Revolte auf kommunaler Ebene: ARD beklagt 18 Verstöße gegen Kooperationsverbot zwischen CDU und AfD

Erfahrungen aus Parlamenten bis zur Landesebene zeigen, dass das von der Bundes-CDU für alle Ebenen ausgerufene Verbot einer Kooperation mit der AfD in Teilen der Partei eher als taktische Maßnahme denn als Konsequenz einer tiefen Überzeugung gilt. Ein ARD-Magazin hat in 18 Kommunalparlamenten Verstöße festgestellt. Im Harz rebellieren sogar ganze Parteibereiche.
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Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images
Von 11. September 2019

Offiziell hat die Führung der CDU ein bundesweites Kooperationsverbot mit der AfD angeordnet, das für alle Ebenen der Politik gelten soll. Die Gründe liegen auf der Hand: Zum einen will man die Konkurrenz nicht unnötig aufwerten, die im Wesentlichen aus dem eigenen Milieu heraus entstanden war.

Zum anderen – und das dürfte der Grund für die Verbissenheit sein, mit der dieses auf Bundesebene verfolgt wird: Man hat panische Angst vor der organisierten Empörung durch die politische Linke, mächtige NGOs und deutsche Leitmedien, denen nur wenige Beobachter eine allzu konservative Ausrichtung bescheinigen dürften.

Nachdem es diesen erfolgreich gelungen war, die 2013 gegründete AfD so weit zu dämonisieren, dass sie in der veröffentlichten Meinung nicht zu den „demokratischen Parteien“ gerechnet wird, hat es auch die streng auf reputierliche Außenwirkung bedachte, bürgerliche CDU für angebracht erachtet, jede Annäherung auszuschließen.

Geheime Abstimmungen als Gelegenheit für Denkzettel

Stattdessen haben selbst als konservativ geltende Landesverbände die Grünen als Wunsch-Koalitionspartner entdeckt und die schon lange nicht mehr als konservativ bekannten stellen sogar schon Gedankenspiele wie jene über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei an.

Nicht alle CDU-Mitglieder scheinen unterdessen glücklich zu sein über diesen vorauseilenden Gehorsam gegenüber einer progressiven Meinungshoheit, die Zugeständnisse von konservativer Seite bislang selten zum Anlass genommen hatte, selbst die Bereitschaft zu solchen zu zeigen. Auf Landtagsebene nutzten sogar manche Abgeordnete der Union geheime Abstimmungen, um gegen die Order zur Ausgrenzung der AfD zu protestieren.

Bereits mehrfach waren in Landtag von Sachsen-Anhalt bei Wahlen in Gremien mehr Stimmen auf AfD-Kandidaten, die gegen Kandidaten der linken Parteien antraten, entfallen als die Partei Mandate aufwies – was auf ein abweichendes Stimmverhalten einiger Unionsabgeordneter schließen ließ. Im Sommer 2017 stimmte sogar eine Mehrheit der CDU für den Antrag der AfD auf Einrichtung einer Enquete-Kommission zum Thema „Linksextremismus“.

In der Praxis gibt es zudem auch in Deutschland immer noch Lebensbereiche, in die Ideologie nicht oder zumindest nicht so leicht hinkommt. Vor allem auf kommunaler Ebene verbindet Politiker der Union und der AfD oft eine langjährige Bekanntschaft aus Vereinen, Elternvertretungen oder anderen lokalen Einrichtungen, manchmal auch Verwandtschaft und persönliche Freundschaft. Die tägliche Lebenswirklichkeit zerstört dort den Narrativ von der angeblichen Wiedergeburt des Nationalsozialismus oder vom vermeintlichen „Rassismus“, der sich in den Wahlerfolgen der rechtskonservativen Partei manifestiere.

„Beenden, sobald ein Pressezirkus entsteht“

Dass das ARD-Magazin „Report Mainz“ nun mit skandalisierendem Unterton berichtet, „mindestens 18 Hinweise“ auf Zusammenarbeit zwischen gewählten Vertretern der CDU und der AfD in Kommunalparlamenten gefunden zu haben, dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein.

Das Magazin, das sich sonst nur wenig für die Niederungen der Politik auf Gemeinde- oder Kreisebene interessiert, hat nach eigenen Angaben CDU-Fraktionsvorsitzende in fast 60 Kommunalparlamenten Sachsens und Thüringens zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD befragt.

Davon hätten zwei angegeben, in den erst im Mai neu gewählten Kommunalparlamenten bereits gemeinsame Mehrheiten mit der AfD organisiert zu haben. Sechs weitere CDU-Fraktionschefs hielten es für „wahrscheinlich“, in Zukunft gemeinsam mit der AfD Mehrheiten zu organisieren.

In Eilsleben hatte die CDU mit dem örtlichen AfD-Abgeordneten sogar eine Fraktionsgemeinschaft gebildet, um diesem die Mitarbeit in Ausschüssen zu ermöglichen – mit der Maßgabe, diese zu beenden, „sobald ein Pressezirkus entsteht“.

Nun werde diese aufgelöst, heißt es aus der örtlichen Union. Der Kreisverband Börde stellte, wie afp meldet, mittlerweile gar komplett in Abrede, dass es eine gemeinsame Fraktionsbildung gegeben habe. Es habe sich lediglich ein AfD-Abgeordneter der CDU-Fraktion „zur Zusammenarbeit angeschlossen“, was jetzt wegfalle.

Allerdings wird sich die ARD irgendwann nicht mehr proaktiv dafür interessieren, wie Eilsleben seine Liegenschaften bewirtschaftet oder den Lärmschutz regelt – und dann könnte wieder Sachpolitik ohne Ansehen der Parteizugehörigkeit betrieben werden.

Im Fall des besagten AfD-Abgeordneten stehen jedoch offenbar auch rechtsextremistische Tendenzen im Raum, die einer solchen Zusammenarbeit auch künftig im Wege stehen könnten. Der Mann soll demnach früher an „Naziaufmärschen“ teilgenommen haben und „rechtsextreme Inhalte“ auf Facebook verbreiten. „Zusammenschlüsse und Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten verbieten sich, insofern wird diese Zusammenarbeit beendet“, heißt es nun aus dem Kreisverband.

Bündnisse der höchsten Schnittmengen?

Die Bundesgeschäftsstelle der CDU versichert „Report Mainz“, das Kooperationsverbot gelte und es sei geboten, dieses überall durchzusetzen: „Wo dagegen verstoßen wird, sind die zuständigen Gliederungen dazu aufgerufen, Maßnahmen nach Statut und Parteiengesetz durchzusetzen.“ Zwischen den Zeilen klingt dabei jedoch auch ein gewisses Maß an Hilflosigkeit durch, denn: Wo sich kein Kläger findet, wird auch kein Richter tätig.

Was „Report Mainz“ entgangen zu sein scheint: In Sachsen-Anhalt rebellieren mittlerweile sogar ganze Parteigliederungen offen gegen die Parteispitze. So geschieht es derzeit beispielsweise im Harz.

Während der Landesverband in einem jüngst beschlossenen Strategiepapier noch betont, AfD und Linke seien für die CDU „weder Ansprechpartner noch Verbündete“, weshalb es mit diesen keine „institutionelle oder strategische Zusammenarbeit“ geben werde, heißt es aus dem Harzer Kreisverband:

Zukünftige Regierungsbündnisse müssen für die CDU mit den Parteien erfolgen, mit denen es die größten Schnittmengen gibt.“

Zukünftige strategische Überlegungen müssten sich ausschließlich daran orientieren, mit welchen Parteien die eigene Politik und der mehrheitliche Wille der Wähler tatsächlich umgesetzt werden könnten. Andernfalls würde sich die CDU als letzte verbliebene Volkspartei selbst schwächen, weil sie „die partikularen Interessen von Randgruppen, kleiner Parteien und der Opposition zulasten eigener Inhalte“ stärke – eine unmissverständliche Kritik an Koalitionen mit den Grünen oder an „Kenia“-Konstellationen, wie sie derzeit in Magdeburg regiert.

Stahlknecht: „Verbitte mir moralischen Zeigefinger gegen konservative Gedanken“

Der seit einem knappen Jahr auch als Landeschef fungierende Innenminister Holger Stahlknecht werde, wie er gegenüber der „Volksstimme“ betont, keine „Denkverbote“ zulassen und „niemandem den Mund verbieten“. Er fügt hinzu:

„Ich verbitte mir, mir ständig den moralisierenden Zeigefinger vor die Nase zu halten, wenn jemand konservative Gedanken äußert.“




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