Schlimme Erinnerungen: Wie Menschen mit Migrationshintergrund die Corona-Maßnahmen erleben

Künstler mit ausländischen Wurzeln sehen die aktuellen Entwicklungen in Deutschland mit Sorge. Sie fühlen sich angesichts der Freiheitsbeschränkungen durch die Corona-Maßnahmen an ihre Heimatländer erinnert.
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Bitte Abstand halten.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Epoch Times21. Oktober 2021

Deutschland hat sich im Verlauf der Pandemie und noch viel stärker durch die von der Regierung getroffenen Corona-Maßnahmen verändert, sagen Schauspieler mit Migrationshintergrund in Deutschland, die bei der Aktion „Alles auf den Tisch“ mitgemacht haben. Die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte der Bürger werden ihrer Ansicht nach ausgehöhlt. Viele fühlen sich an ihre Vergangenheit erinnert und blicken sorgenvoll in die Zukunft.

An der Aktion, bei der Schauspieler und Wissenschaftler dazu aufforderten, die Debatte um die Pandemie und die Corona-Maßnahmen auf breitere Füße zu stellen und mehr wissenschaftliche Meinungen zuzulassen, waren auch mehrere Künstler mit ausländischen Wurzeln beteiligt. Nun sprachen einige von ihnen in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ über ihre Wahrnehmungen, wie sich Deutschland im Verlauf der Pandemie durch die Regierungsmaßnahmen verändert hat.

Zuwanderer spüren Ausgrenzung

Die in Deutschland geborene Schauspielerin Sanam Afrashteh (u. a. „Tatort“) – ihre Eltern kommen beide aus dem Iran – sieht sich politisch im links-grünen Milieu beheimatet. Doch bei Diskussionen über die Corona-Maßnahmen steht sie mit ihrer Meinung alleine da, sagte sie. Man habe ihr sogar gesagt, dass sie aufpassen solle, weil sie sich mit ihrer Meinung im Fahrwasser der AfD befinde.

Auch im Iran seien die Leute vorsichtig, wenn sie die Regierung kritisierten. Es gebe dort eine Kluft zwischen privater und politischer Realität. Was sie aber im Iran nach ihren ersten Besuchen dort zu schätzen gelernt habe, „war die bedingungslose Herzenswärme“.

Dass die Pandemie Deutschland verändert hat, spüren Menschen mit Migrationshintergrund besonders, sagte Afrashteh. Sie erzählte ein Erlebnis ihrer Mutter, die wegen Reisebestimmungen die Corona-Hotline angerufen hatte. In dem Gespräch warnte sie die Dame von der Hotline, vorsichtig zu sein: „Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Leute bei uns anrufen, um andere zu denunzieren. Unterschätzen Sie Ihre Nachbarn nicht!“

Heute während der Corona-Maßnahmen spüre man, dass Minderheiten wieder diskriminiert werden, ohne dass es die Mehrheitsgesellschaft besonders störe. „Die Ausgrenzung gegenüber Nicht-Geimpften ist anders als die rassistische Ausgrenzung“, sagte sie. Den Ausländern gestehe man zu, dass sie sich ihre Hautfarbe ja nicht aussuchen könnten. Den Nicht-Geimpften dagegen sage man: „Lass dich impfen, dann gehörst du wieder dazu.“

Die junge Frau, die deutsch denkt und träumt, kennt das Gefühl, ausgrenzt zu sein. In Deutschland werde sie als Ausländerin behandelt, weil sie anders aussieht. Im Iran hingegen sehe man sie als Deutsche, weil sie anders spreche. Nur in Berlin fühle sie sich richtig wohl, da dürfe sie „heimatlos“ sein, „wie so viele“.

Diskriminierung der anderen Art: Corona-Maßnahmen als Religionsersatz

Auch Neil Malik Abdullah sieht Veränderungen in Deutschland. Der Schauspieler kam einst über Tirol nach Deutschland und spielte unter anderem schon im „Tatort“ mit und den „Pfefferkörnen“. Seine Eltern stammen aus einem heute zur Türkei gehörenden Teil Syriens. Sie hielten es geheim, dass sie Christen sind.

An Deutschland schätzt er am meisten die Freiheit: „Sie ist das Schönste, was wir haben. Uns wurde beigebracht, dass wir in Deutschland wirklich frei leben können.“ Der Schauspieler hat mit der Kommunikation zur Pandemie ein Problem. Die religiöse Form der Corona-Maßnahmen störe ihn.

Er sei religiös erzogen und in der Religion gebe es immer einen Gott, der richte, das sei einfach so.  Er sei auch umfassend informiert, erklärte er der Zeitung: „Aber ich will nicht, dass mir gesagt wird: Wenn du dies oder jenes tust oder nicht tust, wird Corona dich richten.“

Von Angst und Verlust von Vertrauen

„Meine Familie ist nach Deutschland geflüchtet, weil wir von der Freiheit geträumt haben“, erklärte Jeana Paraschiva, die ursprünglich aus dem damals noch in der Sowjetunion eingegliederten Armenien kommt. Im Bericht wird die Regisseurin als „Mastermind“ hinter der „Alles auf den Tisch“-Aktion bezeichnet. Sie war auch schon bei „Alles dicht machen“ dabei.

Ihr zufolge habe sich Deutschland mit den Corona-Maßnahmen schleichend verändert. Es gebe immer weniger Freiräume und kaum noch Debatten. Das, was sich gerade in der deutschen Gesellschaft ereignet, kannten sie und ihre Familie in dieser Form nur von zu Hause: „Alle hatten Angst“, sagte sie.

Laut Paraschiva sind Geflüchtete bei Grundrechtseinschränkungen besonders sensibel. Es gebe eine Rückkopplung, die ihnen sage: „Das kenne ich doch von irgendwo her.“ In der UdSSR, Türkei, Iran habe das Prinzip geherrscht, dass die Bürger dem Staat ihre Unschuld beweisen müssen. Das habe eine fatale Konsequenz: „Wenn der Staat den Bürgern nicht vertraut, verlieren auch die Bürger das Vertrauen in den Staat.“

In dieser Frage gebe es einen Unterschied zwischen Migranten und Deutschen. Viele ihrer deutschen Freunde hätten die Maßnahmen schnell akzeptiert. Und noch eins: Bei den meisten Migranten gebe es keine Spaltung in den Familien. Das sei anders als bei den deutschen Familien.

Nicht gekommen, um Untertanen zu sein

Die Regisseurin kritisierte auch neue Begriffe, die vor allem in den Medien verwendet werden, um „Andersdenkende zu diffamieren“. Neue Begriffe wie „Schwurbler“ und „social distancing“ weckten bei ihr Erinnerung an ihr Heimatland:

„Das Schlimmste war, dass Kritiker plötzlich verspottet wurden. Es gab Häme und Diffamierungen, wie wir sie vorher in diesem Land für unmöglich gehalten haben“, sagte sie.

Niemand von den integrierten Geflüchteten sei hergekommen, „um Untertan zu werden“. (sm)



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