Pechstein rechtfertigt Auftritt bei CDU-Konvent – Kritik von links

Die CDU stellt sich nach deren Konvent-Auftritt in Uniform hinter Ex-Olympiasiegerin Pechstein. Kritiker wittern eine Verletzung von Neutralität und Mäßigungsgebot.
Claudia Pechstein, Olympiasiegerin im Eissschnelllauf, spricht in ihrer Uniform als Bundespolizistin beim CDU-Grundsatzkonvent.
Claudia Pechstein, Olympiasiegerin im Eissschnelllauf, sprach in ihrer Uniform als Bundespolizistin beim CDU-Grundsatzkonvent.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 19. Juni 2023


Die frühere mehrfache Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein hat ihren Auftritt am Samstag, 17.6., beim „Zukunftskonvent“ der CDU verteidigt. Pechstein, die im Hauptberuf Polizistin ist, hat die Veranstaltung in Berlin in Polizeiuniform besucht. In dieser hat sie auch eine Rede gehalten, die nach Meinung von Kritikern das Neutralitäts- und Mäßigungsgebot verletzt haben könnte.

Pechstein: „Würde es wieder tun“

In einem Gespräch mit „Bild“ äußerte Pechstein, die nicht CDU-Mitglied ist, es gebe kein „ausdrückliches Verbot des Uniformtragens auf Parteiveranstaltungen“. Sie sei „als Sportlerin, Beamtin und Bundespolizistin“ bei der CDU zu Gast gewesen. Es sei ihr zudem freigestellt worden, ob sie die Uniform tragen wolle.

Gegenüber dem Blatt erklärte sie:

Ich bin stolz darauf, seit 30 Jahren Bundespolizistin zu sein. Es ist mir eine Ehre, diese Uniform zu tragen. Ich würde sie auch wieder tragen.“

Pechstein betonte, die Polizei habe ihr auch ihre Profisportkarriere ermöglicht. Die Eisschnellläuferin hatte in den 1990er und 2000er Jahren unter anderem fünfmal Olympiagold und sechs Weltmeistertitel gewonnen. Als Direktkandidatin für den Bundestag im Berliner Wahlkreis Treptow-Köpenick scheiterte sie 2021 jedoch deutlich am Linken-Politiker Gregor Gysi.

„Ohne ängstliche Blicke“ ÖPNV benutzen

Ursprünglich sollte Pechstein auf dem Konvent der CDU zum Thema des Vereins- und Schulsports sprechen. Ihre Rede ging jedoch am Ende deutlich über diese Vorgabe hinaus und berührte auch zahlreiche heikle gesellschaftspolitische Themen.

Unter anderem kritisierte sie die Zahl abgelehnter, aber geduldeter Asylbewerber in Deutschland. Außerdem erklärte sie, vor allem ältere Menschen und Frauen könnten nicht mehr „ohne ängstliche Blicke“ öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Sie betonte, Themen wie diese seien wichtiger als „ob wir ein Gendersternchen setzen“ oder es noch erlaubt sei, „ein Zigeunerschnitzel zu bestellen“. Pechstein forderte außerdem, die CDU müsse die „Partei der traditionellen Familie“ sein und die Familienpolitik zu ihrer Priorität machen.

Bundespolizei hat „dienstrechtliche Prüfung eingeleitet“

Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz bezeichnete den Auftritt von Pechstein am Sonntag gegenüber ZDF-„Berlin direkt“ als „brillant“. Demgegenüber sieht Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau den Auftritt als „außerhalb von jeder tolerablen Möglichkeit“.

Auch das Bundespolizeipräsidium will dem „Spiegel“ zufolge jetzt prüfen, ob die Rede disziplinarrechtliche Konsequenzen für Pechstein hervorrufen könne. Man habe „unverzüglich eine dienstrechtliche Prüfung eingeleitet“. Es gehe zum einen um die Neutralitätspflicht – die nicht Pechsteins Problem sein dürfte, sollte ihr das Tragen der Uniform tatsächlich freigestellt worden sein. Die Polizeidienstvorschrift (PDV) 014, Ziffer 3.2 untersagt das Tragen von Dienstkleidung außerhalb des Dienstes nur „bei Krankheit oder der Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes“.

Allerdings wolle man auch klären, ob die Rede inhaltlich dem Gebot der Mäßigung und Zurückhaltung entsprochen habe. Diese haben Beamte bei politischer Betätigung zu wahren. Sie leite sich aus ihrer „Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes“ ab.

LTO: Pechstein könnte Mäßigungsgebot übertreten haben

In einer Analyse der „Legal Tribune online“ (LTO) heißt es, es gebe kein allgemeines Recht auf Tragen der Uniform außerhalb des Dienstes. Ein explizites Verbot des Tragens der Uniform bei politischen Veranstaltungen sei jedoch nur für Soldaten geregelt.

Das Mäßigungsgebot des § 60 Abs. 2 BBG betreffe hingegen nicht nur die Amtsführung selbst, sondern auch das Verhalten außerhalb des Dienstes. Eine Polizeibeamtin müsse „jeden Anschein vermeiden, sie werde ihr Amt nicht unparteiisch und ausschließlich am Gemeinwohl orientiert wahrnehmen“.

Mit ihrer Rede könnte Pechstein, so die LTO, die Trennung zwischen dienstlicher Funktion und Teilnahme am politischen Meinungskampf verletzt haben. Immerhin sei die Bundespolizei, der sie angehöre, für Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Aufenthaltsbeendigung zuständig. Zudem sei die „herabsetzende“ Andeutung gegenüber der Volksgruppe der Sinti und Roma problematisch, die in der Bezugnahme auf das „Zigeunerschnitzel“ zum Ausdruck gekommen sei.

„Zweierlei Maß“ der CDU beim Neutralitätsgebot?

In dem Beitrag übt Fachanwalt Dr. Patrick Heinemann auch Kritik an „zweierlei Maß“, das die CDU mit Blick auf das Neutralitätsgebot an den Tag lege. Dies zeige sich insbesondere an deren Position zum Kopftuchverbot für muslimische Beamtinnen.

Es sei, so Heinemann, im Allgemeinen nicht schwierig, eine Abstraktion von Amt und Person herzustellen bei einer Lehrerin, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch trage. Hingegen sei dies im Fall von Pechsteins Auftritt in Uniform schwieriger gewesen:

So war nicht zu erkennen, dass Pechstein als Privatperson sprach und nicht als konservatives Aushängeschild der Bundespolizei.“



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