Rückführungspaket soll irreguläre Migration begrenzen – nur 20.000 mögliche Betroffene?

Noch in diesem Monat will Kanzler Scholz das sogenannte Rückführungspaket durch den Bundestag bringen. Er kann auf Rückendeckung vonseiten der Union zählen. Demgegenüber wirft die Linksfraktion CDU-Chef Merz das Verwenden falscher Zahlen vor.
Zehn Tage nach der Attacke auf Israel will sich Bundeskanzler Olaf Scholz vor Ort über die Lage im Kriegsgebiet informieren.
Sieht in seinem „Rückführungspaket“ einen großen Wurf: Bundeskanzler Olaf Scholz.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 18. Oktober 2023


Noch im Oktober will Bundeskanzler Olaf Scholz das sogenannte Rückführungspaket in den Bundestag einbringen. Dies erklärte er in Berlin gegenüber der „Welt“. Bereits am Mittwoch der Vorwoche (11.10.2023) hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser den entsprechenden Gesetzentwurf dazu präsentiert.

Vertreter von Ländern und kommunalen Spitzenverbänden hatten im Vorfeld daran mitgewirkt. Am Freitag hatte der Kanzler es CDU-Chef Friedrich Merz und den Ministerpräsidenten Stephan Weil und Boris Rhein anlässlich des Krisengesprächs im Kanzleramt vorgestellt.

Scholz lobt „monatelange“ Vorarbeit zum Rückführungspaket

Die Bundesregierung sieht in ihrem Rückführungspaket einen „wesentlichen Schritt zur Begrenzung irregulärer Migration“. Es soll „schnellere Rückführungen und Abschiebungen von Personen ohne Bleiberecht in Deutschland“ ermöglichen.

Scholz selbst äußerte auf X, das Paket sei ein Ausdruck der „seit Monaten“ andauernden Bemühungen der Ampel, irreguläre Migration zu begrenzen.

Behörden soll das Aufgreifen und Festhalten Ausreisepflichtiger erleichtert werden

Zu den Kernelementen des Rückführungspakets soll der sogenannte Ausreisegewahrsam gehören. Durch dessen Verlängerung von derzeit maximal zehn auf bis zu 28 Tage will man den zuständigen Behörden die Vorbereitung der Abschiebung erleichtern. Dabei sollen bereits Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote als eigenständiger Grund für die Verhängung der Abschiebehaft gelten.

Um die Voraussetzungen für Abschiebungen im Voraus abzusichern, will man die Durchsuchung von Wohnungen nach Datenträgern und Unterlagen erleichtern. Dies soll die Feststellung von Identitäten erleichtern.

Außerdem soll es erweiterte Möglichkeiten zum Betreten weiterer Räume von Gemeinschaftsunterkünften geben, um die Anwesenheit betroffener Personen sicherstellen zu können.

Erleichterungen für Abschiebung von Schleusern oder Bandenmitgliedern

Eine Ankündigung von Ausreisepflichtigen in Abschiebehaft findet nicht mehr statt. Zudem fällt die einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen weg, denen eine mindestens einjährige Duldung vorausging. Ausnahmen sollen nur für Familien mit Kindern unter zwölf Jahren gelten.

Besondere Erleichterungen soll es für die Abschiebung von Personen geben, die rechtskräftig zu einer mindestens einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Auch die Ausweisung von Schleusern und Mitgliedern krimineller Vereinigungen soll leichter vonstattengehen. Eine strafgerichtliche Verurteilung soll nicht mehr unabdingbare Voraussetzung für eine solche Annahme sein.

Linksfraktion hält Rückführungspaket für nicht erforderlich – und für kaum wirksam

Während Scholz nach den verheerenden Ampel-Ergebnissen bei den jüngsten Landtagswahlen einen Befreiungsschlag anstrebt, zweifelt die Linksfraktion an der Erforderlichkeit des Rückführungspakets. Ihre fluchtpolitische Sprecherin Clara Bünger beklagt die bereits jetzt stattfindende Praxis. In der Abschiebepraxis komme es „immer wieder zu Familientrennungen, brutaler Gewalt und anderen Menschenrechtsverletzungen“.

Zudem wirft sie CDU-Chef Friedrich Merz in einer Erklärung vor, mit falschen Zahlen Stimmung zu machen. Merz hatte jüngst von 300.000 ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerbern gesprochen, die in Deutschland lebten.

Tatsächlich gab es laut Ausländerzentralregister Ende August 2023 noch 155.448 Menschen, die trotz eines abgelehnten Asylantrages in Deutschland lebten. Das sei ein Rückgang gegenüber 167.848 zum Ende des Vorjahres. Die Zahlen stammen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion.

Nicht jeder Ausreisepflichtige ist abgelehnter Asylbewerber

Von den abgelehnten Asylsuchenden verfügten nicht weniger als 135.984 oder 87,5 Prozent über eine Duldung. Sie können also trotz eines abgelehnten Asylantrages nicht ohne Weiteres abgeschoben werden. Mit mehr als 22.000 Personen stammten die meisten von ihnen aus dem Irak.

Weitere Herkunftsländer seien beispielsweise Nigeria, die Russische Föderation, Afghanistan oder der Iran. Lediglich 19.464 Betroffene verfügten über keine Duldung und seien damit ausreisepflichtig. Dies würde bedeuten, dass nach derzeitigem Stand eine Gesetzesverschärfung greifen würde, die maximal auf 20.000 Personen anzuwenden wäre.

Die von Merz genannte Zahl bezog sich der „Süddeutschen“ zufolge auf die Zahl der Ausreisepflichtigen insgesamt. Ende 2022 habe diese etwas mehr als 300.000 Personen umfasst, Ende August 2023 nur noch 261.925. Einige Betroffene konnten vom Chancen-Aufenthaltsrecht Gebrauch machen.

Weniger als zwei Drittel aller gesamten Ausreisepflichtigen sind der Bundesregierung zufolge abgelehnte Asylbewerber. In vielen Fällen entsteht die Ausreisepflicht, weil ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist.



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