Peter Altmaier als Achillesferse der CDU? Wachsendes Misstrauen innerhalb der Wirtschaft

Das Manko, nie selbst in der freien Wirtschaft gearbeitet zu haben, teilt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit mehreren Amtsvorgängern. Dass seine politischen Konzepte jedoch auf breite Kritik in Mittelstand und Industrie stoßen, ist in dieser Form für einen Minister aus der Partei Ludwig Erhards ungewöhnlich.
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Peter AltmaierFoto: über dts Nachrichtenagentur
Von 9. April 2019

Die Frage, ob und inwieweit die Person des Bundeswirtschaftsministers überhaupt einen nennenswerten Einfluss auf den realen Erfolg der Wirtschaft eines Landes hat, lässt sich insbesondere in Deutschland schwer beantworten. Die Richtlinienkompetenz innerhalb der Regierung liegt beim Bundeskanzler. Zudem hängt die Wirtschaftsentwicklung des Landes von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren der Innen- und Außenpolitik ab, auf die der Minister als Person selbst nur bedingt Einfluss hat.

De facto gibt es mit Ausnahme von Ludwig Erhard und Otto Graf Lambsdorff auch nur wenige Bundeswirtschaftsminister in der deutschen Nachkriegsgeschichte, die ihrer Amtsführung in diesem Ressort wegen in bleibender Erinnerung geblieben sind. Dies gilt sogar für Helmut Schmidt und Karl-Theodor zu Guttenberg, an die man sich vor allem als Bundeskanzler bzw. Verteidigungsminister erinnert. Für sie war das Wirtschaftsministerium ein Sprungbrett zu noch höheren Weihen – zumindest bis im Fall zu Guttenbergs amtsfremde Umstände diesen ein jähes Ende bereiteten.

Die Beispiele Erhard und Graf Lambsdorff deuten jedoch an, dass das Geheimnis einer erfolgreichen Amtsführung als Bundeswirtschaftsminister zum einen darin liegt, sich das Vertrauen der Wirtschaft zu erwerben, und zum anderen, sie zur Entfaltung kommen zu lassen und ihr nicht im Weg zu stehen.

Familienunternehmer-Präsident spricht von „Anti-Mittelstandspolitik“

Im Fall des amtierenden Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier scheint beides fraglich zu sein. Darauf deuten jedenfalls jüngste Statements sowohl aus dem Mittelstand als auch aus der Industrie hin. Dass Peter Altmaier nie selbst in der freien Wirtschaft gearbeitet hatte, wäre möglicherweise noch ein Nachteil, der sich ausgleichen ließe – immerhin äußerte einst Jürgen W. Möllemann, als er Anfang 1991 seinen Parteifreund Helmut Haussmann im Amt beerben sollte, gegenüber dem „Handelsblatt“, er würde sich das, was er für das Wirtschaftsministerium an Kompetenz benötige, „über Weihnachten aneignen“.   

Altmaier steht jedoch vor dem sehr grundlegenden Problem, dass er in der deutschen Wirtschaft auf breiter Ebene an Vertrauen verliert. So hatten mittelständische Unternehmen Altmaier am Wochenende Untätigkeit vorgeworfen. „Er hat eine Mittelstandsstrategie angekündigt, davon haben wir nie wieder gehört“, sagte Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands der Familienunternehmen, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Stattdessen verfolge Altmaier „eine Anti-Mittelstandspolitik“. Der Verband hat Altmaier demonstrativ auch nicht zu seiner Jahresversammlung im Mai eingeladen.

Am heutigen Dienstag (9. April) legt von Eben-Worlée im Gespräch mit dem Morning Briefing Podcast von Gabor Steingart sogar noch einmal nach und erklärt:

Altmaier hat sich entschieden, ein Minister für die Großindustrie zu sein. Dann soll er sich da auch mit seinen Dax-Vorständen zusammentun. Dann braucht er uns nicht zu beehren.“

Nach einer Umfrage der FAZ unter Managern und Unternehmern ist der Frust über den Minister in der Wirtschaft groß. Von „Fehlbesetzung“ bis „Totalausfall“ reiche das Urteil.

Schutz der Großkonzerne wichtiger als mittelständische Weltmarktführer?

Neben dem vom Verband der Familienunternehmen kommenden Vorwurf, die Energiekosten sehenden Auges in Höhen steigen zu lassen, die an die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen rühren, werden ihm auch ein planwirtschaftlicher Ansatz und eine zusätzliche Belastungspolitik durch immer neue Sozialleistungen zur Last gelegt.

Anstatt den Mittelstand zu stärken, sehe es Altmaier als sein erklärtes Ziel, Großkonzerne vor Wettbewerb und Übernahmen zu schützen, kritisiert der Präsident des Bundesverbands des deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Holger Bingmann, in der „Welt“. Stattdessen seien es die weit über 1000 meist unbekannten, mittelständischen Weltmarktführer, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bildeten, die der Aufmerksamkeit durch die Politik bedürften, so Bingmann.

Neben den Mittelständlern und Familienunternehmen kritisiert auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Leistung des Amtsinhabers. Der BDI präsentierte seinerseits jüngst ein Positionspapier „Soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert“. Darin wird Altmaiers Konzept eine Absage erteilt, mithilfe einer stärkeren politischen Einflussnahme auf die Wirtschaft die deutsche und europäische Position gegenüber den USA und der Volksrepublik China zu behaupten.

Die Politik solle auf diese Weise „nationale oder europäische Champions“ aufbauen. Ein solches Konzept war bereits zu Beginn der „Energiewende“ fehlgeschlagen, als die Bundesregierung mithilfe hoher Subventionen deutsche Weltmarktführer in der Solarindustrie aus dem Boden stampfen wollte – und am Ende vor allem Jobs, Aufträge und Gewinne in der Volksrepublik China entstanden.

Planwirtschaftswettbewerb mit Peking nicht zu gewinnen

Auch jetzt geht der BDI nicht davon aus, dass Deutschland einen staatlichen Interventionswettbewerb mit Peking gewinnen würde. „Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert sollten wir Freiheitsoptimisten bleiben“, fordert der Verband in seinem Papier. „Es wäre falsch, unser erfolgreiches Modell wegen dieser Konkurrenz zu verändern, deren langfristige Wirksamkeit noch unsicher ist.“

Der BDI fordert auch in der Energie- und Klimapolitik mehr Vertrauen auf den Markt und die Wirkung besserer Rahmenbedingungen. Niedrigere Unternehmenssteuern, ein Ende des Solidaritätszuschlages und bessere Bildung würden auch hier mehr bewirken als noch mehr Zwang und Gängelung durch den Staat. Auch müsse bezüglich des Sozialstaates Beachtung finden, was langfristig finanzierbar sei, statt immer neue Leistungen und Regulierungen zu beschließen.

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, warnt vor einem möglichen Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge auf etwa 50 Prozent bis zum Jahr 2040 und forderte eine „rechtlich abgesicherte Sozialabgabenbremse analog zur Schuldenbremse“.

Der CDU-Wirtschaftsrat hat Altmaier (CDU) nun in Schutz genommen – wobei allerdings auch in dessen Reihen die Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation kaum zu übersehen ist. Allerdings lehnt man eine alleinige Fokussierung der Kritik auf Altmaier ab: „Die Große Koalition setzt zu stark auf Umverteilung und erdenkt immer neue Gängelungen der Betriebe. Den berechtigten Ärger darüber an Peter Altmaier durch eine Demo vor seinem Ministerium abzulassen, ist Klamauk und richtet sich an die falsche Adresse“, sagte Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates, dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe).

„Herausforderungen bei der Bundesregierung in guten Händen“

Altmaier sei der Bundeswirtschaftsminister, der endlich mal wieder das Industrieland Deutschland voranbringe und die Betriebe vor Klima-Planwirtschaft der Umweltministerin schützen wolle, so Steiger. Inwieweit diese sich von jener ihres Amtsvorgängers unterscheide, lässt er offen. Dieser hieß jedoch: Peter Altmaier.

Der Minister selbst wies den Vorwurf, mit seiner Industriestrategie eine Antimittelstandspolitik zu betreiben, am Rande einer Messe-Eröffnung in München weit von sich. Diese Strategie wende sich schließlich auch an den industriellen Mittelstand. „Wir müssen in der Innovation stärker vorankommen, deshalb brauchen wir dringend die steuerliche Forschungsförderung, und selbstverständlich: Wir brauchen auch für viele mittelständische Unternehmer Unterstützung, wenn es darum geht, sich auf die Herausforderungen der Digitalisierung einzustellen“, zitiert die „Welt“ Altmaier. All diese Punkte seien bei der Bundesregierung in guten Händen.

(Mit Material von dts)



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