Söder bleibt im Amt – die CSU-Alten zerren an Seehofer

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) soll trotz des schwachen Abschneidens der CSU bei der Landtagswahl am Sonntag im Amt bleiben. Jetzt drückt er aufs Tempo.
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Horst Seehofer und Markus Söder.Foto: CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Images
Epoch Times15. Oktober 2018

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) soll trotz des schwachen Abschneidens der CSU bei der Landtagswahl am Sonntag im Amt bleiben. „Der Parteivorstand hat einstimmig beschlossen, unseren Ministerpräsidenten Markus Söder wieder der Fraktion und damit dem Bayerischen Landtag zur Wiederwahl vorzuschlagen“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer nach einer CSU-Vorstandssitzung am Montagnachmittag in München. Söders Entscheidung, Thomas Kreuzer zur Wiederwahl als Fraktionschef und Ilse Aigner als Landtagspräsidenten vorzuschlagen, sei positiv aufgenommen worden, fügte Seehofer hinzu.

Der CSU-Vorsitzende bekräftige sein Vorhaben, bei den anstehenden Sondierungen dabei sein zu wollen, weil es sich um eine Weichenstellung für die ganze Partei handele. Die Koalitionsverhandlungen im Anschluss soll Söder führen. Über mögliche Konsequenzen soll erst nach der Kabinettswahl gesprochen werden, fügte Seehofer hinzu. Unterdessen sprach Söder von einem „schmerzhaften“ Wahltag. „Wir müssen noch einmal genau schauen, was sich gesellschaftlich in Bayern verändert hat“, sagte der Ministerpräsident. Wegen des schwachen CSU-Abschneidens in den Städten müsse man Themen wie Verkehr und Wohnen möglicherweise noch stärker in den Fokus nehmen.

Markus Söder drückt aufs Tempo

Die CSU-Vorstandssitzung am Montag läuft erst seit wenigen Minuten, da hat der Ministerpräsident seine Kernanliegen verbreitet. Er holt sich Zustimmung für seine Kandidatur zum Ministerpräsidenten, präsentiert Ilse Aigner als kommende Landtagspräsidentin und Thomas Kreuzer als Fraktionschef und veröffentlicht einen äußerst flotten Zeitplan.

Schon Mittwoch sollen die Sondierungen mit möglichen Koalitionspartnern beginnen. Schnellstmöglich soll es dann mit den Koalitionsverhandlungen losgehen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit den Freien Wählern, deren konservativ-bürgerliches Profil wie die Faust aufs Auge zur CSU passt.

Die von Söder präsentierte Entschlossenheit und sein Tempo drücken aus, dass sich der Ministerpräsident derzeit nicht lange mit dem Rückblick auf den Absturz auf 37,2 Prozent befassen will. Es zeigt auch Tatkraft – er will jetzt eine „seriöse und stabile Regierung“ bilden mit den Freien Wählern. Die solle aus einem „inneren Geist heraus“ gebildet werden – also eine politische Liebesheirat sein, kein Zweckbündnis wie die große Koalition in Berlin.

Das klingt alles so verheißungsvoll, dass sich der CSU-Vorstand ohne Weiteres mit den Regierungsplänen für Bayern anfreunden kann. Aber dennoch wird die Vorstandssitzung nicht einfach. Und sie verläuft schon so gar nicht nach dem Motto, dass CSU-Chef Horst Seehofer vorher ausgibt: „Ich führe keine Personaldiskussion“, sagt er bestimmt.

Denn die Diskussion führen dafür andere – mit kleinen Spitzen wie von der im Sog des schlechten Wahlergebnisses aus dem Landtag geflogenen bisherigen Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Von Konsequenzen für Söder will sie nichts wissen, „alles andere“ müsse die Partei klären. Ein Wink mit dem Zaunpfahl: Die Partei ist nur für ihren Parteichef zuständig, das ist Seehofer.

Der frühere CSU-Generalsekretär und jetzige Chef der Senioren-CSU, Thomas Goppel, schwärmt dem 69 Jahre alten Seehofer dann vor, wie selig doch die Freiheit ohne Amt sein kann. Und der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel erinnert an seinen eigenen Rücktritt als Parteichef 1998.

Auch Ex-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer oder der ehemalige Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hartmut Koschyk, wackeln an Seehofers Stuhl. „Eine Erneuerung an Haupt und Gliedern“ fordert Koschyk in einem offenen Brief an den Parteivorstand.

Diese Äußerungen vor allem der Alten und Ehemaligen dürften auch ein Ventil für die vielen unzufriedenen Wahlkämpfer sein, die sich in den vergangenen Wochen viele Schmähungen anhören mussten und nun dafür Tribut verlangen. Doch einen schnellen Sturz muss Seehofer nicht fürchten: Söder will nun zunächst ohne Ablenkung eine stabile Regierung bilden, wie er mit seiner Zielstrebigkeit gezeigt hat.

Seehofer bekommt eine Schonfrist, die sich ziemlich genau eingrenzen lässt. Er darf zunächst noch die Kür des CSU-Manns Manfred Weber zum Spitzenkandidaten der EVP-Fraktion in Helsinki begleiten und dann noch am 24. November die Liste der CSU für die Europawahl mit auf den Weg bringen. In den Tagen danach soll Ende November oder Anfang Dezember erst die Analyse der Landtagswahl erfolgen.

Die Gespräche sollen „in einem geeigneten Gremium“ stattfinden – ob Parteitag oder eine Konferenz von Mandatsträgern steht noch nicht fest. Bis dahin dürften vor allem Söder und Seehofer ihre Position zu stärken versuchen.

Söder, indem er einen überzeugenden Koalitionsvertrag aushandelt. Seehofer, indem er die große Koalition in ruhigeres Fahrwasser zu bringen versucht. Was dann in der CSU passiert, ist noch offen – völlig offen ist auch, ob die wütende Parteibasis sich bis dahin vertrösten lässt. (dts/afp)



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