„Sozialausgaben steigern und gleichzeitig Steuern erhöhen?“ – Söder startet mit Attacke auf SPD in erste Koalitionsrunde

Zuletzt haben Union und SPD versucht, sich mit Abgrenzung voneinander zu profilieren. Beim Treffen der Koalitionsspitzen soll nun das gemeinsame Arbeitsprogramm der Koalition im Vordergrund stehen. Doch der neue CSU-Chef Söder haut vor dem Treffen auf die Pauke.
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Markus Söder.Foto: Lukas Barth - Pool/Getty Images
Epoch Times13. Februar 2019

Der neue CSU-Chef Markus Söder ist mit einer scharfen Attacke auf die SPD-Pläne für eine Sozialreform in die erste schwarz-rote Koalitionsrunde des Wahljahres 2019 gestartet.

„Sozialausgaben steigern und gleichzeitig Steuern erhöhen? Das ist eine toxische Kombination“, sagte der bayerische Ministerpräsident vor dem Koalitionsspitzentreffen in Berlin dem „Spiegel“. Den SPD-Vorstoß für eine Grundrente ohne Prüfung der Bedürftigkeit wies er strikt zurück. Söder nimmt erstmals nach seiner Wahl zum CSU-Vorsitzenden an einer Sitzung des Koalitionsausschusses teil.

Die Spitzen von CDU und CSU kamen gegen 16.00 Uhr mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einer Vorbesprechung im Kanzleramt zusammen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen wurde nicht mit konkreten Beschlüssen der schwarz-roten Runde gerechnet. Vielmehr sollte unter anderem das Arbeitsprogramm für die kommenden Wochen umrissen werden. Es wurde für möglich gehalten, dass sich die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD – Annegret Kramp-Karrenbauer, Söder und Andrea Nahles – nach dem Ende des Treffens vor Kameras öffentlich äußern.

Söder sagte dem „Spiegel“ zum Grundrenten-Vorschlag der SPD, dieser könne „so nicht umgesetzt werden“. Er sei weder finanzierbar noch wirtschaftlich vernünftig. „Die große Koalition wird eine gerechte Grundrente machen, denn so haben es CDU, CSU und SPD vereinbart. Und das ist sogar noch vor der Sommerpause möglich.“ Die SPD mache mit der Hartz-IV-Aufarbeitung eine „Rolle rückwärts“: „Das mag den Mitgliedern der Partei psychologisch nutzen, aber Deutschland dient die SPD damit nicht.“

Mit Blick auf die Zukunft der Bundesregierung sagte Söder: „Wir lassen uns nicht unter Druck setzen. Die Revisionsklausel ist kein Sprungbrett für eine Neuaushandlung des Koalitionsvertrags.“

Union und SPD hatten in den vergangenen Tagen versucht, sich jeweils mit eigenen Vorstößen voneinander abzugrenzen und sich angesichts der weiterhin mauen Umfragezahlen zu profilieren. Für Aufsehen hatte zuletzt gesorgt, dass die CDU anders als die SPD einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik einschlagen will. Bereits zuvor war die SPD mit sozialpolitischen Vorstößen zur Überwindung von Hartz IV in seiner heutigen Form auf Anti-Unions-Kurs gegangen. Zugleich hatten führende Politiker beider Seiten betont, man wolle dennoch in der Koalition gut zusammenarbeiten.

Mit Interesse wird nun erwartet, welche Gemeinsamkeiten Union und SPD bei allen gegenseitigen Profilierungsversuchen betonen werden. FDP-Chef Christian Lindner sagte der „Saarbrücker Zeitung“ (Mittwoch): „Ich befürchte Stillstand, teure Kompromisse zu Lasten der Steuerzahler oder Dauerstreit.“ Der SPD warf Lindner „Retro-Politik“ vor. Er hielt Kramp-Karrenbauer vor, sie grenze sich in der Einwanderungspolitik lediglich „von Frau Merkel ab, aber das Regierungshandeln ist unverändert“.

Linksparteichef Bernd Riexinger forderte Nahles auf, bei dem Treffen konkrete Projekte ihres Sozialstaatskonzepts auf den Tisch zu legen, wenn sie Glaubwürdigkeit zurückgewinnen wolle. „Entweder die SPD knickt ein und lässt sich weiter in einer ungesunden Beziehung klein machen, oder es steht der Gang zum Scheidungsanwalt an.“

Ein Überblick über die möglichen Themen im Koalitionsausschuss:

RENTE: Im Grundsatz haben Union und SPD eine Grundrente verabredet, mit der Altersarmut bekämpft werden soll. Die Pläne sahen vor, dass geprüft wird, ob Begünstigte die Grundrente wirklich brauchen. Auf diese Bedürftigkeitsprüfung will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) aber nun verzichten. Die Grundrente setze die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele „Lebensleistung anerkennen“ und „Altersarmut vermeiden“ um, sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Seinen Angaben zufolge würden drei bis vier Millionen Menschen von dem Konzept profitieren – davon drei Viertel Frauen.

SOZIALPLÄNE: Weniger Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger bei Auflagenverstößen, einen längeren Bezug des Arbeitslosengeldes für Ältere und mehr gezielte Qualifizierung – das will die SPD künftig grundsätzlich erreichen. Die Union machte bereits deutlich, dass sie daraus kein aktuelles Regierungshandeln machen will. Über die Vorschläge zur Qualifizierung könne man „noch mal reden“, sagte aber CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer. Gut möglich, dass das Thema auch im Kanzleramt zur Sprache kommt.

Der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg forderte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) unterdessen auf, ein Finanzierungskonzept für die SPD-Pläne vorzulegen. „Nachdem Bundesfinanzminister Scholz das SPD-Programm in der Öffentlichkeit als realisierbar und finanzierbar dargestellt hat, hat er die Bringschuld, das Paket finanziell zu untersetzen“, sagte Rehberg der „Rheinischen Post“.

STEUERN: Um mehr Geld von den Reichen zu kassieren, erstrecken sich die Vorschläge aus der SPD zur Gegenfinanzierung ihres Sozialstaatspakets von einem höheren Spitzensteuersatz bis hin zur Wiedereinführung der Vermögensteuer. Wirtschaft und Union sind auf den Barrikaden. Die anstehende Reform der Grundsteuer bot ebenfalls Zündstoff. Nach einer Grundsatz-Einigung der Finanzminister wird ein Modell angestrebt, bei dem die Grundstückswerte, das Alter von Gebäuden und durchschnittliche Mietkosten herangezogen werden.

AUTOMOBIL: Der Dieselskandal hat auch die Koalition in Atem gehalten. Nun soll es um die Zukunft des Autos gehen: etwa Elektromobilität oder plattformbasierte, digitale Mobilitätskonzepte.

KOHLE UND KLIMA: Die Ergebnisse der Kohlekommission für einen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 sollen gebündelt werden, um zu sehen, welche Gesetze zur Umsetzung notwendig sind. (dpa)

Den SPD-Vorstoß für eine Grundrente ohne Prüfung der Bedürftigkeit wies Söder strikt zurück. Symbolbild: Karl-Josef Hildenbrand Foto: Karl-Josef Hildenbrand



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