Merkel konform mit Obama: Meiste syrische Flüchtlinge „flohen vor Assad, nicht IS“

Angela Merkel zeigte sich heute sehr konform mit dem scheidenden US-Präsidenten Barack Obama, von dem ihr der Abschied schwerfalle. Bei einer Pressekonferenz sprachen die beiden über Globalisierung, Russland und Syrien. Auch das erstarken konservativer Kräfte war nach dem Wahlsieg von Donald Trump ein Thema.
Titelbild
US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel gaben heute eine letzte gemeinsame Pressekonferenz.Foto: BRENDAN SMIALOWSKI/AFP/Getty Images
Von 17. November 2016

„Was uns verbindet ist die Überzeugung, dass Globalisierung menschlich gestaltet werden muss, dass sie politisch gestaltet werden muss“, sagte die Bundeskanzlerin heute bei ihrer letzten Pressekonferenz mit US-Präsident Obama über die Beziehung von Deutschland und den USA. Es könne keine Rückkehr in ein Zeitalter vor der Globalisierung geben. Sie freue sich über das Freihandelsabkommen, dass man mit Kanada seitens der EU noch zu Ende bringen konnte. (Gemeint war CETA.) Merkel würdigte das Pariser Klimaschutz-Abkommen, dass ohne Barack Obama nie hätte zustande kommen können.

Die deutsch-amerikanische Außenpolitik sei interessengeleitet, aber auch wertegebunden. An Obama gerichtet sagte sie: „Danke für eine gute freundschaftliche und intensive Zusammenarbeit“.

Obama nennt Merkel seine „wunderbare Freundin und Unterstützerin“, er hätte sich in den vergangenen acht Jahren keine standfestere Partnerin auf der politischen Weltbühne vorstellen können.

Obama lobt die Globalisierung als Win-win-Situation. Es sei wichtig dass die wirtschaftliche Integration der Völker noch verstärkt werde, sagt er in Bezug auf Europa und die EU. Die EU sei einer der wichtigsten politischen Erfolge, ein Erfolg, den man nicht als selbstverständlich betrachten würde und den man weiter absichern müsse. Man müsse sich das geteilte Europa der Vergangenheit vor Augen halten. Man müsse die Grundsätze hochhalten, die zu einem noch nie dagewesenen Wohlstand auf der Welt geführt hätten.

Obama besteht auf Russland-Sanktionen

Zum Thema Russland sagte Obama: Die Sanktionen müssten unbedingt aufrecht erhalten werden, solange das Minzk-Abkommen noch nicht umgesetzt sei. Er hofft, dass der neue Präsident „einen ähnlich konstruktiven Ansatz“ finde, mit Russland zusammenzuarbeiten und auch in der Lage sein werde, Russland Paroli zu bieten, wenn die Interessen einmal unterschiedlich seien.

Im Cyberbereich müsse man Rahmenentwicklungen und internationale Normen erarbeiten, sonst werde es ein Wettrüsten im Cyberbereich geben.

Merkel sagt, sie sei trotz des sehr harten US-Wahlkampfs sehr beeindruckt, wie die Übergabe der Regierung ablaufe. Dies spreche für die amerikanische Demokratie. In Sachen Russland schloss sie sich Obama an: Es gehe um Prinzipien. Wo es tiefgreifende unterschiedliche Bewertungen gebe müsse man dies auch mit politischen Mitteln deutlich machen, so Merkel.

Populismus / Erstarken konservativer Kräfte

Obama sprach über die Veränderung der Welt: Man fühle sich wirtschaftlich weniger sicher und weniger sicher bezüglich der eigenen Identität. Man versuche, die Kontrolle über das eigene Leben zurückzuerhalten. Diese Veränderung gebe es „in allen unseren Ländern“. Man dürfe sich da nicht auf einfache Erklärungen oder groben Nationalismus verlassen. Solange Wahlen mit Integrität abgehalten würden, solange es Rede- und Meinungsfreiheit gebe, solange es Gewaltenteilung gebe, könne man sicher sein, dass sich der Fortschritt fortsetzen werde, so Obama.

Es sei besonders wichtig, „dass wir uns an alle Menschen in unseren Ländern wenden“, auch an die, welche vor der Globalisierung Angst hätten. Man müsse mit ihnen konstruktiv umgehen. Es sei leichter simple, negative Slogans zu verbreiten, als die Welt konstruktiv voranzubringen. Die Jugend fühle sich wohler mit der Vielschichtigkeit und Vielfalt in den Gesellschaften. Sie sehe sich als Teil einer globalen Gesellschaft. Sie sei in der Lage, über Grenzen hinweg miteinander zu arbeiten. Dies sei die Zukunft und man müsse nun Brücken in die Zukunft bauen, so Obama.

Merkel kündigt Entwicklungshilfe für Afrika an

Merkel sagt: Deutschland habe nach der Zeit des Nationalsozialismus ungeheuer viel Hilfe von den USA erhalten, auch bei der Wiedervereinigung. Dies ermögliche Deutschland heute, verstärkt seiner Verantwortung nachzukommen. „Wir werden uns alle mehr um Entwicklungshilfe kümmern müssen“, kündigt sie an, weil in einer digital-vernetzten Welt die sozialen Unterschiede nicht mehr beliebig groß sein dürften. Bezüglich Deutschland sagt sie: Es gehe nicht um Eigenständigkeit. „Bündnisse sind für uns Teil unseres Schicksals und unserer Zukunft“, so die Kanzlerin.

Der Abschied von Obama falle ihr schwer, so Merkel, noch dazu, weil man gut zusammengearbeitet habe.

Merkel: Meiste Syrer „flohen vor Assad“

Bezüglich Syriens sagte Obama, dass Russland teilweise die barbarischen Methoden der Assad-Regierung unterstütze. Es sei jetzt wegen des Präsidentschaftswechsels keine 180-Grad-Wende der USA bezüglich Russlands oder des Irans zu erwarten.

Merkel: „Was Assad anbelangt: Assad hat aktiv seine eigene Bevölkerung mit Fassbomben bombardiert, er hat in Aleppo unendliches menschliches Leid verursacht.“ Man müsse nur mal mit den syrischen Flüchtlingen in Deutschland sprechen. Die allermeisten seien vor Assad geflohen und nicht einmal vor dem IS, so Merkel.

Foto: BRENDAN SMIALOWSKI/AFP/Getty Images

 



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion