Skandal-Fortsetzung beim rbb: Finanzielle Selbstbedienung der Führungsebene

ARD-Bonus für Führungsriege auf dem Prüfstand.
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg ist tief in der Krise - andere ARD-Anstalten distanzieren sich.
rbb weiter im Krisenmodus.Foto: Carsten Koall/dpa
Von 27. Januar 2023

Die Affären beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) scheinen nicht zu enden. Erneut steht die Vergütung der ehemaligen rbb-Führung im Fokus. Aktuell geht es um Zusatzzahlungen von monatlich bis zu 2.000 Euro für die ehemalige, fristlos entlassene Intendantin Schlesinger und ihre Direktoren im Zusammenhang mit dem ehrenamtlichen ARD-Vorsitz.

Geldsegen mit Hindernissen

Die Stücke vom großen Kuchen, die sich die Chefetage des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) selber zugeteilt haben, werden immer sichtbarer, je länger die Skandale rund um Klüngelei, Selbstbedienung und Vorteilsnahmen in der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt untersucht werden. Jetzt kommt zutage, dass die rbb-Führung auch beim ARD-Vorsitz durch einen Extrabonus versucht haben soll, exorbitante Zusatzzahlungen zu erhalten. Diese vom Onlinemagazin „Business Insider“ aufgedeckten und genannten „Gehaltsexzesse“ werden jetzt juristisch geprüft.

Filzvorwürfe gegen die entlassene Intendantin Patricia Schlesinger haben den rbb seit Sommer 2022 in eine tiefe Krise gestürzt und stellen zugleich den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr und mehr zur Debatte, der sich aus pro Haushalt erhobenen Zwangsgebühren von mittlerweile 18,31 Euro monatlich finanziert.

Managerin Katrin Vernau vom WDR soll den ARD-Schwestersender rbb inmitten seiner schwersten Krise als Interimschefin führen und aufräumen. Auch wenn sie selbst dabei ins eine oder andere Fettnäpfchen tritt, wie Sparmaßnahmen für die einfachen Angestellten mit der Chefetage im Luxuswochenende zu beraten, kommt unter ihrer Ägide offenbar immer mehr Brisantes an die Oberfläche.

ARD-Bonus: Kreative Beschaffung entgegen der Regeln

Neuester, sich anbahnender Skandal ist eine ARD-Zulage, die sich Schlesinger und Co zusätzlich zu ihren ohnehin exorbitanten Gehältern und Bonuszahlungen selbst zugestanden haben. Entgegen geltender Regeln wurden die ehemalige rbb-Führungsriege hier erfinderisch, wenn es darum ging, sich mit ein paar Tausendern zusätzlich das Ehrenamt ARD-Vorsitz vergüten zu lassen.

Der Vorsitz der ARD (Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland) wird durch die Intendanten der Mitgliedssendeanstalten gewählt. Hierin werden regelmäßig die Angelegenheiten der ARD besprochen und Entscheidungen gefällt. Der Vorsitz wechselt alle zwei Jahre unter den Intendanten der Sendeanstalten, ab 2022 hatte diesen der rbb inne. Durch den Rücktritt Schlesingers hatte WDR-Chef Tom Buhrow übergangsweise übernommen, jetzt ist seit Anfang 2023 Kai Gniffke vom SWR am Ruder, der zu Beginn seiner Amtszeit gleich konstatierte, dass im Grunde alles so bleiben soll – und eine Erhöhung der Rundfunkgebühr in jedem Fall anstehen wird.

Eines aber ist klar geregelt: Der Vorsitzende der ARD erhält keine extra Vergütung für diese Position, da für die Intendanten von Sendeanstalten bereits für eine feste und – man möchte sagen – fürstliche Vergütung gesorgt ist. Nur um ein Beispiel zu nennen:

ARD-Intendant Tom Buhrow, der den Übergangsvorsitz übernommen hatte, kostet den Gebührenzahler nicht nur 411.000 Euro Gehalt jährlich, on top kommt noch seine Altersvorsorge, die im Geschäftsbericht des WDR für 2021 mit zusätzlichen  337.000 Euro Pensionsrückstellungen ausgewiesen ist. Im Jahr kostet Buhrow die Beitragszahler also fast 750.000 Euro. Damit ist WDR-Chef Buhrow der bestbezahlte Chef der ARD-Anstalten.

Aber auch wenn Patricia Schlesinger als rbb-Chefin an dieses Vergütungsvolumen nicht ganz herankam, konnte sie sich über ein Gehalt in Bundeskanzlerhöhe mit einem jährlichen Grundgehalt von rund 300.000 Euro freuen, zuzüglich Bonus von 50.000 Euro, 4.200 Euro Aufwandspauschale, und weiteren 18.000 Euro für „Sonstiges“.

Belohnung für sich selbst: „Maß und Mitte verloren“

Und um sich diese „fehlende Vergütung“ für den ARD-Vorsitz auszugleichen, dafür gestanden sich Schlesinger und Co hinter geschlossenen Türen nochmal zwischen 1.700 und 2.000 Euro pro Monat zu, der „Tagesspiegel“ schreibt in diesem Zusammenhang von einer „Verwandlung in einen Selbstbedienungsladen“. Schlesinger sorgte, damals noch mit ihrem ehemaligen Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf im Bunde, dafür, dass auch den Direktoren zuzüglich zum gut situierten Gehalt nebst Boni, Zuzahlungen für die Jahre des ARD-Vorsitzes gewährt wurden. Solche Sonderzahlungen sind aber unüblich und bei der ARD nicht vorgesehen. Es hätte dafür zumindest auch eine Genehmigung des Verwaltungsrats für die befristete Gehaltserhöhung benötigt, die offenbar fehlt.
Der rbb lässt den Vorgang derzeit juristisch prüfen.

Intendantin Katrin Vernau äußerte in dem Zusammenhang gegenüber Business zum Vorgang, dass „hier Maß und Mitte völlig verloren gegangen“ seien. Infrage stehe allerdings noch, ob dieser ARD-Zuschlag an Schlesinger letztlich überhaupt ausgezahlt worden ist.

Exemplarisch zum Vorgang hier die Ergänzungsvereinbarung mit dem amtierenden Produktionsdirektor Christoph Augenstein, auf die sich Business Insider bezieht: „Der RBB wird ab 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2023 geschäftsführende Anstalt der ARD werden.“ Daran würden sich „verschiedene Aufgaben“ knüpfen, für die Augenstein eine „Vergütung in Höhe von 1.700 Euro brutto monatlich“ erhalte. Weiter heißt es: „Diese Vereinbarung gilt vom 1. Juli 2021 und endet am 30. Juni 2024, ohne dass es einer Kündigung bedarf.“

Insofern wird nicht nur die Vereinbarung des „unüblichen Bonus“, sondern zusätzlich auch untersucht, dass dieser Sonderzuschlag bereits ein halbes Jahr vor dem Antritt des ARD-Vorsitzes bezahlt werden sollte.

Für Schlesingers Kontostand hätte dies bedeutet, dass die Intendantin sich neben ihrer Vergütung von über 370.000 Euro pro Jahr zusätzlich den ARD-Zuschlag von mehr als 20.000 Euro erhalten hätte. Laut Business Insider ist jedoch sicher, dass der Sender den damaligen vier Direktoren, der mittlerweile freigestellten Leiterin der Intendanz und dem rbb-Pressesprecher bis Herbst 2022 einen monatlichen ARD-Bonus von insgesamt 10.000 Euro überwiesen hat. Mittlerweile verlautete es aus dem rbb daraufhin, dass letztlich wohl kein ARD-Zuschlag an Ex-Intendantin Schlesinger ausgezahlt wurde. Im Frühsommer, als die Zahlungen hätten beginnen sollen, kamen die Skandale um Vorteilsnahmen und Bereicherungen rund um Schlesinger ans Tageslicht, die dann zu ihrem Rücktritt führten.

Undurchsichtige Machenschaften mit hohem Kostenfaktor

Bemerkenswert in dem Zusammenhang, so die aktuelle rbb-Intendantin Vernau zu den Vorgängen, sei eine völlig unzureichende und nicht nachvollziehbare Dokumentation des Verwaltungshandelns, welche tatsächlich mehr Fragen an den gesamten Prozess und die Verantwortlichen aufwerfe, als sie Antworten gebe.

Nicht nur die fragwürdige Personalpolitik des rbb, sondern auch die in dem Zusammenhang entstehenden Millionenkosten beschäftigt längst die Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Die Ermittlungen gehen um Bonuszahlungen und Verdacht der Untreue. Unter Untreueverdacht stehen neben Schlesinger der langjährige Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter und die als Juristische Direktorin fristlos entlassene Susann Lange. Aktuell scheiterte die Güteverhandlung mit der Chefjuristin, die gegen ihre außerordentliche Kündigung vom 2. Dezember 2022 klagt. Möglicherweise strittig ist hier laut Gericht zunächst, ob die sogenannte Zwei-Wochen-Frist für eine außerordentliche Kündigung vom rbb eingehalten wurde.

In dem Rechtsstreit gegen Lange geht es um ihr erwartetes Ruhegehalt von 1,7 Millionen und um Veruntreuung des Geldes der Rundfunkbeitragszahler, am Beispiel eines sieben Jahre lang weiterlaufenden Gehalts ohne Leistungserbringung (Epoch Times berichtete). Der rbb sei nicht vergleichsbereit, heißt es dazu. Auch die Verhandlungen mit dem ehemaligen Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter um seine Vertragsauflösung ziehen sich. Und die ehemalige Intendantin Schlesinger klagt vor dem Landgericht sogar gleich ganz gegen ihre fristlose Entlassung.

Die Führungsriege des rbb scheint also über ihre Amtszeit hinaus, ganz ohne Unrechtsbewusstsein, gewillt zu sein, das Beste herauszuholen – vor allem für sich selber, und nicht etwa für die Mitarbeiter, das Programm oder gar die Bürger als potenzielle Zuschauerschaft, die das alles mit Gebühren bezahlt„".

 



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