RKI lobt in Studie Maßnahmen während der Corona-Pandemie

Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht hatten wesentlichen Anteil im Kampf gegen COVID-19. Der umstrittene R-Wert dient als Grundlage bei der Bewertung der Maßnahmen.
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Das Tragen einer Maske soll laut einer RKI-Studie mit zu den wirkungsvollsten Maßnahmen während der Corona-Pandemie gehört haben.Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
Von 21. Juli 2023

Abstand halten, PCR-Test, Hände waschen, Masken tragen, Ausgangssperren, Lockdowns und manches mehr hat unseren Alltag während der Corona-Pandemie bestimmt. „Diese Regeln werden wir noch Monate einhalten müssen. Die müssen der Standard sein, die dürfen überhaupt nie hinterfragt werden“, sagte der mittlerweile ehemalige Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, im Sommer 2020.

Dass die Maßnahmen sinnvoll gewesen seien, soll nun ein Gutachten untermauern, das ebendieses RKI selbst ausgearbeitet und nun veröffentlicht hat. Damit stellt sich die dem Bundesgesundheitsministerium unterstellte Behörde in weiten Teilen einen Persilschein aus. Mit diesem kritikerhabenen Umgang steht das RKI nicht allein da. Vor wenigen Tagen hatten sich auch die Kultusminister ein dickes Selbstlob für ihr Pandemiemanagement erteilt.

Während der Pandemie gab das RKI regelmäßig Risikobewertungen und Empfehlungen für den Infektionsschutz ab. Beides sorgte für viel Kritik, Diskussionen und war auch zentrales Thema bei zahlreichen Demonstrationen in ganz Deutschland.

Einzeln betrachtet war die Wirkung der Maßnahmen schwächer

Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht hätten der Studie zufolge wesentlich im Kampf gegen die Corona-Pandemie beigetragen. Ausschlaggebend sei wiederum die Kombination der verschiedenen Vorkehrungen gewesen, heißt es in dem am Donnerstag, 20. Juli 2023, veröffentlichten Bericht. „Wenn man sie einzeln betrachtet, haben sie eine deutlich schwächere Wirkung“, zitiert das ZDF eine RKI-Expertin bei der Vorstellung der Ergebnisse.

Zahlreiche nicht-pharmazeutische Maßnahmen berücksichtigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der „StopptCOVID“-Studie. Dazu gehörten neben den bereits erwähnten Punkten auch Schulschließungen und Schließungen von Gastronomie- und Freizeiteinrichtungen. Berücksichtigt wurde der Zeitraum von März 2020 bis August 2021.

Die Auswertung basierte auf Daten der Landkreise, die das Bonner Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie dokumentiert hatte. Der R-Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt, war Grundlage bei der Bewertung der Auswirkungen der Maßnahmen auf das Infektionsgeschehen.

Maßnahmen wirkten bereits vor Inkrafttreten

Der R-Wert war jedoch unter Fachleuten durchaus umstritten. Eine Studie der Uni Würzburg legte dar, dass der Wert während der Pandemie niedriger war als angenommen.

Besonders stark war laut RKI-Studie der Rückgang der Ansteckungsquote für Kontakt- und Versammlungsbeschränkungen im öffentlichen Raum. So schätzen die Verfasser dadurch einen 20 bis 30 Prozent niedrigeren R-Wert (S. 33).

Die Wissenschaftler registrierten auch, dass Infektionszahlen bereits vor der Umsetzung neuer Verordnungen rückläufig waren. Das bedeute, dass die Maßnahmen wirkten, bevor sie überhaupt in Kraft traten. Den Grund sehen die RKI-Experten darin, dass Menschen bereits ahnten, dass bestimmte Maßnahmen kommen könnten und diese daher schon zuvor befolgten. Dazu gehörte etwa die Reduzierung der sozialen Kontakte.

Reduktion nur mit vielen Einschränkungen

Anhand der Daten und ihrer Analysen können die Forscher eigenen Angaben zufolge nicht exakt beurteilen, wie einzelne Maßnahmen getrennt voneinander gewirkt haben. Auch sei nicht erkennbar, ob bestimmte Verordnungen nutzlos waren. Die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen ließen sich zu schwer voneinander trennen. Doch waren sie sich in einem Punkt sicher: „Es bedarf vieler Einschränkungen, um eine starke Reduktion hervorzubringen.“

Die Rolle von Schulschließungen auf den Verlauf der Pandemie war von Beginn an strittig. Selbst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach in diesem Zusammenhang später von einem Fehler. In „verschiedenen Arbeiten“ gebe es zwar Hinweise darauf, dass Schulschließungen die Ausbreitung von COVID-19 verlangsamten.

Gleichzeitig seien viele „nachteilige Entwicklungen bei Kindern infolge der Schulschließungen beobachtet worden. Auf Details geht die Studie jedoch nicht ein. Zu den Folgen zählten bei Kindern und Jugendlichen Depressionen, Magersucht oder auch Gewichtszunahme. Auch längere Ferien schienen eine „pandemiefördernde Wirkung“ gehabt zu haben. Die Autoren führten das auf infizierte Reiserückkehrer und „etwaige Anpassungen der Teststrategien zum jeweiligen Schulbeginn“ zurück.

Impfung verhinderte Überlastung des Gesundheitssystems

Insgesamt hätten die Maßnahmen bis zur Entwicklung „wirksamer Impfstoffe“ eine starke Überlastung des Gesundheitssystems verhindert, lautet ein Fazit der Studie. Neben den untersuchten Maßnahmen habe eine hohe Impfquote „deutlich“ dazu beigetragen, dass sich weniger Menschen infiziert hätten. „Dies führte insbesondere in der älteren Bevölkerung zu einer deutlich schwächeren dritten Covid-19-Welle“, heißt es im Bericht.

So ziehen die Autoren ein insgesamt positives Fazit aus ihren Untersuchungen. Allerdings sollten die Auswirkungen, die die zum Teil massiven Einschränkungen auf die psychische Gesundheit der Menschen und auf ihr Zusammenleben haben, bei den nächsten Pandemien stärker berücksichtigt werden. Die Abmilderung von Vorkehrungen sollten bei der „Pandemieplanung künftig stärker mitgedacht werden“, heißt es.



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