Sicherheitskonferenz in München: Pompeo weist Steinmeier-Kritik zurück

Ist die Nato hirntot? Wie stark muss Europa sich von den USA abnabeln? Frankreichs Präsident hat zuletzt mehrfach mit starken Thesen für Furore gesorgt. Bei der Sicherheitskonferenz in München könnte Macron heute nachlegen.
Titelbild
Mike Pompeo.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times15. Februar 2020

US-Außenminister Mike Pompeo hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz jede Kritik an der US-Regierung und am schwindenden Zusammenhalt im westlichen Bündnis zurückgewiesen.

Er rief die Verbündeten in Europa am Samstag auf, mit den USA für politische Freiheiten und eine Zusammenarbeit souveräner Staaten zu streiten. Kritik an politischen Alleingängen seiner Regierung ließ er nicht gelten.

„Der Westen gewinnt, zusammen gewinnen wir“, sagte Pompeo. An mehreren Stellen seiner Rede stellte er sich inhaltlich gegen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der am Freitag in München eine düstere Bilanz der Weltlage und der internationalen Zusammenarbeit gezogen hatte. „Es hat immer Leute gegeben, die alles schwarz gesehen haben“, sagte Pompeo. Es gebe taktische Unterschiede, aber bei der Analyse der Probleme sei man sich einig.

Pompeo ruft zu Entschlossenheit auf

Der frühere CIA-Chef rief die westlichen Partner zu Entschlossenheit auf. „Nennen Sie mir ein Beispiel aus der Geschichte, wo sich die Schwachen und Kleinmütigen durchgesetzt haben“, sagte er. Pompeo sagte, der Vorwurf, die USA verweigerten sich in der Zusammenarbeit in einer internationalen Gemeinschaft sei falsch, wie auch Kritik, dass das transatlantische Bündnis am Ende sei.

Pompeo rief dazu auf, sich zusammen gegen ein aggressives Auftreten von Staaten wie China, Russland und Iran zu stellen. Ausdrücklich nannte er chinesische Technologiefirmen, die „Trojanische Pferde“ chinesischer Geheimdienste seien.

Die USA wollen mit einer Finanzspritze von einer Milliarde Euro die energiepolitische Unabhängigkeit von Ländern in Osteuropa von Russland fördern. Im Konflikt um das Energieprojekts Nord Stream 2 solle das Geld an die Länder der sogenannten Drei-Meere-Initiative in Zentral- und Osteuropa gehen und für mehr energiepolitische Unabhängigkeit Europas sorgen, sagte Pompeo. Ziel sei, Investitionen der Privatwirtschaft in den Energiesektor zu fördern.

Mit Blick auf das von Deutschland befürwortete Energieprojekt stellte Pompeo erneut infrage, dass es sich dabei um ein rein wirtschaftliches Projekt handele. Die USA warnen seit langem vor einer zu großen Abhängigkeit der EU von russischem Gas und wollen das Nord Stream 2 verhindern.

Macron mit Spannung erwartet

Als prominentester Gast wird heute Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei der Münchner Sicherheitskonferenz erwartet. Nachdem der 42 Jahre alte Franzose in den vergangenen Wochen wiederholt sicherheitspolitisch für Wirbel gesorgt hatte, darf man gespannt sein, ob er an diesem Wochenende nachlegt.

Neben Macron werden auch Bundesverteidigungsministern Annegret Kramp-Karrenbauer sowie etliche internationale Spitzenpolitiker auf den Münchner Bühnen erwartet. Da Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in diesem Jahr nicht in München zu Gast ist, gilt die Rede der scheidenden CDU-Chefin als deutsche Antwort auf Macron.

In einem Gespräch mit Konferenzleiter Wolfgang Ischinger kann Macron direkt eine Antwort auf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geben. Der hatte Macrons jüngsten Thesen in seiner Eröffnungsrede am Freitag in Teilen widersprochen. Der Franzose hatte der Nato im vergangenen Jahr den Hirntod attestiert und immer wieder gefordert, dass Europa sich unabhängiger von der Supermacht USA machen müsse. Grundsätzlich stellt Macron die Zusammenarbeit mit Washington aber nicht infrage. Zudem bot er den europäischen Partnern zuletzt eine engere Zusammenarbeit bei der atomaren Abschreckung an.

Auch Afghanistans Präsident Aschraf Ghani, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sowie die Außenminister Chinas, Russlands und des Iran – Wang Yi, Sergej Lawrow und Mohammed Dschawad Sarif – werden auftreten.

Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, wird über die Entwicklung des neuartigen Coronavirus berichten.

Außerdem werden Facebook-Chef Mark Zuckerberg und Microsoft-Präsident Brad Smith erwaret.

Einziges EU-Land mit Atomwaffen

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach sich gegen eine engere Kooperation bei der Abschreckung mit Atomwaffen aus. Vielmehr müsse auch Frankreich Schritte hin zu einer Abschaffung seines Atomwaffenarsenals unternehmen, sagte Mützenich der Deutschen Presse-Agentur. Macron habe angekündigt, dass er Abrüstung und Rüstungskontrolle wolle. Das müsse sich „in der nächsten Zeit auch in der französischen Politik widerspiegeln“, forderte Mützenich. Frankreich ist nach dem Brexit das einzige EU-Land mit eigenen Atomwaffen.

Steinmeier sagte am Freitag in München: „Die Europäische Union allein kann die Sicherheit aller ihrer Mitglieder bei allen Fortschritten noch auf lange Sicht nicht garantieren. Und auf die EU allein zu setzen, hieße Europa in die Spaltung zu treiben.“ Insgesamt zog der Bundespräsident eine düstere Bilanz der Weltlage und warb für mehr beherztes deutsches Engagement in der Krisendiplomatie. „Wir werden heute Zeugen einer zunehmend destruktiven Dynamik der Weltpolitik. Vom Ziel internationaler Zusammenarbeit zur Schaffung einer friedlicheren Welt entfernen wir uns von Jahr zu Jahr weiter.“

Maas fordert Strategien

Außenminister Heiko Maas (SPD) zitierte in seiner Rede hingegen den früheren SPD-Verteidigungsminister Peter Struck, der zu Beginn des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr gesagt hatte, Deutschlands Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt. „Man muss heute hinzufügen – auch im Irak, in Libyen und im Sahel – aber eben genauso am Verhandlungstisch in New York, Genf oder Brüssel.“ Maas betonte, ohne Diplomatie und ohne klare politische Strategie drohten Militäreinsätze zu verpuffen. Schlimmstenfalls verschärften sie die Krisen. Deswegen dürfe man „mehr Verantwortung“ nicht mit „mehr Engagement“ gleichsetzen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat das transatlantische Bündnis aus Europa und Nordamerika eindringlich zur Geschlossenheit aufgerufen. Er glaube nicht an „Europa alleine“ oder „Amerika alleine“, sagte der Norweger bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Beide Seiten sollten nicht gegeneinander antreten. (dpa/dts/afp)



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