Bald auch in Deutschland Männer in der Frauenumkleide „normal“?

Heftige Diskussionen und Befürchtungen begleiten das neue „Selbstbestimmungsgesetz“ der Ampel – angeheizt auch durch Meldungen aus dem US-Frauenschwimmen.
Titelbild
Schild einer Toilette in Dänemark, August 2022.Foto: Istockphoto/stigalenas
Von 14. Mai 2023

Es ist so weit. Das neue „Selbstbestimmungsgesetz“ der Ampelkoalition liegt in Entwurfsform auf dem Tisch. Am Dienstag, 9. Mai wurde das neue Papier des Bundesjustizministeriums und des Bundesfamilienministeriums veröffentlicht und auch an Länder und Verbände geschickt.

Sollte der Entwurf zum Gesetz werden, bekommen Personen, die mit ihrem angeborenen männlichen oder weiblichen Geschlecht nicht zurechtkommen, leichter Möglichkeiten, ihre Vornamen oder ihren Geschlechtseintrag beim Standesamt zu ändern. Nach Angaben der Ministerien beinhalte das Papier jedoch keine neuen Regelungen zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen. Es bleibe bei den „einschlägigen medizinischen Regelungen und Leitlinien“, heißt es.

Buschmann sieht „breite gesellschaftliche Zustimmung“

„Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen sollen künftig die Möglichkeit haben, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen durch eine Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen“, heißt es in einer Mitteilung des Bundesfamilienministeriums in Berlin.

„Wir sind mit dem Selbstbestimmungsgesetz erneut einen großen Schritt vorangekommen“, meinte Bundesfamilienministerin Lisa Paus. So gebe man den Betroffenen einen Teil ihrer Würde zurück, die ihnen vom Staat jahrzehntelang vorenthalten worden sei, so die Grünenpolitikerin.

Bundesjustizminister Marco Buschmann glaubt, dass das neue Gesetz ein „langgehegter Wunsch vieler“ sei und ein „Vorhaben ganz im Geist unserer Verfassung“. Der FDP-Minister verweist auf das Freiheitsversprechen des Grundgesetzes. Dieses umfasse auch die geschlechtliche Selbstbestimmung, so der Liberale. „Wir ermöglichen nun, dass betroffene Menschen ihren Geschlechtseintrag beim Standesamt ändern lassen können, wenn dieser nicht ihrer Identität entspricht.“

Buschmann versicherte, dass die „überfällige Besserstellung von Personen, deren Geschlechtsidentität vom Geschlechtseintrag abweicht“, nicht zulasten anderer Menschen gehe und zeigte sich überzeugt davon, dass das Gesetz auf eine „breite gesellschaftliche Zustimmung“ treffe.

Inhaltliche Übersicht

Der Gesetzentwurf zum „Selbstbestimmungsgesetz“ beinhaltet im Wesentlichen und nach Angaben des Familienministeriums:

  • Eine beantragte Änderung von Geschlechtseintrag oder Vorname beim Standesamt ist nach drei Monaten gültig, gefolgt von einer 12-monatigen Sperrfrist für eine erneute Änderung. Damit ergibt sich eine theoretische Möglichkeit einer Änderung des geschlechtlichen Status alle 15 Monate.
  • Volljährige Personen können sich die Änderungsabsicht selbst bescheinigen – ganz ohne Gutachten oder gerichtliche Verfahren. Sollten die Personen Kinder haben oder später bekommen, kann Elternteil in die Geburtsurkunde der Kinder eingetragen werden, anstatt Mutter oder Vater.
  • Die Änderungsabsichten von Minderjährigen ab 14 Jahren können durch diese selbst abgegeben werden, mit Zustimmung der Eltern oder im Zweifelsfall durch das Familiengericht. Unter 14 Jahren sind die Eltern zur Abgabe berechtigt. Hierzu hatte Bundesjustizminister Buschmann bereits gegenüber der „Zeit“ deutlich gemacht, dass er es durchgesetzt habe, dass bei Minderjährigen die Eltern „eine starke Rolle im Verfahren“ ausüben können, wie die Epoch Times bereits berichtete. Die Eltern könnten laut Buschmann die „Veränderung des Geschlechtseintrags ja auch verweigern“. Im Konfliktfall wäre dann das Familiengericht zuständig.

Wie die Ministerien betonen, berühre das Gesetz nicht die Frage, „ob eine Person, die zusätzlich geschlechtsangleichende körperliche oder medizinische Maßnahmen in Erwägung zieht, solche vornehmen kann“. In diesen Fällen sollen weiterhin allein fachmedizinische Prüfkriterien gelten.

Achtung: Bußgelder drohen

Dem Gesetz nach ist es verboten, frühere Vornamen oder Geschlechtseinträge von Personen herauszufinden und zu offenbaren. Sollte Ihnen beispielsweise ihre neue Nachbarin Dorothea aus irgendeinem Grund merkwürdig vorkommen und Sie Nachforschungen anstellen und herausfinden, dass Frau Nachbarin früher einen männlichen Geschlechtseintrag hatte und Hartmut hieß, müssen Sie das für sich behalten.

Damit will das Gesetz die Personen vor „Zwangsouting“ schützen. „Wird eine betroffene Person durch die Offenbarung absichtlich geschädigt, so soll der Verstoß bußgeldbewehrt sein“, heißt es. Es wird jedoch darauf verwiesen, dass in dem neuen Gesetz kein generelles Verbot des sogenannten „Misgenderns“ oder „Deadnamings“ geregelt ist.

Wem diese Spezialbegriffe nicht so geläufig sind, hier eine kurze Erklärung:

  • „Misgendering“ bezieht sich darauf, eine Person absichtlich oder unbeabsichtigt entgegen ihrer selbstidentifizierten Geschlechtsidentität zu benennen. Im oben genannten Beispiel würde das zutreffen, wenn man Dorothea mit männlichen Pronomen wie „er“ oder „ihn“ versieht – oder aber ihre vollbärtige junge Freundin, die biologisch vielleicht männlich, aber als weiblich im Personenstandsregister eingetragen ist, als „junger Mann“ bezeichnet.
  • „Deadnaming“ leitet sich davon ab, dass der vorherige Name „tot“ ist, also nicht mehr mit der aktuell gewählten Identität der Person übereinstimmt. Im Beispiel wäre das so, wenn jemand Dorothea mit Hartmut anredet – und damit die Person in mentale Schwierigkeiten bringt, vielleicht, weil sie an eine Zeit erinnert wird, die sie hinter sich zu lassen geglaubt hat.

Die Ausnahme zur Regel

Auf Nachfrage der Epoch Times erläuterte der Sprecher des Bundesfamilienministeriums Hanno Schäfer eine „sehr differenzierte Regelung“ des Offenbarungsverbots: „Es soll einerseits Personen, die ihren Geschlechtseintrag oder ihre Vornamen an ihre Geschlechtsidentität angepasst haben, davor schützen, dass ihre bisherigen Daten, namentlich ihre bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und ihre Vornamen, anderen Personen mitgeteilt oder ausgeforscht werden.“

Doch der Entwurf berücksichtigt nach Angaben des Ministeriumssprechers auch die Belange anderer involvierter Menschen, etwa von Familienangehörigen. Wie Hanno Schäfer erklärte, könnten beispielsweise „Kinder, Eltern und (frühere) Ehegatten (…) ein legitimes Interesse daran haben, frühere Vornamen und Geschlechtseinträge von Betroffenen als Teil ihrer eigenen Lebensgeschichte zu verwenden“.

Sie dürften auch die früheren Daten der betroffenen Person nennen, wie etwa ein Kind, „dessen rechtlicher Vater seinen Geschlechtseintrag ändern lässt“. Dieses dürfe beispielsweise „im privaten Bereich die früheren Vornamen des Vaters nennen“, so Schäfer. Den Angaben des Sprechers nach sei diese Personengruppe nur dann „zur Angabe des geänderten Geschlechtseintrags und der Vornamen verpflichtet, wenn dies für die Führung öffentlicher Bücher und Register oder im Rechtsverkehr erforderlich ist“.

Hausrecht bleibt Hausrecht

Wie die beiden federführenden Ministerien zudem mitteilen, ändere sich durch das Selbstbestimmungsgesetz nichts am privaten Hausrecht oder am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). „Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das ist auch künftig zulässig. Und was heute verboten ist, bleibt verboten.“ Es werde sich durch das Selbstbestimmungsgesetz nichts hinsichtlich „des Zugangs zu geschützten Räumen“ ändern.

Buschmann hatte hierzu bereits angesprochen, dass etwa die Betreiberin einer Frauensauna auch künftig dem Schutz der Intimsphäre ihrer Kundinnen Rechnung tragen und an die äußere Erscheinung eines Menschen knüpfen könne. Ansonsten könnte im Zuge des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes eine Klage drohen, wenn eine Transperson die Frauensauna besuchen will, aber die vorgegebenen Rahmenbedingungen nicht erfüllt.

„Autonomie des Sports“ (noch) nicht in Gefahr

Eine weitere für große Diskussionen sorgende Besonderheit in der Thematik soll ebenfalls nicht vom Selbstbestimmungsgesetz in der vorliegenden Entwurfsform angetastet werden: „die Autonomie des Sports“. Hierzu hatten besonders Fälle in den USA für großes Aufsehen gesorgt und weitläufige Proteste nach sich gezogen.

Sportlerinnen fühlten sich von Transsportlerinnen um die Früchte ihrer Arbeit betrogen. Insbesondere die erfolgreiche US-Schwimmerin Riley Gaines verweist immer wieder auf den Einfluss von Transfrauen auf die Sportszene. Gaines machte das Leid zahlreicher Sportlerinnen publik, die seit dem vergangenen Jahr mit Transfrauen, also biologischen Männern, die sich für Frauen halten, im Wettkampf messen müssen.

Gaines selbst weiß, wovon sie spricht. Im vergangenen Jahr musste sie im Frauenschwimmen gegen eine Transschwimmerin antreten. Diese, Lia Thomas, war zuvor drei Jahre lang bis 2019 im Männerschwimmen angetreten – einem früheren männlichen Teamkollegen nach „nicht einmal annähernd“ konkurrenzfähig. Als Transfrau hingegen sei sie wegen ihres männlichen Körpers jeder Frau weit überlegen, so der Schwimmer gegenüber „Washington Examiner“.

Als Transfrau räumte Lia Thomas ab. Riley Gaines erklärte: „Wir schauten vom Beckenrand zu, wie Thomas einen nationalen Meistertitel im 500-Yard-Freistil gewann und dabei die beeindruckendsten und vollendetsten Schwimmerinnen des Landes schlug – inklusive Olympiateilnehmerinnen und amerikanische Rekordhalterinnen“, schilderte Gaines ihre Erlebnisse. Bei den Männern hingegen habe Lia Thomas im Vorjahr nur Platz 462 belegt.

Doch die 23-jährige Schwimmerin Riley Gaines beklagte noch etwas anderes: So müssten die Frauen sogar hinnehmen, mit Transfrauen die Umkleide zu teilen, wie im Fall von Lia Thomas: „Zusätzlich zu dem Zwang, unsere Preise, unsere Titel und Möglichkeiten aufzugeben, nötigte die NCAA [der amerikanische Universitätssportverband] weibliche Schwimmerinnen dazu, sich eine Umkleidekabine mit Thomas zu teilen – einem 1,93 Meter großen, 22-jährigen Mann mit völlig intakten männlichen Genitalien. Lassen Sie mich das klar sagen: Wir wurden nicht vorgewarnt. Wir wurden nicht nach unserem Einverständnis gefragt.“

Sie erklärte: „Mein Name ist Riley Gaines. Ich bin Absolventin der Universität von Kentucky, wo ich im Schwimmteam war. Ich habe meine Karriere stolz als 12-malige NCAA-All-American und 5-maliger SEC-Champion beendet. Ich bin eine der 200 schnellsten Schwimmerinnen im Schmetterling aller Zeiten. […]  pic.twitter.com/LzEhRbWDm8“— Anabel Schunke (@ainyrockstar) April 8, 2023



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