Scholz will „Deutschlandtempo“ bei Planungsbeschleunigung und Flüchtlingskosten

Der schnelle LNG-Ausbau war für Kanzler Scholz die Inspiration zur Wortschöpfung „Deutschlandtempo“. Dieses will er nun generell bei der Planungsbeschleunigung.
«Es ist schon ein Ruck, den sich alle geben müssen»: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Bund-Länder-Treffen.
Bundeskanzler Olaf Scholz will nach der Sommerpause Ernst machen im Bereich der Planungsbeschleunigung.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von 16. Juni 2023

Im September des Vorjahres hatten sich Bund und Länder auf einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ geeinigt. Dieser soll für unterschiedlichste Vorhaben gelten. Bundeskanzler Olaf Scholz prägte im Zusammenhang mit dem raschen Ausbau von LNG-Terminals im Vorjahr den Begriff „Deutschlandtempo“. Diesen hat er nun auch im Kontext der Planungsbeschleunigung verwendet.

Am Rande einer Beratung von Vertretern des Bundes und der Länder am Donnerstag, 15. Juni, in Berlin herrschte unter allen Beteiligten Konsens, dass der Pakt Formen annehmen solle. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil will, wie „table.media“ berichtet, nach der Sommerpause über eine konkrete Umsetzung sprechen. Bei Infrastrukturprojekten soll es „schneller, einfacher und billiger werden“, so das Anliegen.

Scholz will Arbeitsgruppe zur Planungsbeschleunigung einrichten

Dazu soll es sogar eine Sonderministerpräsidentenkonferenz geben. Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst unterstützt dieses Vorhaben, um „den Staat handlungsfähiger zu machen“. Bei der Planungsbeschleunigung müsse es „flotter gehen“. Der Bundeskanzler will nun auch „zügig“ eine Arbeitsgruppe zum Thema Planungsbeschleunigung einsetzen. Es sei der „gemeinsame Wille“ aller Beteiligten, relevante Entscheidungsprozesse in Deutschland zu straffen.

Am Donnerstag selbst ist es allerdings zu keinen konkreten Beschlüssen gekommen. Im Gegenteil: Das Vorhaben der Ampel, nach der jüngsten Einigung das veränderte „Heizungs“gesetz noch vor der Sommerpause auf den Weg zu bringen, könnte an der Union scheitern.

Man sei „nicht mehr bereit, aufgrund von schlechter Vorarbeit in den Ministerien Fristverkürzungen im parlamentarischen Verfahren zuzustimmen“. Deshalb werde die Union, so hieß es aus deren Fraktionsspitze, in dieser Legislaturperiode keine beschleunigten Verfahren mehr mittragen.

Asyl bleibt nach wie vor Streitpunkt zwischen Bund und Ländern

Die Union verweist darauf, dass die Ampel bereits in mehreren Fällen den Bundestag mehr oder minder überrumpelt habe. Bei den Energiepreisbremsen, beim Jahressteuergesetz und beim sogenannten „Osterpaket“ habe man Hunderte Änderungen erst unmittelbar vor den Beratungen eingereicht. Sollte die Union ihre Ankündigung bereits im Bundesrat wahr machen, könnte eine Zustimmung zum Heizungsgesetz vor Beginn der Sommerpause am 7. Juli unterbleiben.

Eine weitere Baustelle bleibt die Bewältigung der Kosten für die Aufnahme, Betreuung und Integration von Flüchtlingen. Wie die „Berliner Zeitung“ mitteilt, fordern die Länder hier ein „atmendes System“, das Kostenübernahmen durch den Bund automatisch an den Bedarf anpasst.

Der Bund hatte sich hingegen lange Zeit dagegen gestemmt, die finanziellen Zuwendungen an die Länder aufzustocken. Bundesinnenministerin Nancy Faeser verwies mehrfach auf die Kompetenzverteilung und bereits zugesagte Mittel.

Bund sperrt sich weiter gegen zusätzliche Grenzkontrollen

Der Bund zeigte sich allenfalls bereit, weitere eigene Immobilien zur Verfügung zu stellen. Der erste Flüchtlingsgipfel mit Kanzler Scholz brachte im Mai zwar eine einmalige zusätzliche Geldzusage durch den Bund. Darüber hinausgehende Streitfragen harren jedoch weiterhin einer Klärung innerhalb einer Verhandlungskommission.

Keine Fortschritte gibt es auch bezüglich der Forderung nach zusätzlichen Grenzkontrollen. Vor allem Sachsen hatte angesichts einer steigenden Zahl irregulärer Grenzübertritte eine Lösung gefordert, wie man sie etwa in Bayern seit Jahren praktiziert. Faeser lehnt die Ausweitung der Grenzkontrollen bislang ab.

Energiepreise nach wie vor nicht konkurrenzfähig

Dem Bericht von „table.media“ zufolge sollen es die Länder gewesen sein, die das Thema der Planungsbeschleunigung am Donnerstag erst auf die Tagesordnung gebracht hätten. Am Ende hätte es dazu einer Intervention von Ministerpräsident Weil bedurft.

Nicht nur im Bereich der Asylpolitik harren die Länder aber noch konkreter Lösungsvorschläge. Auch die Strompreise für energieintensive Unternehmen bereiten den Ländervertretern Sorgen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck brachte bereits mehrfach einen subventionierten Industriestrompreis ins Spiel.

Die FDP lehnt dies jedoch ab – auf Dauer sei dies weder finanzierbar noch ändere ein solcher Schritt etwas am Grundproblem. Aus den Reihen der Länder kamen einmal mehr Hinweise darauf, dass die hohen Energiepreise an die „wirtschaftliche Substanz“ gingen. Immer mehr Unternehmen seien auf dem Sprung, ihre Produktionskapazitäten in kostengünstigere Länder zu verlagern.

Planungsbeschleunigung bei Windenergie nur theoretisch vollzogen

Bereits in der Vergangenheit hatten Bund und Länder auch einen Konsens über die Planungsbeschleunigung im Bereich der erneuerbaren Energien beschworen. Es soll vor allem beim Ausbau von Wind- und Solarenergie deutlich vorangehen. Dazu hat man gesetzliche Anpassungen vorgenommen und auch die Gerichte haben Hürden aus dem Weg geräumt.

Dennoch klagen Branchenverbände darüber, dass es insbesondere mit dem Ausbau der Windenergie nach wie vor schleppend vorangeht. In einigen Bundesländern gab es im ersten Quartal des Jahres noch gar keine Genehmigungen für neue Windkraftanlagen.

Nach der Sommerpause sind vorerst zwei weitere Treffen zu den Themen Planungsbeschleunigung und Netzentgelte geplant.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion