Regierung warnt vor Gebrauch von warmem Trinkwasser nach Epoxidharzsanierung

„Unsere Untersuchungsergebnisse sind beunruhigend“, erklären die Stuttgarter Behörden nach einer Schadstoffuntersuchung von sanierten Wasserleitungen. Der baden-württembergische Ernährungsminister rät gar vom Konsum von warmem Trinkwasser ab. Was ist passiert?
Titelbild
Bei mit Epoxidharz sanierten Wasserleitungen sollte man kein warmes Wasser zum Trinken nutzen, rät die baden-württembergische Regierung.Foto: iStock
Von 5. September 2023

Die Qualität des Trinkwassers ist bundesweit immer wieder ein Thema. Dies ist kein Wunder, stellt es doch ein wichtiges Grundnahrungsmittel dar. Zudem gab es bereits genug Warnmeldungen und auch Skandale rund um das Thema Schadstoffbelastung im Trinkwasser.

Dem schließt sich jetzt eine jüngst veröffentlichte Meldung der baden-württembergischen Staatsregierung an. Hier heißt es, dass das „Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA)“ nach einer Untersuchung „besorgniserregende Gehalte an Bisphenol A (BPA)“ nach Epoxidharzsanierungen von Wasserleitungen gefunden hat. „Unsere Untersuchungsergebnisse sind beunruhigend“, so die CVUA Stuttgart.

Daher wird Verbrauchern empfohlen, die in einem Gebäude mit einer bekannten Epoxidharzbeschichtung leben, kein Warmwasser zu trinken. Abzuraten ist darüber hinaus von der regelmäßigen Verwendung von Warmwasser zur Zubereitung von Heißgetränken wie Tee und Kaffee oder für die Zubereitung von Speisen (vor allem Säuglingsnahrung). Die Aufnahme von BPA beim Duschen und Waschen sei hingegen vernachlässigbar gering, heißt es.

Zukünftiger Grenzwert um das Achtfache überschritten

„Die Chemikalie Bisphenol A ist in Klebstoffen, Lacken oder Kunstharzen enthalten. Letztere werden unter anderem zur Sanierung von Trinkwasserleitungen eingesetzt“, wird in der Meldung berichtet.

Erstmals sei in Baden-Württemberg Bisphenol A im Jahr 2021 im Warmwasser gefunden worden. Danach führte man weitere Untersuchungen durch. Im Fokus hätten dabei hauptsächlich „sanierte Trinkwasserinstallationen von Gebäuden“ gestanden, wie beispielsweise Mehrfamilienhäuser.

Dabei fand man in „nahezu allen sanierten und von den Gesundheitsämtern beprobten Objekten“ Bisphenol A im Warmwasser in „besorgniserregenden Konzentrationen“. „Mit 2,5 Mikrogramm je Liter wird der ab 2024 gültige Trinkwassergrenzwert bei 87 Prozent der Warmwasserproben um mehr als das Achtfache überschritten“, erklärt Ernährungsminister Peter Hauk am 30. August 2023.

Die Epoxidsanierung werde von bestimmten Unternehmen als eine vermeintlich günstige Alternative zur Komplettsanierung, also dem Austausch der Wasserleitungen, angeboten, wird weiter berichtet.

Epoxidharzsanierung muss nicht gemeldet werden

Da bei Wohn- oder Mehrfamilienhäusern die Sanierung der Wasserleitungen den Behörden nicht gemeldet werden muss, sind die Gesundheitsämter in die Planungen von Eigentümern und Hausverwaltungen meistens nicht eingebunden.

Daher rät Minister Hauk Betreibern von Trinkwasserinstallationen zu einem kritischen Umgang mit dem Epoxidharzverfahren. Sei eine Sanierung auf diese Weise jedoch bereits erfolgt, rät Hauk, das Trinkwasser, vor allem das Warmwasser, regelmäßig und dauerhaft auf Bisphenol A untersuchen zu lassen.

Auch würden unauffällige Befunde in den ersten Jahren nach der Sanierung keine Entwarnung bedeuten. Temperaturen im Warmwasser von vorübergehend mehr als 65 Grad Celsius, die bei einer thermischen Desinfektion (Wassertemperatur mindestens 70 Grad Celsius) stets erreicht werden, scheinen langfristig zu bewirken, dass die Epoxidharzschutzschicht geschädigt wird und Bisphenol A ins erwärmte Trinkwasser gelangt.

Epoxidharze sind nur bis 65 Grad Celsius beständig. Wird nach einer Messung der zukünftige Grenzwert überschritten, ist eine Komplettsanierung angeraten. Thermische Desinfektionen werden beispielsweise zur Beseitigung von Legionellen empfohlen.

„Vorsorglich Kaltwasser verwenden“

Hauk weist darauf hin, dass im Kaltwasser Bisphenol A nicht nachgewiesen wurde. „Zum Verzehr und bei der Zubereitung von Lebensmitteln sollten Verbraucher daher vorsorglich Kaltwasser verwenden.“ Dieses könne in der Regel bedenkenlos getrunken und verzehrt werden.

Epoxidharz besteht üblicherweise aus Bisphenol A und Epichlorhydrin, das nach dem Entleeren, Trocknen und Sandstrahlen in die üblicherweise verlegten Wasserleitungen aus verzinktem Stahl gedrückt wird. Die Leitungen werden so von innen mit Epoxidharz beschichtet. Nach dem Aushärten des Harzes wird die Trinkwasserleitung wieder befüllt. Wie sich nun herausstellte, wird die Epoxidharzschicht an der Innenseite der Rohre mit der Zeit spröde und Bisphenol A kann ins Trinkwasser übergehen.

Leitungen der öffentlichen Wasserversorgung sind zu vernachlässigen

Einzelne zusätzlich durchgeführte Untersuchungen der CVUA hätten gezeigt, dass BPA im Wasser am Übergabepunkt vom Ortsnetz in die Hausinstallation (an der Wasseruhr) nicht nachweisbar war und erst nach der Erwärmung des Wassers eine Kontamination innerhalb der Hausinstallation auftrat.

„Aus unseren Untersuchungen lässt sich daher auch Folgendes schlussfolgern: Ein Eintrag von BPA im Rahmen der Trinkwasseraufbereitung sowie ggf. aus Beschichtungen von Transportleitungen und Hochbehältern der öffentlichen Wasserversorgung ist zu vernachlässigen“, so die CVUA Stuttgart.

Bisphenol A hat eine hormonähnliche Wirkung und steht darüber hinaus im Verdacht, Krebs zu erregen. Aufgrund dessen wurde zunächst in der europäischen Trinkwasserrichtlinie, aber seit Juni 2023 auch in der Trinkwasserverordnung ein Grenzwert festgelegt, der ab Januar 2024 einzuhalten ist.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion