Riexinger: Erdogan hat Demokratie den Todesstoß versetzt – Roth warnt vor übereilten Schlüssen

Titelbild
Der Parteivorsitzende der Linken. Bernd Rixinger Jens Schlueter/Getty Images
Epoch Times7. Mai 2019

Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger wirft dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen der angeordneten Neuwahl in Istanbul antidemokratisches Verhalten vor.

Mit der Annullierung der Bürgermeisterwahl in der Metropole versuche Erdogan, „dem letzten Rest demokratischer Strukturen den Todesstoß zu versetzen“, sagte Riexinger am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP.

Die türkische Wahlbehörde YSK hatte einer Beschwerde der türkischen Regierungspartei AKP stattgegeben und eine Wiederholung der Wahl vom 31. März angeordnet.

Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu, der die Wahl mit knappem Vorsprung vor dem AKP-Politiker Binali Yildirim gewonnen hatte, sprach von „Verrat“.

Riexinger forderte die Bundesregierung „in aller Deutlichkeit“ auf, „die massiven Menschenrechtsverletzungen und die Angriffe auf die Demokratie“ in der Türkei nicht länger zu dulden.

„Duckmäuserei vor Erdogan muss aufhören“

„Es ist beschämend, dass dieses Land einen Despoten wie Recep Tayyip Erdogan als Kooperationspartner betrachtet“, urteilte er. Deutschland und die EU müssten mit der „Duckmäuserei“ vor Erdogan aufhören und Kooperationen mit der Türkei aussetzen.

Auch Linksfraktionsvize Sevim Dagdelen urteilte, die Entscheidung der türkischen Wahlbehörde zu Istanbul sei „offenbar allein politisch motiviert und ein Putsch gegen die Demokratie“.

Wenn es bei demokratischen Wahlen in der Türkei nicht mehr möglich sei, dass eine Oppositionspartei gegen die AKP gewinne, „muss man von einer Diktatur sprechen“, erklärte sie in Berlin.

Dagdelen: Türkei-Politik muss grundlegend geändert werden

Die Bundesregierung müsse jetzt ihre Türkei-Politik grundlegend ändern, verlangte Dagdelen. Waffenlieferungen an die Türkei und „die üppigen Finanz- und Kredithilfen“ müssten gestoppt werden. Außerdem müsse der aktuell auf Eis liegende EU-Beitrittsprozess der Türkei beendet werden.

Linke-Chef Riexinger zeigte sich gleichwohl zuversichtlich, dass in der Türkei der Widerstand gegen Erdogans „Methoden“ weiterhin stark sei. Diesen Eindruck habe er bei Gesprächen mit Politikern der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) gewonnen, sagte er AFP. Riexinger traf sich am Dienstag mit fünf HDP-Politikern, darunter der Parteivorsitzenden Pervin Buldan.

Er glaube, dass die Istanbuler Bürger „dem Präsidenten noch einmal ihre Ablehnung seines autoritären Stils zeigen werden“, sagte Riexinger weiter. Allerdings bestehe auch die „Sorge vor weiteren Repressionen“ durch Erdogan.

Roth will mit Türkei EU-Beitrittsverhandlungen nicht abbrechen

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hat vor übereilten Reaktionen auf die Wahlwiederholung in Istanbul gewarnt.

„Selbstverständlich wird die Türkei unter der Willkürherrschaft eines Präsidenten Erdogan kein Mitglied der Europäischen Union werden“, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochsausgaben).

Ein formaler Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen wäre aber „fatal, denn er würde eine Wiederannäherung in der Zeit nach Erdogan massiv erschweren, vielleicht sogar unmöglich machen“.

Roth kritisierte die Entscheidung der Wahlkommission als gezielten Angriff der Regierungspartei AKP auf Demokratie und Rechtsstaat.

„Die Botschaft von Präsident Erdogan ist überdeutlich: Wenn dem Autokraten das Ergebnis nicht passt, wird neu gewählt“, sagte sie. „Um die eigene Macht zu erhalten, nimmt er schwersten politischen und wirtschaftlichen Schaden für sein Land in Kauf und riskiert endgültig den sozialen Frieden.“



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion