Söder ist der starke Mann – Weber aber der Hoffnungsträger

87,4 Prozent der Stimmen für Söder gelten der CSU als "Wahl auf Bewährung".
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Markus Söders Wahl, zum CSU-Vorsitzenden, mit 87,4 Prozent Zustimmung nur "Wahl auf Bewährung"?Foto: Lennart Preiss/Getty Images
Epoch Times20. Januar 2019

CSU-Generalsekretär Markus Blume wirkt ein bisschen zerknirscht. Da hat die CSU-Spitze den Wechsel von Horst Seehofer zu Markus Söder und den Neuanfang im Verhältnis zur CDU so durchinszeniert, und nun das: Nach fünf Stunden ist der CSU-Parteitag nicht mehr beschlussfähig, weil die meisten Delegierten schon gegangen sind. Manchen sei wohl die Kondition ausgegangen, sagt Blume bitter und muss das Delegiertentreffen vorzeitig beenden.

Das abrupte Ende während der Beratung von Anträgen ist eine Panne, die allerdings aus Sicht der Parteitagsstrategen wohl zu vernachlässigen sein wird. Denn die Hauptziele setzt die CSU an diesem Samstag um: Der Übergang von Seehofer zu Söder gelingt ohne neue Beschädigung der beiden Kontrahenten. Und die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer wird mit viel Zuneigung empfangen.

Mit 87,4 Prozent der Stimmen wählen die Delegierten Söder zum Seehofer-Nachfolger. „Wir haben schwere Zeiten hinter uns und umso mehr freut mich jetzt euer Vertrauensvorschuss“, sagt Söder.

Das zerknirschte Lächeln von Digital-Staatsministerin Dorothee Bär bei der Bekanntgabe von Söders Wahlergebnis verrät allerdings, dass der vermeintliche Vertrauensvorschuss eher eine Wahl auf Bewährung bedeutet. CSU-intern galten 90 Prozent als Mindestziel für einen Erfolg.

Manche hatten schon im Vorfeld gemutmaßt, dass Söder einen kleinen Denkzettel bekommen könnte. Dass der 52-Jährige verspricht, „ich werde mit Herz und Verstand für diese Partei arbeiten“ reicht an diesem Samstag nicht, die Liebe der Christsozialen zu gewinnen.

Söder hat es nun in den kommenden Wochen in der Hand, seine Skeptiker zu überzeugen. Schon im Spätherbst stehen die regulären Vorstandswahlen an, dann muss er sich wieder zur Wahl stellen. „Da können wir uns weiterentwickeln“, sagt Söder süffisant zu seinem Ergebnis.

Ein bisschen Sorge dürfte ihm bereiten, dass die Delegierten keinen Hehl daraus machen, wem im Moment ihre größte Zuneigung gilt. Manfred Weber, Spitzenkandidat der europäischen Konservativen bei der Europawahl, wird in der CSU gefeiert.

Das mag daran liegen, dass mit Webers Kandidatur erstmals ein CSU-Politiker die Chance hat, EU-Kommissionspräsident zu werden. Es liegt aber offenkundig auch daran, dass der Niederbayer die Herzen seiner Delegierten erreicht.

Mucksmäuschenstill ist es in der Halle, als Weber davor warnt, die EU-Skeptiker könnten als stärkste Kraft aus der Europawahl am 26. Mai heraus gehen. Sein in der Nachkriegszeit geborener Vater habe zur ersten Generation gehört, die nur Frieden kennen, sagt Weber. Er selbst gehöre mit seinen 46 Jahren zur ersten Generation, die nur Frieden und Freiheit kennen.

Dass fast 30 Jahre nach dem Ende des kalten Krieges die Partnerschaft in Europa durch ein Erstarken von Nationalisten enden könnte, müsse verhindert werden. Lauter Applaus zeigt die Zuneigung der CSU zu ihrem Vorzeige-Europäer.

Und noch etwas anderes wird in München deutlich: Nachdem das Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) so massiv belastet ist, sind die Delegierten froh, unbefangen mit einer CDU-Vorsitzenden umgehen zu können. Kramp-Karrenbauer erhält bei ihrem ersten Auftritt bei der CSU viel Applaus – vielleicht auch wegen ihrer umarmenden  Begrüßung der Delegierten als „liebe Brüder und Schwestern in der Union“.

Außerdem bekommt Kramp-Karrenbauer von Söder ein Versprechen: Er werde sie nie zu lange auf der Bühne stehen lassen und auf sie einreden, sagt der neue CSU-Chef. Damit setzt er doch noch eine Spitze gegen Seehofer: Der hatte auf Merkel auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 minutenlang eingeredet, was als Demütigung der Kanzlerin wahrgenommen wurde und als Beginn des zerrütteten Verhältnisses der Schwesterparteien gilt.

(afp)



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