NRW-Landtag: Debatte zur Großrazzia gegen mutmaßlich rechtsextremistische Polizisten

Titelbild
Innenminister Herbert Reul, NRW.Foto: Sascha Schuermann/Getty Images
Epoch Times16. September 2020

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen ging mit einer Großrazzia mit mehr als 200 Beamten am Mittwoch (16.9.) gegen Kollegen vor, die in privaten Chatgruppen rechtsextremistische Hetze gepostet haben sollen.

Dazu wird es heute eine Debatte im NRW-Landtag geben zum Thema: „Bekämpfung Rechtsextremismus in der Polizei in NRW“. Innenminister Herbert Reul (CDU)  wird sie durch einen Redebeitrag einleiteten.

Insgesamt wurden am Mittwoch 34 Polizeidienststellen und Privatwohnungen durchsucht worden, sagte Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf. In den Chatgruppen wurde nach seinen Worten „übelste und widerwärtigste Hetze“ betrieben.

Reul sagte, die Vorwürfe träfen „diese Polizei bis ins Mark“. Die strafrechtlichen Ermittlungen unter anderem wegen Volksverhetzung richten sich demnach derzeit gegen elf Beamte, die aktiv rechtsextreme Bilddateien verbreitet haben sollen. Gegen insgesamt 29 Polizisten wurden Disziplinarverfahren eröffnet. Ein Teil von ihnen steht im Verdacht, als Mitglieder der Chatgruppen über die geposteten Nachrichten geschwiegen zu haben. Alle verdächtigen Beamten wurden vom Dienst suspendiert.

Gepostet wurden Bilder von Adolf Hitler

Bei den Nachforschungen überwiegend gegen Mitglieder einer Dienstgruppe der Polizei in Mülheim an der Ruhr, die zum Polizeipräsidium Essen gehört, wurden Reul zufolge weit über hundert in fünf Whatsapp-Gruppen verbreitete Bilddateien entdeckt. Gepostet wurden demnach unter anderem Bilder des Naziführers Adolf Hitler, von Hakenkreuzen und Reichskriegsflaggen sowie eine fiktive Darstellung eines Flüchtlings in einer Gaskammer.

Auf die Spur des mutmaßlichen Netzwerks bei der Essener Polizei kamen die Behörden durch Ermittlungen gegen einen Polizisten, der einem Journalisten Dienstgeheimnisse verraten haben soll. Im Zuge der Nachforschungen im August stießen die Ermittler dann bei dem Polizisten auf die rechtsextremistischen Dateien.

Reul sagte, der Vorgang mache ihn „sprachlos“ und sei eine „Schande für die NRW-Polizei“. Es gelte nun, „glasklare politische Kante“ zu zeigen. Der NRW-Innenminister setzte einen eigenen Sonderbeauftragten ein, der nun unter anderem ein Lagebild über Rechtsextremismus in der Polizei erstellen soll.

„Ich habe das zunächst nicht glauben wollen, dass es wirklich sowas gibt“, sagte Reul zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen. Zwar gelte auch in den vorliegenden Fällen die Unschuldsvermutung, und die Ermittlungen stünden „noch ganz am Anfang“. Angesichts der Schwere der Vorwürfe und der politischen Dimension des Falls gehe es aber „um nicht weniger als das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat“.

Durchsuchungen in Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Moers und Selm

Bei der Razzia am Mittwochmorgen wurden laut Duisburger Staatsanwaltschaft 16 Objekte in Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Moers und Selm durchsucht. Dabei wurde demnach umfangreiches Beweismaterial wie Speichermedien beschlagnahmt.

Der Essener Polizeipräsident Frank Richter äußerte sich „zutiefst bestürzt über das unentschuldbare Fehlverhalten“ der Beamten. Er könne „nur mit aller Deutlichkeit sagen, dass im Polizeipräsidium Essen kein Platz für Personen ist, die sich mit solchen rechten Inhalten identifizieren“, erklärte Richter. „Wer Dienstgeheimnisse verrät und oder rechtes Gedankengut verbreitet, hat in der Polizei nichts zu suchen.“

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerte sich entsetzt über die Vorgänge. „Die Bekämpfung des Rechtsextremismus gehört zur DNA der Polizei“, erklärte der nordrhein-westfälische GdP-Vize Michael Maatz. Dass es Beamte gebe, „die in Chatgruppen rechtsradikale, fremdenfeindliche Inhalte teilen, ist unerträglich“.

Ebenso zeigte sich das Bundesinnenministerium schockiert über die Vorfälle bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Die Berichte seien „in höchstem Maße alarmierend“, sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Wenn das stimme, sei es eine „Schande“ für die Polizei in Nordrhein-Westfalen. Es sei auch „ein Schlag ins Gesicht“ aller Polizisten, die in großer Loyalität zur demokratischen Grundordnung stünden. Der Fall belege aber auch, dass die Sicherheitsbehörden allen Hinweisen mit Konsequenz nachgingen. Es werde nicht nur geredet, sondern auch gehandelt.

FDP-Politiker: „Lagebild über Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden immer dringender“

Der FDP-Obmann im Innenausschuss des Bundestags, Benjamin Strasser, erklärte, angesichts des neuen Falls werde „ein Lagebild über Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden immer dringender“. „Immer wieder wurde die Veröffentlichung des Berichts versprochen und dann doch verschoben“, kritisierte Strasser. Erst im Sommer habe Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Bericht für diesen Monat angekündigt. „Eine weitere Verschiebung wäre nicht akzeptabel.“

Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic zeigte sich alarmiert. Es müsse nun „schnell geklärt werden, ob dieses Netzwerk strategisch gehandelt hat und auch länderübergreifend agiert hat“. „Außerdem ist zu klären, auf welche Daten von Bürgerinnen und Bürgern die Chatteilnehmer Zugriff genommen haben um sie gegebenenfalls für ihre Zwecke zu nutzen“, erklärte Mihalic. „Dieser Skandal muss restlos aufgeklärt werden.“

NRW hat rund 42.000 Polizeibeamte in drei Landesoberbehörden und 47 Kreispolizeibehörden

Zur Wahrung der inneren Sicherheit verfügt in Deutschland jedes Bundesland über seinen eigenen Polizeiapparat. In Nordrhein-Westfalen unterstehen dem CDU-geführten Innenministerium drei Landesoberbehörden und 47 Kreispolizeibehörden. Landesweit beschäftigen diese rund 50.000 Mitarbeiter. Davon sind mehr als 42.000 Polizeibeamte. Bundesweit arbeiten mehr als 300.000 Polizisten und Regierungsbeschäftigte für die Länderpolizeien. Auf der Bundesebene gibt es die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt.

Die Landesoberbehörden der Polizei in Nordrhein-Westfalen unterstützen den Düsseldorfer Innenminister bei der Beaufsichtigung der Kreisbehörden. Zu ihren Kernaufgaben zählen neben Gefahrenabwehr, Kriminalitäts- und Verkehrsunfallbekämpfung auch Verwaltungsaufgaben.

Zu den Polizeibehörden zählt auch das Landeskriminalamt (LKA). Als zentrale Dienststelle mit Sitz in Düsseldorf unterstützt es die Kreispolizeibehörden bei der Verfolgung und Aufklärung von Straftaten. Auf Weisung des Innenministeriums oder eines Gerichts kann das LKA auch in eigener Zuständigkeit Straftaten verfolgen.

Für politisch motivierte Kriminalität sind in Nordrhein-Westfalen Staatsschutzdienststellen in 16 Polizeipräsidien und zwei Abteilungen im LKA zuständig. Weitere NRW-Polizeibehörden sind das Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste und das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten. (afp)



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