Nato-Streit über mögliche Stationierung von US-Atomraketen in Europa
Die USA und europäische Nato-Verbündete streiten über eine mögliche Stationierung von landgestützten atomaren Marschflugkörpern in Europa. Die Amerikaner erwägten eine solche Maßnahme als Reaktion auf eine angebliche Verletzung des INF-Abrüstungsvertrags durch russische Raketentests, berichtet der "Spiegel". Bei einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister Anfang Februar sprachen sich jedoch Deutsche und Franzosen grundsätzlich dagegen aus, auf die angebliche Vertragsverletzung durch Russland zu reagieren.
Europäische Nato-Verbündete zweifeln an den US-Vorwürfen. Keiner der europäischen Geheimdienste verfügt über die Aufklärungsmöglichkeiten der Amerikaner. Im INF-Vertrag hatten die Supermächte 1987 vereinbart, alle landgestützten Mittelstreckenwaffen zu verschrotten und künftig auf neue zu verzichten. Washington wirft Moskau nach "Spiegel"-Informationen nun vor, es habe den Marschflugkörper R-500, geschätzte Reichweite: 500 Kilometer, und die ballistische RS-26-Rakete, die das gesamte europäische Nato-Territorium bedrohen kann, in einer Weise getestet, die den INF-Vertrag verletze.
Nach Angaben von Brian McKeon, stellvertretender Staatssekretär im Pentagon, bereite Washington jetzt Antworten vor, um die Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten zu wahren. Eine mögliche Antwort, ließ er verlauten, sei die "Stationierung landgestützter Marschflugkörper in Europa". Für die Große Koalition ist schon eine Debatte über Mittelstreckenwaffen brisant. Er sehe die Entwicklung mit "großer Sorge", erklärt Rolf Mützenich, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion. Die USA hatten zuletzt Anfang der Achtzigerjahre im Rahmen des Nato-Doppelbeschlusses knapp 600 Atomraketen in Europa stationiert. Der Streit über diese sogenannte Nachrüstung führte die SPD an den Rand der Spaltung, kostete Kanzler Helmut Schmidt 1982 indirekt sein Amt und trug zum Aufstieg der Grünen bei.
(dts Nachrichtenagentur)
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