Pentagon-Leaks: US-Geheimdienste belauschen deutsches Verteidigungsministerium

Pentagon-Leaks offenbaren Abhöraktion beim Besuch einer chinesischen Delegation im Februar dieses Jahres. Grüne wollen nun erst mal klären, „wie es zu der Spionage kommen konnte“.
Das Pentagon in Washington.
Die Pentagon-Leaks offenbaren eine Abhöraktion gegen das deutsche Verteidigungsministerium.Foto: Patrick Semansky/AP/dpa
Von 1. Mai 2023

Die USA haben offenbar das deutsche Verteidigungsministerium abgehört. Das berichtet die „Frankfurter Rundschau“ unter Berufung von Berichten der „Zeit“ und der „ARD“: Belegt wird die Aktion demnach durch ein Geheimdokument, das im Zuge des US-Leaks veröffentlicht wurde. Mitgehört haben die amerikanischen Sicherheitsdienste bei einem Treffen deutscher Behördenvertreter mit einer chinesischen Delegation am 20. Februar 2023. Geplant war ein Gespräch zwischen Vertretern des Ministeriums von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit chinesischen Militärs über eine Entspannung im Verhältnis beider Länder. Zu dem Thema hatte es zuvor eine enge Abstimmung in der Bundesregierung gegeben.

Gespräch im Sinne der USA

Laut den Leaks aus dem Pentagon hätten die Deutschen in dem Gespräch aber offenbar eine klare Linie im Sinne der USA vertreten. So hätten sie nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste gegenüber der chinesischen Delegation „klargemacht, dass keine weitere Kooperation im Verteidigungsbereich“ möglich sei, solange Peking intransparent und abgeschottet agiere. Das notierten die Abhörspezialisten laut „Zeit“ in ihrem Papier zur Überwachung des Verteidigungsministeriums. In der Ampelkoalition sei man sich „bewusst, dass die Volksrepublik China angesichts großen US-amerikanischen Drucks eine ‚Charme-Offensive‘ begonnen“ habe. Die Ablehnung einer vertieften Kooperation verstehe man als einen „Akt der Solidarität mit den USA“.

Ministerium äußert sich bisher nicht

So steht es in dem nun bekannt gewordenen Geheimdokument aus den Pentagon-Leaks. Klassifiziert ist es mit dem Zusatz „signal intellegence“ (si). Das deutet auf Abhörmaßnahmen bei Telefon, Chats und E-Mails hin. Der Inhalt der amerikanischen Aufzeichnungen decke sich ziemlich genau mit dem Gesprächsinhalt, so die Recherchen von „Zeit“ und „ARD“. Eine offizielle Stellungnahme zu dem Vorgang verweigerte das Verteidigungsministerium allerdings bislang. Es sei bislang auch unklar, inwieweit das Dokument echt ist. Es sei Teil der Pentagon-Leaks, die in der vorvergangenen Woche öffentlich gemacht wurden. Der Nationalgardist und IT-Spezialist Jack Texeira von der Massachusetts Luftnationalgarde hatte die geheimen US-Dokumente abfotografiert oder teilweise abgeschrieben und dann über eine Onlineplattform geleakt. Nur wenige Tage später nahm ihn das FBI fest. Dem 21-Jährigen droht eine mehrjährige Haftstrafe. Er hatte unter anderem auch Geheimnisse rund um den Ukraine-Krieg verraten.

Grüne: Erstmal mit den Amerikanern sprechen

Aus Sicht des Verteidigungsministeriums ist weniger der Inhalt des abgehörten Gesprächs brisant, sondern eher der Umstand, dass die US-Geheimdienste deutsche Behörden weiter bespitzeln. Vor knapp zehn Jahren hatte der NSA-Skandal die deutsch-amerikanischen Beziehungen gestört, als bekannt geworden war, dass die Amerikaner Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hatten. „Abhören unter Freunden, das geht gar nicht“, hatte die Regierungschefin bei einem Besuch in Washington gesagt. Sie hatte dem damaligen Präsidenten Barack Obama das Versprechen abgenommen, dass die Aktivitäten abgestellt werden würden. Das galt möglicherweise nur für die Kanzlerin, nicht aber für die Behörden. Doch in Berlin will man den Fall wohl erst mal nicht zu hoch hängen. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die deutschen Dienste auf einen Austausch mit den amerikanischen Partnern angewiesen sind. In der ARD mahnte Grünen-Politiker Konstantin von Notz daher zur Umsicht. „Man muss jetzt erstmal mit den Amerikanern sprechen und klären, wie es zu der Spionage kommen konnte“, sagte er.



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