Ökonom Raffelhüschen rechnet nach: SPD-Grundrente kostet das Doppelte – Steuerzahler werden irregeführt
Die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigte Einführung einer Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung kostet möglicherweise fast doppelt so viel, wie von ihm veranschlagt wird.
Das ergaben Berechnungen des Finanzwissenschaftlers Bernd Raffelhüschen im Auftrag der Stiftung Marktwirtschaft, über welche die „Welt“ berichtet.
Schon im Jahr der Einführung 2021 belaufen sich die Mehrkosten durch die Grundrente laut Raffelhüschen auf rund sieben Milliarden Euro. Heil gibt die zusätzlichen Ausgaben für das erste Jahr dagegen mit 3,8 Milliarden an.
Rentenentwurf nicht mit der Union abgestimmt
Wenige Tage vor der Europawahl hatte Heil zusammen mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) einen Referentenentwurf vorgelegt, der nicht mit der Union abgestimmt war und deutlich über die im Koalitionsvertrag vorgesehene Regelung hinausgeht.
Die SPD will allen Beziehern von niedrigen Renten, die mindestens 35 Beitragsjahre vorweisen können, eine Aufstockung von bis zu 448 Euro im Monat gewähren. Zeiten der Kindererziehung oder Pflege werden dabei ebenso mitgezählt wie Teilzeit.
Eine Bedürftigkeitsprüfung, wie sie mit CDU und CSU ursprünglich vereinbart wurde, lehnt die SPD ab. Raffelhüschens Berechnungen zeigen, dass für Heils Vorhaben dauerhaft große Summen an Steuer- und Beitragsmittel nötig wären.
„Bereits im Jahr der Einführung ist mit zusätzlichen Kosten von rund sieben Milliarden Euro zu rechnen und bis 2025 werden diese voraussichtlich auf 8,3 Milliarden Euro pro Jahr ansteigen“, rechnet der Leiter des Forschungszentrums Generationenverträge an der Universität Freiburg vor.
Rente wird das Doppelte kosten
Und anstatt der offiziell genannten Summe von 21,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 würden sich die Kosten in diesem Zeitraum auf rund 38 Milliarden Euro addieren, warnte der Ökonom.
Damit lägen die tatsächlichen Kosten der Grundrente für langjährig Versicherte mit unterdurchschnittlichen Einkommen ohne eine Bedürftigkeitsprüfung um mehr als zwei Dritteln über der Kalkulation, mit der Heil für sein Projekt werbe, kritisierte Raffelhüschen: „Das ist eine unverantwortliche Irreführung der Steuer- und Beitragszahler.“
Nach den Plänen von Heil und Scholz soll die neue Rentenleistung zum Teil aus Steuermitteln finanziert werden und zum Teil aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung und der gesetzlichen Krankenkassen.
Für den Steueranteil setzt die SPD dabei auf Einnahmen aus der Finanztransaktionsteuer, die es allerdings noch gar nicht gibt und deren Aufkommen bislang zudem für die Europäische Union vorgesehen war.
Scholz plant Alleingang
Nun erwägt Scholz eine Einführung dieser Steuer im nationalen Alleingang, zumal innerhalb der EU keine Einigung absehbar ist. Außerdem möchte die SPD die Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen wieder von sieben auf 19 Prozent anheben.
Den Krankenkassenbeitrag für Rentner will Heil im Zuge der Grundrenteneinführung um 0,6 Prozentpunkte auf 14 Prozent absenken.
Auf diese Weise würde – neben rund 20 Millionen Senioren – auch die Rentenkasse, die im Alter den Arbeitgeberanteil übernimmt, entlastet. Raffelhüschen übte auch an der geplanten Finanzierung scharfe Kritik.
So entlaste eine Absenkung des Krankenkassenbeitrags der Rentner zwar die gesetzliche Rentenversicherung. Doch führe dies bei den Krankenkassen zu Mindereinnahmen von zwei Milliarden Euro, die vor allem von den Jüngeren ausgeglichen werden müssten, monierte der Finanzwissenschaftler.
Das zweite Gutachten: Gesetzentwurf verstößt gegen das Grundgesetz
Derweil sieht ein Kurzgutachten des Münsteraner Sozialrechtlers Heinz-Dietrich Steinmeyer in den Grundrentenplänen von Heil einen Verstoß gegen das Grundgesetz, wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichteten.
Steinmeyer wirft Heil demnach vor, sein Gesetzentwurf schieße „in verfassungswidriger Weise über das Ziel hinaus“. In Auftrag gegeben wurde diese Studie von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die von Arbeitgeberseite finanziert wird.
In seinem Gutachten schreibt Steinmeyer den Zeitungen zufolge, die Grundrente führe dazu, dass nicht mehr alle Arbeitnehmer und Rentner gleich behandelt würden. Sie würden für gleich hohe Beiträge unterschiedlich hohe Rentenansprüche erhalten. Dies sei zwar möglich, müsse aber vom Gesetzgeber mit dem Ausgleich konkreter Nachteile gerechtfertigt werden. Dies geschehe bei der Grundrente nicht.
Stattdessen werte der vorliegende Gesetzentwurf „pauschal die Entgeltpunkte für unterdurchschnittliche Einkommen auf“. Dies geschehe „ohne Rücksicht darauf, warum es zu diesen niedrigen Einkommen gekommen ist.“ Damit sei die Grundrente in der geplanten Form nicht zielgenau und verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot von Artikel drei des Grundgesetzes.
(dts)
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