Mittelschicht schrumpft: 95 Prozent der Reichen leben im westlichen Teil Deutschlands

Die Mittelschicht in Deutschland schrumpft - entweder werden sie ärmer oder reicher. 1991 waren rund 11 Prozent Arm, 2015 sind es bereits 16,8 Prozent. Knapp 62 Prozent der dauerhaft Armen leben in den neuen Bundesländern.
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Für die Reichen ein Blick auf Fontvieille, Monaco.Foto: iStock
Epoch Times5. November 2018

Der Anteil der mittleren Einkommen nehme immer weiter ab, erläuterte die Studienautorin Dorothee Spannagel von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Montag. Diese Entwicklung nage an der Stabilität der Demokratie. „Nicht nur geht die Einkommensschere auf, auch die Lebenswelten von Armen, Mittelschicht und Reichen fallen immer weiter auseinander“, warnte sie.

Für die Studie wertete das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Stiftung Einkommensdaten aus dem Sozio-Oekonomischen Panel von 1991 bis 2015 aus. An dieser Befragung nehmen jährlich 11.000 Haushalte teil. Spannagel teilte diese in arm und reich und analysierte, wie sich die Anteile über die Zeit veränderten.

Als arm gilt ein Haushalt, der weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. 2015 lag die Armutsgrenze bei einem Netto-Jahreseinkommen von weniger als 12.192 Euro für einen Single-Haushalt. Als reich gelten demnach Haushalte, die mindestens das Doppelte des mittleren Einkommens erzielen. Das galt etwa für einen Alleinstehenden, der im Jahr 2015 mindestens über 40.639 Euro netto verfügen konnte.

Dabei zeigte sich, dass die Mittelschicht immer weiter schrumpft, während die Ränder breiter werden. Waren 1991 rund elf Prozent aller Menschen in Deutschland einkommensarm, stieg die Quote auf knapp 16,8 Prozent im Jahr 2015. Bei den Reichen stieg die Quote von 5,6 auf 7,5 Prozent.

Besonders problematisch ist laut Spannagel, dass sich die Ränder verfestigen. Dafür analysierte sie, wie viele Haushalte über einen Zeitraum von fünf Jahren unter der Armuts- oder oberhalb der Reichtumsgrenze lagen. Für den Zeitraum 1991 bis 1995 blieben 3,1 Prozent der Bevölkerung über die gesamte Zeitspanne arm. 2011 bis 2015 waren es 5,4 Prozent. Die Quote der dauerhaft Reichen stieg hingegen von 2,3 Prozent auf 3,4 Prozent – bezogen auf Westdeutschland.

Das liegt laut der Studie aber nah am Gesamtschnitt, da 95 Prozent der dauerhaft Reichen im Westen leben. Hingegen leben knapp 62 Prozent der dauerhaft Armen in den neuen Ländern, obwohl dort nur ein Fünftel der Gesamtbevölkerung ansässig ist. Spannagel forderte deshalb, die Lohnunterschiede zwischen West und Ost zu verringern.

Außerdem sei es zentral, Kinder aus benachteiligten Familien möglichst frühzeitig gezielt zu fördern, damit sich Armut nicht in die nächste Generation fortsetze. Dafür empfahl die Forscherin einen Ausbau und möglichst kostenlosen Zugang zu Kinderbetreuung ebenso wie flexiblere Arbeitszeitmodelle für erwerbstätige Eltern. Solche Maßnahmen kämen insbesondere Alleinerziehenden zugute – einer Bevölkerungsgruppe, die überdurchschnittlich häufig in dauerhafter Armut lebt. Ebenso schlug Spannagel für Langzeitarbeitslose öffentlich bezuschusste Arbeitsplätze vor, um ihnen den Einstieg in den regulären Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Verena Bentele, erklärte: „Es darf nicht sein, dass trotz der starken Wirtschaftskraft ein großer Anteil der Bevölkerung dauerhaft vom Wohlstand abgehängt bleibt.“ Sie forderte eine Finanztransaktionssteuer, eine Vermögenssteuer und den verstärkten Kampf gegen Steuerhinterziehung. „Dies führt nicht nur zu höheren Steuereinnahmen, sondern auch dazu, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht immer weiter auseinandergeht.“ (afp)



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