Solingen geht baden bei dem Versuch, das Auffangen von Regenwasser zu verbieten

Die Stadt wollte Besitzer von Zisternen zwingen, diese ans öffentliche Kanalnetz anzuschließen und drohte mit 2.000 Euro Geldstrafe bei Weigerung. Familie wehrte sich erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht.
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Regenwasser sollte nach dem Willen der Stadt Solingen von Zisternenbesitzer direkt ins Abwasser geleitet werden.Foto: Thomas Warnack/dpa/Symbolbild
Von 22. November 2023

„Mit einem Regenwasserspeicher kann der Trinkwasserverbrauch im Sommer gesenkt werden. Die Umweltbehörde fördert Bau, Anschaffung und Installation seit dem 1. Juli 2023 mit maximal 1.500 Euro.“ So viel Unterstützung dürfte die Gartenbesitzer in Hamburg freuen, dient die Zisterne doch schon seit Jahrzehnten als beliebtes Auffangbehältnis für das Nass von oben, um im Sommer die Beete zu wässern.

Keine einheitliche Regelung für Zisternen

Auch im grün-regierten Darmstadt gibt’s eine Geldspritze aus dem Stadtsäckel. Die fällt mit 500 Euro Maximalförderung nicht so üppig aus, wie in der Hansestadt, doch gilt auch dort nach einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung seit Oktober 2022: „Im Zuge des fortschreitenden Klimawandels hin zu Trockenperioden im Sommer und Starkregenereignissen ganzjährig muss gerade in Städten, dort, wo Entsiegelung nicht möglich ist, das Zurückhalten und Sammeln von Niederschlagswasser und Grauwasser zur Regel werden.“

Wer einen entsprechenden Antrag beim Amt für Klimaschutz und Klimaanpassung der Wissenschaftsstadt Darmstadt einreicht, kann mit 200 bis 500 Euro Unterstützung für „Anlagen zur Gartenbewässerung“ rechnen. Wer zusätzlich eine Brauchwasseranlage (etwa für Waschmaschine oder Toilette) anschließt, wird mit weiteren 200 Euro belohnt.

Eine einheitliche Regelung für die Förderung gibt es nicht, sie ist von Ort zu Ort verschieden – und an manchem Ort gar nicht mehr gewünscht. So möchte die Stadtverwaltung in Solingen die Nutzer von Zisternen dazu verpflichten, sie an das öffentliche Kanalnetz anzuschließen.

Wer sich weigert, kann mit 2.000 Euro Geldstrafe belegt werden – so viel, wie Hamburg bereit ist, in die Tasche zu greifen, um den Bau einer Zisterne zu unterstützen.

Anlage leistet seit 30 Jahren gute Dienste

Der „Westdeutsche Rundfunk“ (WDR) berichtet auf seiner Internetseite von dem Solinger Peter Hakenberg, der in einer bergischen Hofschaft lebt. Er hatte vor 30 Jahren eine Zisterne gebaut. Dabei folgte er damals einer Aufforderung der Stadt, eine unterirdische Versickerungsanlage zu errichten, die das Regenwasser von seinen Dachflächen auffängt.

30.000 D-Mark hatte Hakenberg seinerzeit investiert. Die Anlage leistete in all den Jahrzehnten beste Dienste, auch bei den großen Überschwemmungen in den Jahren 2018 und 2021 sei sie nie übergelaufen. Und aktuell sei trotz wochenlanger Regenfälle immer noch Platz für tausende Liter Wasser.

Doch nun kam kürzlich eine Anordnung aus dem Solinger Rathaus. Hakenberg soll die Zisterne an den Abwasserkanal anschließen. Der ist 70 Meter entfernt, liegt bergab in Richtung eines Bachs.

Hakenberg hält die Aufforderung für absurd. Denn der direkt neben dem öffentlichen Kanal entlangfließende Bach sei überbelastet: Bei starkem Regen laufen die Fäkalien in den Bach“, sagt er gegenüber dem „WDR“. Regenwasser müsse aber auf den Grundstücken versickern können. Damit könne auch ein weiteres Absinken des Grundwassers verhindert werden.

Stadt macht nach Klage einen Rückzieher

In der Verwaltung häufen sich die Beschwerden, berichtet der „WDR“. Eine Familie aus der Klingenstadt hatte nun die Säbel gekreuzt und sich zur Wehr gesetzt. Innerhalb von drei Monaten sollte der Regenwasserablauf ihres Gartenhäuschens an den 40 Meter entfernten Kanal angeschlossen sein, sonst drohten 2.000 Euro Strafe.

Die Familie zog vors Verwaltungsgericht und klagte – mit Erfolg, denn prompt machte die Stadt einen Rückzieher. Sie berief sich zwar auf das Landeswassergesetz. „Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Landes sehen einen Kanalanschluss vor, um einfach die Kanalisation als Gemeinschaftsprojekt zu finanzieren“, erklärt Stefan Lederer von den Technischen Betrieben Solingen.

Auch sei zu prüfen, ob im Fall eines Überlaufs Gefahr für Nachbargrundstücken drohten, weil sie überschwemmt werden könnten. Es gebe dabei aber auch gesetzliche Ermessensspielräume.

Nach dem Erfolg der Familie können jetzt auch andere Betroffene hoffen, schreibt der „WDR“. Denn die Stadt werde inzwischen die Entwässerungssatzung anpassen. Ziel sei, innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen mehr Versickerung zu ermöglichen. Dafür müsse die Satzung der Stadt geändert werden.



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