Ökonom für Aussetzung der Rentenerhöhung: „Höchste Zeit, den schmerzhaften Wahrheiten ins Auge zu sehen“

Mehr Arbeitslose in der Corona-Krise bedeuten gleichzeitig weniger Renteneinnahmen. Ein Ökonomieprofessor an der Universität Freiburg will die geplante Rentenerhöhung vorerst aussetzen.
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Rente.Foto: iStock
Epoch Times12. Mai 2020

Der Ökonomieprofessor an der Universität Freiburg, Bernd Raffelhüschen, hält es für notwendig, dass die für kommenden Juli beschlossene Rentenerhöhung wegen der Coronakrise kurzfristig ausgesetzt wird.

„Wir brauchen ein Rentenmoratorium bis Ende des Jahres“, sagte Raffelhüschen der „Bild-Zeitung“ (Dienstagausgabe). Erst dann solle die Bundesregierung entscheiden, ob die Rentenerhöhung doch kommt – oder ob sie halbiert werden muss.

Vorgesehen war bisher, dass die Renten zum 1. Juli im Westen um 3,45 Prozent und in den ostdeutschen Bundesländern um 4,2 Prozent steigen.

Würde das Vorhaben jetzt aber kurzfristig wegen Corona gestoppt, könnte die Rentenversicherung damit bis Ende des Jahres um drei bis vier Milliarden Euro entlastet werden, so der Ökonom weiter.

Mehr Arbeitslose bedeutet weniger Renteneinnahmen

Erst dann sei klar, wie stark die Auswirkungen der Coronakrise auf den Arbeitsmarkt und folglich der Renteneinnahmen ausfallen. Andernfalls müssten nur die von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und ausfallenden Lohnerhöhungen betroffenen Erwerbstätigen die Last der Coronakrise tragen.

Der Rentenexperte sprach sich außerdem für eine grundlegende Rentenform aus. Es sei „höchste Zeit, den schmerzhaften Wahrheiten ins Auge zu sehen“. Aufgrund des demografischen Wandels müssten langfristig die Beiträge steigen, die Renten sinken und das Renteneintrittsalter erhöht werden.

„Bleibt das Rentenniveau, wie es ist, dann wird der Beitrag bis 2040 auf 26 bis 27 Prozent steigen – vorausgesetzt, der Bund finanziert den steigenden steuerfinanzierten Zuschuss ohne Probleme. Und was Corona zusätzlich macht, wissen wir erst in zwei bis drei Jahren“, sagte Raffelhüschen der „Bild-Zeitung“.

Ökonom kritisiert Wirtschaftshilfen der Bundesregierung

Der Wirtschaftsphilosoph Birger Priddat kritisiert die Wirtschaftshilfen der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise. „Wir machen große Fehler während der Pandemie. Die Regierung gibt Geld an Unternehmen, ohne auf Kriterien zu achten“, sagte er dem Nachrichtenportal Watson.

Jede Firma erhalte unabhängig von ihrer Umweltverträglichkeit oder Energieeffizienz Unterstützung. „Das könnte der Staat auch anders steuern und er sollte es auch.“ Unternehmen nutzten seiner Meinung nach die aktuelle Situation aus, um sich von klimafreundlicheren Vorgaben zu distanzieren.

Für Priddat sind die angekündigten Dividendenausschüttungen durch Automobilhersteller nicht mit weiteren Wirtschaftshilfen vereinbar: „In Frankreich und in Dänemark bekommen Firmen kein Geld, die noch Dividenden zahlen.“ Die Bundesregierung müsse das ebenfalls überprüfen.

Priddat kritisierte weiter, dass die Wirtschaftlichkeit vieler Unternehmen, die jetzt Staatshilfen erhielten, unklar sei: „Viele Unternehmen sind nicht erst durch die Coronakrise ins Schlingern gekommen, sondern waren vorher schon nicht profitabel und das wird jetzt durch die Hilfszahlungen überdeckt. Die Probleme, die vorherrschten, werden also nur verschoben und kommen dann später ans Tageslicht.“ (dts/nh)



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