Neuer Wirtschaftsstabilisierungsfonds: Regierung setzt Ausschuss für Staatshilfen ein – Ein Problem ist die Lufthansa

Der neue Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesregierung hat ein Volumen von 600 Milliarden Euro und soll über Beteiligungen des Bundes an Unternehmen entscheiden. Auch die Lufthansa hat ein Problem.
Titelbild
Auch dieser Airbus A380-800 der Lufthansa blieb am Boden (Frankfurt Airport, 25. März 2020).Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Epoch Times26. April 2020

In der Coronakrise bereitet sich die Bundesregierung auf Rettungsmaßnahmen durch den neuen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) vor. Mit dem WSF-Ausschuss setzte die Regierung ein Gremium hochrangiger Regierungsbeamter ein, das über künftige Staatshilfen entscheiden soll, berichtet das „Handelsblatt“ (Montagausgabe) unter Berufung auf Regierungskreise. Demnach haben sich am vergangenen Donnerstag die Mitglieder zur konstituierenden Sitzung getroffen.

Der Ausschuss soll über alle Garantien von mehr als 500 Millionen Euro und Beteiligungen des Bundes an Unternehmen entscheiden, wenn diese durch die Corona-Pandemie Schwierigkeiten geraten sind. Sechs Regierungsbeamte sind stimmberechtigte Mitglieder im WSF.  Daneben gibt es noch zwei beratende Mitglieder.

Gesamtvolumen: 600 Milliarden Euro

Der WSF hat ein Volumen von 600 Milliarden Euro. Der Fonds soll 400 Milliarden an Garantien vergeben können, damit Unternehmen sich weiter Geld leihen können und liquide bleiben.

Mit weiteren 100 Milliarden kann sich der WSF auch an Unternehmen beteiligen. In der konstituierenden Sitzung des WSF-Ausschusses am Donnerstag wurden noch keine Entscheidungen über mögliche Hilfen getroffen, berichtet das „Handelsblatt“.

Dies ist derzeit noch nicht möglich, da die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission noch nicht vorliegt. Mit der Sitzung sollte vielmehr dafür gesorgt werden, dass der Ausschuss nun zeitnah arbeitsfähig ist.

Lufthansa in „intensiven Gesprächen“ über mögliche Staatshilfe

Die Lufthansa verhandelt derzeit mit mehreren Staaten über mögliche Unterstützung. Der Konzern befinde sich mit den Regierungen seiner „Heimatländer“ Deutschland, Schweiz, Österreich und Belgien „in intensiven und konstruktiven Gesprächen“, sagte eine Lufthansa-Sprecherin am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. Die konkrete Ausgestaltung möglicher Staatshilfen gibt es Streit in der Koalition.

In den Gesprächen mit den Regierungen gehe es um „Finanzierungsinstrumente, um kurzfristig eine nachhaltige Sicherung der Solvenz zu erreichen“, sagte die Lufthansa-Sprecherin. Berichte über ein kurz bevorstehendes Spitzentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen Kabinettsmitgliedern wollte sich nicht kommentieren. Auch von der Bundesregierung gab es dazu keinen Kommentar.

Für die staatliche Unterstützung gibt es verschiedene Optionen. SPD-Fraktionschef Mützenich wandte sich in diesem Zusammenhang gegen die Möglichkeit einer stillen Beteiligung des Bundes. „Wenn Unternehmen wie Lufthansa aus Steuergeldern Staatshilfen in Milliardenhöhe bekommen, müssen auch Mitspracherechte für den Bund gewährleistet sein“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Das ist schon aus Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unerlässlich.“

Dem widersprach Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann (CDU). „Sollte der Staat sich direkt beteiligen und Politiker Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nehmen, dann muss das sehr gut begründet werden. Ich habe bislang noch von keiner solchen Begründung gehört“, sagte er dem „Handelsblatt“.

„Auch bei einer stillen Beteiligung muss die Lufthansa sich an die Regeln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) halten, etwa bei der Auszahlung von Dividenden“, betonte Linnemann. „Um die zu untersagen braucht der Staat keinen Sitz im Aufsichtsrat.“

Staatliche Lenkung privater Unternehmen?

Auch die Opposition ist in der Frage gespalten. „Staatshilfen sind kein Freifahrtschein für den Eingriff in die unternehmerische Freiheit“, sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr AFP. „Die FDP hat dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds auch deshalb zugestimmt, weil man sich einig war, dass eine staatliche Lenkung privater Unternehmen wie der Lufthansa ausgeschlossen wird.“

Dürr warf der SPD „wilde Verstaatlichungsfantasien“ vor. Diesen müsse die Bundeskanzlerin „einen Riegel vorschieben“.

Dagegen erklärte Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi, eine stille Beteiligung würde bedeuten, „der Staat schiebt die Kohle rüber, hat aber nichts zu sagen“. Nach der Corona-Pandemie werde jedoch ein „unternehmerischer Staat“ gebraucht, „der eingreift und die Interessen von Beschäftigten und Allgemeinheit schützt“.

Die Grünen-Fraktion lehnt eine „passive Zuschauerrolle“ des Staates ebenfalls ab. „Wenn der Bund Lufthansa hilft, braucht er ein aktives Mitspracherecht und muss Einfluss auf die Zukunftsausrichtung, insbesondere auf die Strategie zur Klimaneutralität und die soziale Ausrichtung nehmen“, erklärten die Wirtschaftsexpertin Katharina Dröge und der Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler.

Allein im ersten Quartal summierte sich der operative Verlust der Lufthansa auf mehr als eine Milliarde Euro, für das zweite Quartal rechnet der Konzern noch mit einem „erheblich höheren“ Verlust. (dts/afp)



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion