Schäuble: Können uns „diese Asylpolitik nicht mehr leisten“
Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich für eine Absenkung der Sozialleistungen für Asylbewerber ausgesprochen. „Wir müssen einsehen, dass wir uns diese Asylpolitik nicht mehr leisten können“, sagt Schäuble im Interview mit dem Portal Zeit Online. Er sehe Spielräume, Sozialleistungen zu senken.
„Wenn wir ein höheres Sozialleistungsniveau anbieten, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Menschen versuchen, möglichst nach Deutschland zu kommen“, sagte der frühere Innen- und Finanzminister. „Also brauchen wir ein einheitliches, europäisches Niveau.“
Schäuble warnte die Politik davor, mit Verweis auf das Bundesverfassungsgericht entsprechende Diskussionen nicht zu führen: „Das Argument, das Verfassungsgericht mache nicht mit, ist ein Erklärungsversuch der Politik, die über diese Fragen nicht entscheiden will.“
Schäuble betonte, er unterstütze Äußerungen von Altbundespräsident Joachim Gauck, der die Politik aufgefordert hatte, sich in der Migrationspolitik neue Spielräume zu erschließen, auch wenn diese „inhuman klingen“. Er sei „dankbar für die Äußerungen des Altbundespräsidenten, der ja auch schon früh darauf hingewiesen hat, dass unsere Herzen weit sind, aber unsere Möglichkeiten endlich.“
„Warum macht das die Union nicht?“
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ging auf Distanz zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dessen Aussage, die Belastungsgrenze in Deutschland sei erreicht. „Ich mag diesen Begriff nicht, er strahlt menschliche Kälte aus“, sagte die SPD-Politikerin. „Ja, die Kommunen sind stark belastet und deshalb hilft die Bundesregierung ihnen ja auch mit ganzer Kraft.“ Es sei eine „humanitäre Verpflichtung, dass wir Menschen Schutz vor Krieg bieten. Wo wollen Sie denn da die Grenze ziehen?“
Eine Umwandlung von Geld- in Sachleistungen für Flüchtlinge sieht sie skeptisch. Es sei schon heute möglich, Flüchtlingen mit Sach- statt Geldleistungen zu versorgen, sagte Schulze der „Bild am Sonntag“. „Jedes Bundesland kann das entscheiden. Warum macht es die Union dann nicht dort, wo sie regiert?“
„Was CDU und CSU nicht sagen, ich aber aus den Bundesländern höre: Sachleistungen sind ein hoher bürokratischer Aufwand“, sagte Schulze. „Deshalb wird es so gut wie nicht gemacht.“
Schulze für Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit
Auch der Behauptung, die deutschen Sozialleistungen für Asylbewerber seien „Pull-Faktoren“, die dazu führen, dass sich mehr Flüchtlinge auf den Weg nach Deutschland machten, widersprach Schulze: „Ich hätte dafür gerne nur einen einzigen Beleg. Der überwiegende Teil der Flüchtlinge kommt aus Kriegsgebieten! Es ist doch absurd, dass Menschen für einen Zahnarzttermin ihre Heimat verlassen“, sagte sie mit Blick auf die jüngsten Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz. „Sie fliehen vor Bomben und Gewalt.“
Merz hatte am Mittwoch in einer Talkshow gesagt, dass abgelehnte Asylbewerber beim Arzt sitzen und „sich die Zähne neu machen“ lassen würden, während „die deutschen Bürger nebendran“ keine Termine bekämen. „Solche populistischen Sprüche spalten unsere Gesellschaft“, sagte Schulze. „Ich hätte vom Chef einer demokratischen Partei erwartet, dass er nicht mit falschen Behauptungen Stimmung gegen die Schwächsten macht.“
Offen zeigte sich die Entwicklungsministerin für die Idee, Flüchtlinge zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. „Ideen, die die Integration fördern, sollten wir ernsthaft diskutieren“, sagte sie. „Ich finde es grundsätzlich sinnvoll, wenn Flüchtlinge nicht zum Nichtstun verdammt sind.“ Menschen davon abzuhalten zu arbeiten, führe „nicht dazu, dass es ihnen besser geht. Die meisten wollen sich doch so schnell wie möglich hier einbringen.“ (afp/ red)
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