesamt hätten die Einsatzkräfte mit Besonnenheit und „dem nötigen Augenmaß“ agiert.

(Mit Material von dpa und dts)



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